Mittwoch, 30. August 2017

Muster Mittwoch 8/2017 – Sonnendruck mit Alufolie und Cola

 
Das Wunder der Drucktechnik – nach dem Prinzip der Lithographie - es funktioniert tatsächlich. Und es fand in meiner Küche statt. Mit Cola und Alufolie. Yes!!
 
Ende 2016 erschien ein wunderschön gemachtes Buch für kleines Geld. Nachdem ich 2-3 mal im Internet darüber gestolpert war und es dann im Laden sah, hab ich es spontan gekauft. „In unsrer Küche wird gedruckt ist der Titel.

Meist dauert es eine Weile, bis ich tatsächlich zum Lesen komme, weil der Stapel Bücher neben meinem Bett hoch ist und ich manchmal schon nach 3 Sätzen mit den Augen klappere. Da dieses Buch jedoch mit wenig Text und vielen Bildern bestückt ist, nahm ich die Lektüre schon im Frühjahr in Angriff. Etwa auf der Hälfte tauchten erste Zweifel auf, ob die Sache so tatsächlich funktionieren kann. Komplizierte Techniken mit schwer zu beschaffendem Zubehör sind nix für mich, aber das hier war super einfach. Trotzdem: ob Öl und Wasser sich auf diese simple Art wirklich so haarscharf trennen lassen, dass ein Druck möglich ist … ich konnte es nicht ernsthaft glauben.
 
Dann kam der Sommer. Michaela gab uns 2 Monate Zeit, um zum Thema „Sonne“ Beiträge zum Muster Mittwoch zu posten. Okay, dachte ich, dann hab ich ja genug Zeit, mich mit der Technik aus dem Buch zu beschäftigen. Ha-ha. Ich und Zeit! Es ist Dienstag Nacht. Morgen ist der letzte Mittwoch, an dem ich meine Sonnen noch verlinken kann. Hier jetzt also auf den allerletzten Drücker und mit Volldampf meine „Forschungsergebnisse“:
 
Ich bespannte nach Anweisung aus dem Buch eine saubere Glasplatte mit frischer Alufolie von der Rolle. Oberstes Gebot ist, diese Folie penibelst von allem fern zu halten, was irgendwie nur ansatzweise fettig ist. Mit etwas Geschick und einem sauberen Blatt Küchenpapier gelang es mir, die Folie auf der Rückseite mit Kreppband zusammenzukleben. Die Sonne zeichnete ich mit Ölkreide und Seife auf die Vorderseite (1). Das fertige Werk soll danach 4 Sekunden lang mit Cola übergossen werden, um die Folie an den unbemalten Stellen zu ätzen. Dann wird sie unter fließendem Wasser abgespült (2).  Man sieht hier schon gut, dass links auf der Platte Schlieren sind, auf denen sich der Wasserfilm nicht hält. Nach dem Entfernen der Malerei mit Pflanzenöl zeigt sich das Druckbild (3). Auch hier habe ich links wieder die gleichen Schlieren, die ich mir wohl durch eine flüchtige Berührung mit meinen fettigen Händen auf die Platte gebracht hab. Das Buch empfiehlt erneutes Reinigen, aber das Ergebnis wurde nicht besser und der Farbauftrag mit Ölfarbe brachte nur ein matschiges Etwas zustande (4).
 
 
Also noch mal von vorne. Sonne malen (1), mit Cola ätzen (2), … halt!! Diesmal ging ich anders vor. Ich lies die Platte deutlich länger im Colabad, schaute mir voller Bewunderung die Perlen an, die das Erfrischungsgetränk auf die Malerei zauberte, und wischte auch anschließend  die Zeichnung nicht von der Druckplatte, um die Alufolie zu schonen. Jetzt sah der Druckstock schon viel besser aus, als ich die Ölfarbe mit der Rolle auftrug (3). Nach ein paar Test-Drucken – es ging so prima, ich konnte mich kaum bremsen – sah man wunderbar den Unterschied zwischen den Ölkreidelinien, die einen satten Farbauftrag ermöglichen, und Seife, die dagegen Halbtöne ähnlich einem 50%igen Rasterton erzeugt (4).
 
Ich war in Hochstimmung. Es hat funktioniert und es war wirklich ein kleines Wunder, zu sehen wie Wasser verhindert, dass die Platte Ölfarbe annimmt.
 
 
Es war Zeit, meine schwarzen Farbreste wieder in die Kiste zu befördern und endlich gelbe Ölfarbe zu kaufen.

Die nächste Sonnenmalerei ging leider wieder daneben (5 + 6). Ich hatte die frische Alufolie beim Aufspannen mit der Druckfläche auf den Tisch gelegt. Der war zwar sauber, aber nicht porentief rein. Eine winzige Fettspur war wohl schuld, dass die Platte ausgerechnet am Mund der Sonne verschmiert war. Also: Colaperlen bewundern und noch mal neu machen..
 


 
Die folgenden Bilder zeigen viele Mängel, an denen ich noch Verbesserungen vornehmen kann: weniger Ölfarbe auftragen und vorzeichnen mit der gleiche Farbe (Gelb) wie gedruckt werden soll, damit sich nicht wie hier schwarze Ränder abzeichnen. (Ich hatte meine Zeichnung ja wieder nicht von der Alufolie gewischt und so bröckelte das Schwarz der Ölkreide allmählich weg, das sich noch immer unter der gelben und roten Ölfarbschicht befand.) Die Anschaffung eines Fettstiftes (1,99 EUR) ist mittlerweile auch getan, damit meine Zeichnungen in Zukunft glatter, feiner und schöner werden..
 

 


 
Mehrfarbige Drucke sind möglich, wenn man ein paar Passmarken beim Druck anzeichnet. Alles kein Problem. Die Anleitungen für bunte Drucke mit mehreren Druckplatten probiere ich später mal aus. Am Ende des Tages ist immer so wenig Zeit übrig.
 
Die Technik hat mir riesigen Spaß gemacht und der Lernerfolg war gewaltig. Jetzt wo ich das alles beschreibe, würde ich mich am liebsten gleich wieder ransetzen, so lange, bis die Drucke meinen Ansprüchen genügen. Aber es fehlt gerade mal wieder an … siehe oben.
 
Ich hoffe, ihr konntet auch ohne Buch verstehen, wie die Drucktechnik in etwa vor sich geht. Wer es selber ausprobieren möchte, sollte sich allerdings „In unsrer Küche wird gedruckt“  zulegen, denn es wird trotz wenig Text sehr gut beschrieben, was wie und warum zu tun ist und … das Buch fühlt sich gut an und riecht so schön nach Papier  ;-)
 
Wer es schon ausprobiert hat, darf mir natürlich gerne von seinen Erfahrungen schreiben.
 
Bis bald und bleibt fleißig
ela
 
 

13 Kommentare:

  1. Oh ja, das Buch hatte ich auch schon in Händen und hab viel davon gehört. Ist sehr schön gemacht und steht auch auf meiner "unbedingt mal ausprobieren" Liste. Schön, dass du dich drangetraut hast und deine Erfahrungen teilst.
    Colaperlen sind ganz appart!
    Liebe Grüße und Musterdank
    Michaela

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  2. Grandios - ich bewundere Deine Geduld .. bei mir wär die Alufolie schon nach dem ersten Versuch im mit Verachtung in Mülleimer gelandet und ich hätte aufgegeben.
    Super Ergebnisse!
    Liebe Grüße
    Susi

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  3. Ich habe das Buch auch daheim und im frühen Frühjahr rumprobiert. Mit ähnlichen Musserfolgen aber auch Erfolgen wie du... am Ende hatte ich ganz ansehnliche Monstergesichter produziert. Aber Geduld und Ausdauer ist nicht so meine Stärke - wohl ganz im Gegensatz zu dir - und so habe ich es seitdem nie wieder probiert und mich stattdessen dem Sonnendruck hingegeben... ��
    LG Andrea

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  4. ....klasse - soviel "sonniges" - macht Freude alles anzuschau´n!!!
    Schönen Gruß,
    Luis

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  5. Hallo Ela,
    bewundernswert Deine Energie! Ich fürchte nach dem 2. Versuch hätte ich die Alufolie zusammengeknüddelt und aus dem Fenster geworfen und die Cola ausgetrunken (und das, obwohl ich keine Cola mag). Tolles Ergebnis und die Sonne scheint auf meinem PC!

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  6. Ich hätte nicht den Nerv, mich so durchzubeißen - deine Ergebnisse sind toll!
    ♡liche Grüße von
    Sabine aus WO(rms)

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  7. Ich danke dir für deine Hinweise! Sie haben mir sehr geholfen. Ich habe im Sommer einen Kurs in Kitchenlitho gemacht und zu Hause Ähnliches erlebt. Immer wenn ich Öl auf die Platte gegossen habe, konnte ich sie nicht mehr verwenden. Das Öl ließ sich nicht entfernen, egal, wie viel Wasser ich zum reinigen benutzt habe. Jetzt habe ich es ohne Öl probiert und konnte einiges drucken. Danke für den Tipp!
    LG Grit

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  8. Hallo ich scheitere hier auch bei jedem Schritt. Nun zu guter letzt scheint die Farbe das Problem. Was hast Du benutzt? Wasserlösliche Druckfarbe geht jedenfalls nicht 😂. Aber schmierige Ölfarben auch nicht.

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    1. Hallo Artakter,

      oben habe ich ja beschrieben, dass ich mit fetthaltigen Stiften bzw. Seife vorgezeichnet habe und Ölfarbe zum Drucken verwendet wird. (Ist vielleicht nicht so ganz deutlich zu verstehen ohne das ausführlichere Buch.) Wasser und Fett stoßen sich ab, darum funktioniert diese Technik.

      Mittlerweile habe ich einen Artikel über Transferlithografie geschrieben. Das Prinzip ist das Gleiche wie hier, aber die Erfolgsquote ist weit aus höher. Schau mal bei September 2020. Vielleicht wird die Sache dann klarer.

      Viel Erfolg und nette Grüße
      ela

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    2. Also es klappt! Vielen lieben Dank für die Infos. Was ist den ein Fettstift?

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    3. DANKE für die Rückmeldung. Unter dem Begriff "Fettstift" findest du bei Google verschiedene Fabrikate. Sie sehen aus wie Farbstifte, enthalten aber genug Fett/Öl, um Wasser abzuweisen. Du kannst damit zeichnen, was immer du willst, und anschließend gleich auf die beschriebene Weise drucken.

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    4. Ich habe heute diese Technik ausprobiert, aber es hat nicht funktioniert, obwohl ich mit Fettstiften und Ölfarbe gearbeitet habe. Aber das Ätzen mit Cola hat nicht funktioniert. Woran könnte das liegen? Funkioniert die Alufolie nur auf einer Seite?

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    5. Vielleicht ist das so. Vielleicht liegt es auch an der Cola. Zu alt und abgestanden? Falsche Sorte?
      Die Transferlithografie, die ich im September 2020 beschrieben habe, funktioniert wesentlich zuverlässiger.

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