Wisst ihr noch? Anlässlich der Frühlingsaktion vom
Post-Kunst-Werk hatte ich Tauschpartner für meine überzähligen Collagrafien
gesucht. Für diese Extrapost sind auch Extra-Begleitkarten entstanden. Um das
Trio zu vervollständigen, gesellte sich so zu dem vorhandenen Buchdrucker
und der Bücherlaus nun auch eine Blattlaus.
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Von der Abbildung im Lexikon über Durchzeichnung, Collagrafie aus Karton und Schnur, Versiegelung mit Firnis, bis zur lädierten Druckform. |
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Nicht immer sind die Drucke so schön wie die Druckform verspricht. Meine zarte Blattlaus gleicht eher einer fetten Motte. |
Weil die Druckform mangels feuchtigkeitsresistenter
Beschichtung schon nach wenigen Drucken Schäden an den filigranen Flügeln davon
trug, kam noch eine Schaumzikade hinzu, sinnigerweise angefertigt aus Moosgummi
– auch eine Art Schaum ;-)
Ich weiß
nicht, warum mich die Drucke an DDR-Design erinnern. Vielleicht liegt es an den
Farben oder der fehlenden Modulation? Vielleicht sind es verschüttete Kindheitserinnerungen? Mir gefällt das jedenfalls.
Rund 4 Wochen brauchten meine mit Tiefdruckfarben gedruckten Doppelbogen der Insektenpost zum Trocknen. Ich hatte damals ja kurzfristig für
meine Gruppe eine Serie in Acryl nachgedruckt, weil die Zeit drängte. (Wer die
Geschichte nicht kennt, kann sie gerne mal lesen.) Man erkennt deutlich, wie
unterschiedlich dick und deckend die Farben sind.
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Drucke der Bücherlaus
mit Tiefdruckfarbe (links) und Acrylfarbe (rechts) zum Vergleich nebeneinander. |
Da auch meine Buchdruckerform aufgrund der Auflagenhöhe (44
Druckvorgänge) mehr und mehr litt, war noch einiges an Arbeit nötig, bevor die
Extrapost verschickt werden konnte. So spendierte ich dem Käfer zum Beispiel einen Satz
neuer Beine aus Moosgummi (im Bild unten rot). Damit gefiel mir das Tier sogar besser
als ursprünglich. Ich aquarellierte einige Hintergründe sandfarbig oder malte die
Körper aus. Das Insekt hat auf diese Weise von der ersten bis zur letzten
Auflage eine regelrechte Verpuppung durchgemacht.
Nach und nach trudelten nun die Briefe meiner
Tauschpartnerinnen ein. Teilweise passten sie wegen ihres Formates nicht durch
den Briefschlitz, sondern standen eine Weile zur Freude der restlichen
Hausbewohner oben auf dem Postkasten. Dicke Käfer, kleine Käfer,
Wildblumenwiesen, Schmetterlinge und ein wunderschöner, genähter Briefumschlag
mit Glasscheibendruck. Jede Überraschungstüte war es wert, aufbewahrt zu
werden.
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Eine wahre Pracht! |
Ich wollte auf jeden Fall alles zusammenlassen, was da
geschickt kam, und baute deshalb die Umschläge zu Mappen um. Ich schnitt die
Kuverts an 3 Seiten auf, trimmte hier und da auf passendes Maß und klebte
Begleitpost, Tütchen, Schnipsel und Bänder in die Innenseiten der
Briefumschläge, so dass auch die Grußworte noch lesbar blieben.
Das Cover meines Albums sollte eine Raupenbindung bekommen.
Wenn nicht jetzt, wann dann? Raupen und Wildblumen, so war der Plan.
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Die Acrylmalerei hielt auf dem kaschierten Karton nicht gut, deshalb habe ich alles mit Packpapier überklebt und die Blumenwiese aus bemalten Papieren geschnitten. Am nächsten Tag gefiel mir auch das Packpapier nicht mehr, also habe ich wieder alles mit Acrylfarbe überstrichen. |
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Wenn ich im Bastelfieber bin, ist essen zweitrangig. Höchste Konzentration ist vonnöten, um Pinselwasser und Grapefruitsaft nicht zu verwechseln. |
Die Anleitung zur Raupenbindung findet man unter Caterpillar
Binding in englischsprachigen Internetseiten. Natürlich habe ich mich ein paar
mal verwickelt, aber wenn der Anfangsknoten sitzt, ist der Rest ganz einfach.
Danke an meine Tauschpartnerinnen für all die Mühe,
besonders für kalligrafische Genüsse, Extra-, Doppel- und Ausklappseiten,
Transparente, Tütchen, Lesebändchen, wunderschöne Umschläge, Begleitkärtchen,
Genähtes, Angeheftetes, Versiegeltes, Geprägtes, Vergoldetes, Gestempeltes und
Gemaltes. Jedes Stück ist nun eingebunden und wird für immer eine schöne
Erinnerung bleiben. DANKE EUCH!