Samstag, 19. August 2017

1/12tel Blick im August 2017

Unten vorm Haus hält eine Kolonne von Polizei-Einsatzwagen. Ich kenne den Anblick aus Zeiten, als „wichtige“ Fußballspiele stattfanden und Horden von Enthusiasten laut grölend vom Bahnhof zum Stadion zogen. Aber das Stadion wird renoviert und das „Heimspiel“ findet diesmal aus Gründen, die mir genau so schleierhaft wie egal sind, im 350 km entfernten Zwickau statt. Die Fans sind sauer.

Der Grund für die Reihe von 6 - 7 Einsatzwagen ist diesmal eine kleine Gruppe von hauptsächlich männlichen Demonstranten in T-Shirts und Jeans, die ohne Fahnen, Banner oder Spruchbänder über die Kreuzung gehen, links und rechts dicht von vermummten Polizisten beschattet. Keine Ahnung, wofür oder wogegen sie sind. Ein Recht auf freie Meinungsäußerung haben sie offensichtlich nicht, sonst würden sie doch sicherlich Plakate mit sich führen.

Nur ein paar Tage nach dieser Aufnahme wurde ich durch lautes Geschrei aufmerksam und schaute aus dem Fenster. Vor dem Nachbarhaus prügelten sich ein paar junge Araber. Die Polizei kam wirklich schnell mit Hunden und Erste-Hilfe-Wagen. Rangelei, Brüllerei und Gebell. Zwei renitente Bärtige wurden gefesselt und abgeführt.

Das war eine Kostprobe vom „Tatort Koblenz“ im August 2017. Wem das zu viel Realität ist, der kann bei Tabea sicher wieder Blumenwiesen und Bäume finden, denn dort sammeln sich die 12tel Blicke Monat für Monat.


Freitag, 11. August 2017

1. Preis für DadA und OLGA von Heindesign

Ich fang mal ganz von vorne an.

Nachdem ich ein halbes Leben lang ahnungs- und internetlos im stillen Kämmerchen mit Wolle, Papier, Stoff und Glas vor mich hin gewurschtelt hatte und mit meinen unausgegorenen Ergebnissen nur mäßig zufrieden war, erschien ein Silberstreif am Horizont. Damals, im Februar 2014 buchte ich mein allererstes Workshop-Wochenende, nachdem ich ganz zufällig auf der KreativWelt im Katalog von Heindesign ein Infoblatt dazu fand. Das Pensum im Kurs war für mich gewaltig und das Ergebnis beachtlich.


Von Stund an schlug mein Bastel-Leben neue Wege ein. Es zog mich in die Welt hinaus, um mal hier und mal dort einen Kurs zu besuchen und mir Wissen anzueignen. Aber wie ein Verbrecher (angeblich) immer wieder an den Tatort zurück kehrt, habe auch ich mich immer mal wieder bei Heindesign blicken lassen, und sei es nur beim Stempel Mekka, der großen Messe in der Stadthalle von Hagen, die auch in diesem Jahr wieder im September stattfindet.

Anfang Mai diesen Jahres erfuhr ich durch einen Newsletter von der Gummiwoche bei Heindesign. „Kommen Sie zur Gummisuche“ hieß es. Viele alte Stempelformen wären aufgetaucht und die könne man direkt vor Ort pressen lassen.

Auf OLGA hatte ich schon bei meinen Workshops in Hagen ein Auge geworfen. Die alte Vulkanisiermaschine, die seit über 25 Jahren ihren Dienst tut, wollte ich so gerne mal in Aktion erleben.

Bewaffnet mit meinem Fotoapparat und einem viel zu knappen Zeitlimit betrat ich das Firmengebäude im Hinterhof am Rande des Stadtzentrums. Oha. Das so viele Kisten darauf warteten, durchsucht zu werden, hatte ich nicht gedacht. Beginnend mit Kiste 1, Umschlag 001 mit Positivdruck und Negativ-Film 001 (Delphine) sowie Mater und Klischee 001 blätterte ich durch fast 30 Jahre Firmengeschichte. Naja, nicht ganz. Was durch Lizenzbestimmungen nicht freigegeben werden durfte, war beim Vorsortieren schon herausgenommen worden. Trotzdem hatte ich ordentlich zu tun. Und OLGA dann auch, denn die Sonderaktion versprach die roten Gummis ausnahmsweise ohne Holz zum Sonderpreis.



Nicht, dass ich etwas gegen die Holzklötze hätte. Sie sind aus fein lackierter Buche, rundum wunderbar glatt, liegen gut in der Hand und geben den Stempeln etwas Wertiges. Qualität „Made in Germany“ - ein Grund, warum sich die Firma allen Billigprodukten zum Trotz standhaft behaupten kann. Gummistempel sind darüber hinaus wesentlich haltbarer als die Klarsicht-Varianten und die zeitlosen Motive von Heindesign verdienen solch einen edlen Handgriff. Nur nehmen sie leider viel Platz weg und damit muss ich haushalten.

Mein Respekt stieg noch um etliches, als ich den Prozess der Stempelwerdung verfolgen durfte. Das Rohgummi wird auf Rollen angeliefert. OLGA, die Gummipresse erzeugt 20 Tonnen Druck und eine Temperatur von 160 °C und presste damit das Rohgummi in die Matern, die ich mir ausgesucht hatte. 10 bis 15 Minuten später kam das heiße Gummi aus dem „Ofen“. Nach dem Abkühlen wurde es eng am Motiv sauber beschnitten.

Ich beobachtete, wie schräg gegenüber Hölzer bedruckt wurden: Stück für Stück mit Ruhe und Sorgfalt von Hand über passergenaue Winkeleisen, so dass das Stempelmotiv jeweils genau über dem Stempelabdruck positioniert ist. Die Glätte der Holzoberfläche wird bei dieser Gelegenheit auch gleich geprüft, denn Qualität ist oberstes Gebot. Wenn mehr als 20 Stempelklötze bedruckt werden müssen, lohnt es sich, die Maschine für den Tampondruck einzurichten, denn der ist noch präziser und feiner als der Handdruck.

Die Zeit raste, gerne hätte ich den ganzen Tag hier verbracht, aber heute ging es leider nicht.

Wieder zu Hause kam bald der nächste Newsletter mit der Ankündigung zum DadA-Collagen-Wettbewerb. Ich war schon öfter diesen Aufforderungen zum Kartenmachen gefolgt und es war klar, dass ich auch diesmal nicht kneifen konnte, obwohl ich im Collagenmachen kaum Erfahrungen habe. DadA schien mir sogar noch mal eine zusätzliche Schwierigkeitsstufe zu sein.

Ich recherchierte im Netz, was es so an unkonventionellen Beispielen von Künstlern aus den ersten  Jahrzehnten des letzten Jahrhunderts gab, grübelte, sammelte alte Zeitschriften, dachte nach, überlegte und sinnierte. Alles ohne Ergebnis. Egal. Der Einsendeschluss war noch eine Weile hin. Vielleicht käme mir je irgendwann noch eine Idee. Die Zeit verstrich und nix passierte. Sinnfreies Gestalten, was dann aber doch noch gut aussieht … schwierig, wenn alles möglich und so ganz ohne Leitlinie ist, dachte ich.

Gefangen zwischen Ehrgeiz und Anreiz rückte der Abgabetermin näher. Schwarz mit Rot auf alten Papieren, das könnte gehen – soviel stand fest. Und eines Tages übergoss ich wie so oft meinen weißen Karton mit Kaffee, damit er alt aussieht, suchte alle Stempel zusammen, die mir irgendwie verrückt erschienen und schnitzte die Buchstaben „DadA“ mit meinem Linolschnittmesser aus Schnitzgummi. Ein paar Bilder aus einer alten Heimwerkerzeitschrift fand ich interessant: ein Mann, der auf einem Holzbock Wellblech mit einem Fuchsschwanz durchsägt und einen Nussknackermann. Ich kombinierte und arrangierte. Eins fügte sich zum anderen und bald waren drei Karten fertig.


Tja, und was soll ich sagen: aus über 80 Einsendungen erhielt diese (unten) den 1. Preis.

Ich freue mich natürlich riesig. Das ist der ideale Ansporn, von nun an öfter Collagen zu machen, denn eigentlich ist es ganz leicht und Spaß macht es auch. Einfach locker loslegen ist die Devise und erlaubt ist was gefällt.

save the date  9. & 10. September 2017  Stempel-Mekka in Hagen


Freitag, 4. August 2017

Cam Underfoot im TAG-Album

Sich wie eine Maus mit der Nase in maximal 10 cm Höhe über den Boden zu bewegen ist nicht nur Gymnastik sondern bringt auch äußerst ungewöhnliche Perspektiven vor die Linse, so man denn eine Kamera mit nach unten genommen hat. Lasst euch mal herab, die Welt aus einer anderen Sicht zu betrachten. Ich komme mir zwar immer noch etwas dämlich vor, wenn ich mich ausgerechnet vor dem Haupteingang des Hauptbahnhofs auf die Knie lege, um das Kopfsteinpflaster möglichst groß und deutlich einzufangen, aber das Foto ist der Lohn und die kopfschüttelnden Passanten sind bald vergessen.

Man kann „Cam Underfoot“ - einen vernünftigen deutschen Begriff kenne ich dafür nicht – auch ohne Beobachter alleine im stillen Kämmerlein betreiben. Die Möglichkeiten mehren sich rapide, wenn man erst einmal begonnen hat, seinen Blickwinkel aus der gewohnten Position heraus zu bewegen.

Für meine Fotos habe ich ein kleines Album aus Tags gemacht, die ich zuvor auf einem crafting sheet durch ein paar Distress Paint Dabber-Kleckse gezogen habe und nach dem Trocknen Ton in Ton bestempelt. Die Bindung von Tim Holtz habe ich braun gebeizt, das Cover umnäht und ebenfalls bestempelt.


Ein paar Seiten sind noch frei. Bei nächster Gelegenheit liege ich wieder irgendwo auf der Lauer. Wollt ihr nicht auch mal den Dingen auf den Grund gehen?


Mittwoch, 2. August 2017

5-Minuten-Collage 8/2017

Monatsanfang – Zeit für eine Expedition durch Räume und Schränke auf der Suche nach Blau-Grün, den Farben für August bei Simones Linkparty.


Es ist angerichtet: Heute empfehle ich Bärenbraten mit Ascher-Soße an zartem Bast, dazu junge Puderdöschen mit einer feinen Note von Ata. Wohl bekomms.

Keine Ahnung, wozu das blaue Ding links neben dem Bären gut ist. Hab ich im Keller gefunden. Gehört mir nicht. Das ovale Ei neben der Vase lag im gleichen Fach. Das ist ein Blasebalg zum Reinigen von Objektiven. In der Schachtel (neuzeitliches Repro) zwischen dem chinesischen Babypuder und der alten Probedose Ata Scheuerpulver, die im Kaufladen lebt, sind Druckknöpfe. Die grüne Dose mit der springenden Micky Maus ist auch aus China und für Seife gedacht. Links neben den Bärenklammern liegen 4 blaue Spangen - Verschlüsse für Plastikbeutel, und nochmal eins nach links befindet sich ein Spender für Klebeecken.

Ich hoffe, die Wärmflasche kann für den Rest des Jahres im Schrank bleiben.


Mittwoch, 26. Juli 2017

Sonnendruck für Sommerpost

Erinnert ihr euch an die Geschichte von dem verlorenen Einschreiben? Keine Angst, die wärme ich jetzt nicht noch einmal auf. Ich will nur sagen: ich hab es riskiert und doch schon wieder getan! Die Freude über Briefe in meinen Postkasten ist immer groß (wenn es keine Behördenbriefe sind) und die Aktionen von Michaela und Tabea machen süchtig, sodass ich mich trotz ausgeprägter Papierliebe und schlechten Erfahrungen mit der Post zu dieser Sommer-Stoff-Tausch-Runde angemeldet habe.

Gruppe 4 mit 8 Teilnehmerinnen kann sich in dieser Woche auf eine Cyanotypie von mir freuen. Dafür freue ich mich in den nächsten 6 Wochen auf jeweils einen Sonnendruck der anderen Teilnehmerinnen.

Über meine ersten Erfahrungen mit der fotografischen Edeldrucktechnik habe ich ja schon berichtet und natürlich konnte ich auf mein Wissen aus dem Workshop bei Jeromin zurückgreifen.

Für die Sommer-Post-Kunst suchte ich mir ein paar Gräser, legte sie auf den Fotokopierer und machte mit der entstandenen Overheadfolie zuerst eine Blueprint-Probe auf Aquarellpapier, um das Ganze zu beurteilen.



Die sehr feinen Hanffasern (im linken unteren Bereich der Collage) sah man kaum. Der Raum wirkte zu leer und so zeichnete ich auf eine zweite Folie ein paar Buchstaben mit einem permanenten schwarzen Lumi. Diese Folie konnte ich hin und her schieben, zerschneiden und neu zusammenkleben, bis mir die Komposition gefiel. Mit einem Schabemesser wurden noch ein paar Unschönheiten weggekratzt und dann aus Bildfolie und Überleger wieder eine Papier-Probe gemacht.


Die hellen Flecken im Hintergrund der neuen Papier-Cyanotypie sind Regentropfen, die schneller auf die Emulsion gefallen sind, als ich das Glas auflegen konnte.

Tage später, bei gutem Wetter beschichtete ich abends meine zugeschnittenen Baumwollstoffe für die Sommeraktion und lies sie über Nacht im Keller trocknen.

Am nächsten Morgen wurden sie draußen belichtet (1). Nach 10 Minuten bei strahlendem Sonnenschein konnte der Film runter (2) und der Stoff gewässert werden (3), bis die Chemie ausgewaschen war.


Die Fotos sind leider etwas zu aufschlussreich – ich „liebe“ es, wenn sich die Kamera und der Rest der Küche auf Glas oder Wasser spiegeln, grrrr…

Das Ganze jetzt noch 7 mal wiederholen, dann war auch schon nicht mehr viel beschichteter Stoff übrig, denn die 200 ml der Lösung vom kleinen Cyanotypie-Set waren schneller vom Stoff aufgesogen als gedacht. Schade.


Für ein paar Karten reichte es dann aber doch noch. Zusammen mit weißen Papier-Ausstanzungen von Gräsern nähte ich jeweils ein Stoff-Stückchen auf Karton und war so begeistert, dass ich am liebsten noch 50 Karten gemacht hätte.


Mittlerweile ist der erste Tauschstoff von Corinna auch schon eingetroffen. Den will ich euch natürlich zeigen. Ihr gewonnenes Cyanotypie-Set hat sie verwendet, um wunderschöne filigrane Ahornblätter damit auf den Stoff zu drucken.

Das Warten auf Bogis Sonnendruck hat sich gelohnt. Nach vielen Experimenten entschied sie sich für die Cyanotypie und die Reproduktion einer schönen, alten Anzeige.

Von Kristina kam eine Sendung, die eine glatte EINS verdient: in dem aufwendig gestalteten Briefumschlag steckte zusammen mit einem raffiniert gemachten Kärtchen ein phantastischer Druck, der Frauenherzen höher schlagen lässt. 5-Sterne-Profi-Qualität!


Karen hat ein Inkodye-Set gewonnen und damit ihren Schneckenpost-Stoff hergestellt. Eine rundum tolle Idee, super umgesetzt und der erste Stoff, den ich von dieser Technik in Händen halte.


Mariettas Sonnendruck ist im Backofen entstanden, weil sich die Sonne nur dann zeigte, wenn sie gerade keine Zeit für die Sommerpost hatte. Mal sehen, ob sie auf ihrem Blog etwas zur Herstellung schreibt.


Jeanette hat die Schweizer Sonne und Blätter aus ihrem Garten für sich arbeiten lassen, gemütlich einen Kaffee dazu getrunken und alles in einem schön bedruckten Umschlag aus Transparentpapier verschickt.


Der krönende Abschluss kam von Christine. Sie hat alle Register gezogen, mehrere Techniken meisterlich auf einem Tuch vereint, ein extra Läppchen und einen Anhänger gestaltet und auch noch einen tollen Umschlag kalligrafiert.

Vielen Dank an alle und besonders an unsere Initiatorinnen Michaela und Tabea. Die Sonne hat sich verzogen und das Projekt ist beendet. Wir haben uns eine kleine Pause verdient, bevor im Advent wohl die nächste Post Kunst Aktion startet.
 

Mittwoch, 19. Juli 2017

1/12tel Blick im Juli 2017

Der Allgemeine Deutsche Fahrrad Club (ADFC) und das Bundesumweltministerium haben im Mai diesen Jahres die Ergebnisse der alle 2 Jahre stattfindenden Umfrage zum Thema Radfahren bekanntgegeben. Demnach ist Koblenz auch diesmal wieder Schlusslicht in Rheinland Pfalz unter den Städten mit mehr als 100.000 Einwohnern und bundesweit auf Platz 36 von 38. Das bedeutet Note 4,48 vor Bergisch Gladbach (Note 4,59) und Hagen (Note 4,72).

Es gäbe viele Gründe, den Radverkehr zu fördern: Bessere Luft, weniger Lärm, weniger Krankheiten, schnelleres Vorankommen in der Stadt, weniger Raumverschwendung, weniger Kosten für die Infrastruktur usw. .… aber in Koblenz tut man nichts für die Verbesserung der Situation.

Kürzlich wurden die Bauarbeiten an der Alten Moselbrücke für 1 Woche eingestellt, damit rund 100 Taubenküken Zeit hatten, flügge zu werden und das Nest zu verlassen. TAUBEN!!! Viele wurden über das  Tierheim in Pflegefamilien vermittelt und hochgepäppelt, aber der Ausbau des katastrophalen Radweges auf dieser Brücke wurde strikt abgelehnt.

Genervt sind die Radfahrer vor allem durch zu schmale oder überhaupt nicht vorhandene Radwege, Kopfsteinpflaster, Gullydeckel und Löcher im Asphalt, Falschparker auf Radwegen, ungeeignete Ampelschaltungen und ... und … und ... Über 60 Prozent der Befragten fühlen sich beim Radfahren nicht sicher.

Kein Wunder, dass immer mehr Radler auf den Gehwegen fahren und sogar noch dreist klingeln, damit die Fußgänger zur Seite huschen.

Viele Grüße aus einer Stadt, in der es immer weniger Spaß macht zu leben.

Viele Grüße besonders auch an Tabea, die solche monatlichen Blicke auf ausgewählte Planquadrate in ihrer Linkliste aufnimmt.