Schon vor über 2 Jahren hatte ich mich zum diesjährigen
Workshop auf Sylt mit Birgit Nass und Mari Emily Bohley angemeldet. Corona war damals nichts anderes als eine Biermarke und was gibt es besseres als einen Spitzenklasse-Workshop auf meiner Lieblingsinsel?
Ich hatte Glück! Wir waren die erste Gruppe, die sich nach
dem langen Lockdown ins Indoor-Beisammensein stürzen durfte. Meine Stimmung war
freudig erwartungsvoll bis hektisch aufgedreht, verwandelte sich im Laufe der 6
Tage dann aber immer mehr in Ausgeglichenheit mit „tief einatmen“ und bewusst
genießen!
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Die Akademie am Meer liegt einsam im Klappholttal |
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In der Mittagspause Natur genießen |
Ich bewohnte ein nettes, sinnvoll eingerichtetes Zimmer am
äußersten Ende des Klappholttals, dem „Nordpol“, mit einer wunderbaren Sicht in
die endlose Dünenlandschaft. Besser hätte es nicht kommen können. Ab und an fuhren
in etwas Entfernung Radfahrer am Weg vorbei, ansonsten hatten wir Bewohner der
Akademie am Meer Ruhe vor der Außenwelt. An nur wenigen Stellen gab es
rudimentären Internet-Empfang. Niemand hat einen Fernseher vermisst. Die Welt
da draußen konnte uns mal …
Mein dort entstandenes Logbuch, Leporello, Jalousiebuch und
die Bibliothek habe ich bereits bei Instagram gezeigt, aber das stellt
mich nicht richtig zufrieden, darum liefere ich nun den Blogbeitrag nach.
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Jalousiebuch mit Schwemmholz und Hühnergott |
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Die Bibliothek birgt Fundstücke vom Strand |
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Ins Logbuch wurde eine raffiniert gefaltete Taschenlage mit eingebaut |
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Leporello voller Erinnerungen |
Ohne Zeitdruck und ohne Feierabend konnten wir an unseren
Projekten arbeiten, was die meisten auch bis in die späten Abendstunden
ausnutzten. Birgit und Mari erklärten Arbeitsschritte und Techniken, was wir
daraus machen wollten war uns überlassen. Anschauungsobjekte und Inspirationen
gab es reichlich. Einmal fuhr Birgit in den Baumarkt und kam bis über beide
Backen strahlend mit einer Tasche voll Handsägen, Holzleim, Schraubstock,
Feilen und Schmirgelpapier zurück. Was an Material dann immer noch nicht
vorrätig war, fanden wir am Strand: Muscheln, Treibholz, Federn, Steine … Auch
der Strand gehörte uns – jetzt, in der Hauptsaison – denn der Weg zum nächste
Touristen-Anlaufpunkt war weit.
Das Küchenpersonal sorgte für einfaches, aber sehr leckeres
Essen. Nach dem Frühstück sammelten wir uns draußen im Kreis und besprachen,
was tagsüber anstand und zu den Kernzeiten vermittelt werden sollte. Manch eine
drahtige Teilnehmerin kam zu der Zeit schon vom Schwimmen und berichtete über
neue Funde, die die Flut über Nacht angeschwemmt hatte. Ich machte meine
Expeditionen vorzugsweise nach dem Mittagessen: Wattwanderung, Vogelkoje,
Wanderdüne, Rundwege durch Dünen und Strand. Nie kam ich mit leeren Händen
zurück und so füllte sich der Tauschtisch täglich mit neuen Schätzen. Die Zeit
verging viel zu schnell.
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Eine Wattwanderung bringt Kribbeln in die Füße und Nahrung fürs Gehirn |
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Algen ankern gerne auf Austern und liegen platt im Watt, bis die Flut kommt |
In weiser Voraussicht hatte ich im Anschluss an den Kurs noch für ein paar Tage ein Zimmer in Hörnum gebucht. Seit Langem war ich neugierig auf Entdeckungen an der Südspitze, wo Wattenmeer und Nordsee ineinander übergehen, auf die Landzunge bei Ebbe und eine Schiffstour mit dem Speedboot nach Amrum.
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Strandleben in Hörnum |
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Schneckengehäuse mit Seepocken |
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Austernfischer und Seemöwen |
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Bei Ebbe |
Den breiten, feuchten Saum des Meeres bei Ebbe zu
durchstreifen ist ein erstaunliches Erlebnis. Man findet nicht nur
Herzmuscheln, Miesmuscheln, angebackene Seepocken, viele lange Schwertmuscheln (wir haben sie früher
Rasiermesser genannt), verschiedene Austernarten, kleine und große Schnecken,
Algen und Tang, sondern auch millimeterkleine Seesterne und etliche undefinierbare Lebensformen. Leider war ich
zu feige, die beiden Leute mit Gummistiefeln, Eimer und Schaufel zu fragen,
wonach sie bei ihrer systematischen Grabung im Sandstrand suchen. Gibt es hier
Delikatessen, die nur der erfahrene Spezialist zu finden imstande ist?
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Tetrapoden sollten ursprünglich dem Küstenschutz dienen, haben sich aber nicht bewährt. |
Leider war der Leuchtturm von Hörnum geschlossen, aber das
ist ein guter Grund, irgendwann noch einmal hinzufahren.
PS.: Dies ist keine Werbung für Sylt, denn die Insel ist
sowieso meist überfüllt. Dies ist auch keine Werbung für Birgit Nass und Mari
Bohley, denn die Workshops der beiden sind oft schon weit, weit vor Stattfinden
ausgebucht (es sei denn, jemand sagt kurzfristig ab. TIPP: Newsletter
bestellen). Dies ist allerhöchstens ein bisschen Angeberei, weil alles soooooo
schön war.