Ich fang mal ganz von vorne an.
Nachdem ich ein halbes Leben lang ahnungs- und internetlos im stillen Kämmerchen mit Wolle, Papier, Stoff und Glas vor mich hin gewurschtelt hatte und mit meinen unausgegorenen Ergebnissen nur mäßig zufrieden war, erschien ein Silberstreif am Horizont. Damals, im Februar 2014 buchte ich mein allererstes Workshop-Wochenende, nachdem ich ganz zufällig auf der KreativWelt im Katalog von
Heindesign ein Infoblatt dazu fand. Das Pensum im Kurs war für mich gewaltig und das Ergebnis beachtlich.
Von Stund an schlug mein Bastel-Leben neue Wege ein. Es zog mich in die Welt hinaus, um mal hier und mal dort einen Kurs zu besuchen und mir Wissen anzueignen. Aber wie ein Verbrecher (angeblich) immer wieder an den Tatort zurück kehrt, habe auch ich mich immer mal wieder bei Heindesign blicken lassen, und sei es nur beim
Stempel Mekka, der großen Messe in der Stadthalle von Hagen, die auch in diesem Jahr wieder im September stattfindet.
Anfang Mai diesen Jahres erfuhr ich durch einen Newsletter von der Gummiwoche bei
Heindesign. „Kommen Sie zur Gummisuche“ hieß es. Viele alte Stempelformen wären aufgetaucht und die könne man direkt vor Ort pressen lassen.
Auf OLGA hatte ich schon bei meinen Workshops in Hagen ein Auge geworfen. Die alte Vulkanisiermaschine, die seit über 25 Jahren ihren Dienst tut, wollte ich so gerne mal in Aktion erleben.
Bewaffnet mit meinem Fotoapparat und einem viel zu knappen Zeitlimit betrat ich das Firmengebäude im Hinterhof am Rande des Stadtzentrums. Oha. Das so viele Kisten darauf warteten, durchsucht zu werden, hatte ich nicht gedacht. Beginnend mit Kiste 1, Umschlag 001 mit Positivdruck und Negativ-Film 001 (Delphine) sowie Mater und Klischee 001 blätterte ich durch fast 30 Jahre Firmengeschichte. Naja, nicht ganz. Was durch Lizenzbestimmungen nicht freigegeben werden durfte, war beim Vorsortieren schon herausgenommen worden. Trotzdem hatte ich ordentlich zu tun. Und OLGA dann auch, denn die Sonderaktion versprach die roten Gummis ausnahmsweise ohne Holz zum Sonderpreis.
Nicht, dass ich etwas gegen die Holzklötze hätte. Sie sind aus fein lackierter Buche, rundum wunderbar glatt, liegen gut in der Hand und geben den Stempeln etwas Wertiges. Qualität „Made in Germany“ - ein Grund, warum sich die Firma allen Billigprodukten zum Trotz standhaft behaupten kann. Gummistempel sind darüber hinaus wesentlich haltbarer als die Klarsicht-Varianten und die zeitlosen Motive von Heindesign verdienen solch einen edlen Handgriff. Nur nehmen sie leider viel Platz weg und damit muss ich haushalten.
Mein Respekt stieg noch um etliches, als ich den Prozess der Stempelwerdung verfolgen durfte. Das Rohgummi wird auf Rollen angeliefert. OLGA, die Gummipresse erzeugt 20 Tonnen Druck und eine Temperatur von 160 °C und presste damit das Rohgummi in die Matern, die ich mir ausgesucht hatte. 10 bis 15 Minuten später kam das heiße Gummi aus dem „Ofen“. Nach dem Abkühlen wurde es eng am Motiv sauber beschnitten.
Ich beobachtete, wie schräg gegenüber Hölzer bedruckt wurden: Stück für Stück mit Ruhe und Sorgfalt von Hand über passergenaue Winkeleisen, so dass das Stempelmotiv jeweils genau über dem Stempelabdruck positioniert ist. Die Glätte der Holzoberfläche wird bei dieser Gelegenheit auch gleich geprüft, denn Qualität ist oberstes Gebot. Wenn mehr als 20 Stempelklötze bedruckt werden müssen, lohnt es sich, die Maschine für den Tampondruck einzurichten, denn der ist noch präziser und feiner als der Handdruck.
Die Zeit raste, gerne hätte ich den ganzen Tag hier verbracht, aber heute ging es leider nicht.
Wieder zu Hause kam bald der nächste Newsletter mit der Ankündigung zum DadA-Collagen-Wettbewerb. Ich war schon öfter diesen Aufforderungen zum Kartenmachen gefolgt und es war klar, dass ich auch diesmal nicht kneifen konnte, obwohl ich im Collagenmachen kaum Erfahrungen habe. DadA schien mir sogar noch mal eine zusätzliche Schwierigkeitsstufe zu sein.
Ich recherchierte im Netz, was es so an unkonventionellen Beispielen von Künstlern aus den ersten Jahrzehnten des letzten Jahrhunderts gab, grübelte, sammelte alte Zeitschriften, dachte nach, überlegte und sinnierte. Alles ohne Ergebnis. Egal. Der Einsendeschluss war noch eine Weile hin. Vielleicht käme mir je irgendwann noch eine Idee. Die Zeit verstrich und nix passierte. Sinnfreies Gestalten, was dann aber doch noch gut aussieht … schwierig, wenn alles möglich und so ganz ohne Leitlinie ist, dachte ich.
Gefangen zwischen Ehrgeiz und Anreiz rückte der Abgabetermin näher. Schwarz mit Rot auf alten Papieren, das könnte gehen – soviel stand fest. Und eines Tages übergoss ich wie so oft meinen weißen Karton mit Kaffee, damit er alt aussieht, suchte alle Stempel zusammen, die mir irgendwie verrückt erschienen und schnitzte die Buchstaben „DadA“ mit meinem Linolschnittmesser aus Schnitzgummi. Ein paar Bilder aus einer alten Heimwerkerzeitschrift fand ich interessant: ein Mann, der auf einem Holzbock Wellblech mit einem Fuchsschwanz durchsägt und einen Nussknackermann. Ich kombinierte und arrangierte. Eins fügte sich zum anderen und bald waren drei Karten fertig.
Tja, und was soll ich sagen: aus über 80 Einsendungen erhielt diese (unten) den 1. Preis.
Ich freue mich natürlich riesig. Das ist der ideale Ansporn, von nun an öfter Collagen zu machen, denn eigentlich ist es ganz leicht und Spaß macht es auch. Einfach locker loslegen ist die Devise und erlaubt ist was gefällt.