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Dienstag, 19. Juli 2022

Ein altes Häkelmusterbuch und die Erkenntnis

Es ist Sommer – ein richtiger, wunderschöner Sonnen-Sommer, wie ich ihn liebe. Lang und ausgiebig. Früher mussten wir dafür nach Italien fahren, jetzt wird er gleich morgens schon kostenlos an die Daheimgebliebenen geliefert. Wärme und Helligkeit überall im Haus und draußen vor der Tür. Leichte Klamotten, Eiskaffee und gute Laune. Urlaubsstimmung an allen Ecken. Da gönne ich meinem Papier auch mal eine Pause und zeige euch stattdessen Häkelspitzen.

Das alte Musterbuch fand ich beim letzten Puppenfestival in Sonneberg/Thüringen auf einer Börse. Es ist ziemlich abgegriffen, aber ich liebe solche Schinken und konnte nicht widerstehen. Die Bilder sprechen für sich. Alles Handarbeit. Ich tippe auf erste Hälfte voriges Jahrhundert oder was meint ihr?








Wer mir auf Instagram folgt, hat sicher Ende Mai meine Ankündigung gelesen. Ich bin für zwei Schnupperwochen einer Blogexpertin gefolgt, die ihre Kursteilnehmer motivieren und unterstützen will, Blogartikel mindestens im Wochentakt zu posten und Social Media Kanäle zu füllen. Ein Großteil ihrer Kunden besteht aus Spezialisten, Experten, Praktikern, Beratern und Trainern für Trauma-Transformation, Money Mindset, Personal Branding, Spiritualität, Transsexualität, Human Design, Life-Coaching, Achtsamkeit, Potentialentfaltung, Aufräumen & Ausmisten, Windelfrei & Nachhaltig, veganes Kochen, Ayurveda, Hashimoto, Breathwork, Jin Shin Jyutsu usw., usw. Meist Menschen, die ihre jeweiligen Ansichten durch die Überzeugungskraft ihrer gesprochenen Worte verkaufen und reichlich bloggen wollen, um diesbezügliche Fähigkeiten unter Beweis zu stellen. Alles sicher gut und nützlich, aber fern von meinen Beweggründen.





Ich blogge, weil es meine Kreativprojekte abschließt/krönt, mich oftmals auch dazu anspornt und die Veröffentlichungen ein bisschen den Geist trainieren. Aus Freude, Spaß und eben weil ich diesen Ehrgeiz besitze. Ich suche nicht aus kommerziellen Gründen nach Kundschaft, die über den Blog auf mich zukommt. Verkauf und Serienproduktion sind nicht geplant, auch wenn ich schon mal über eine Flohmarkt-Rubrik nachgedacht habe.

Von Judith kamen Motivationsthesen wie: „Vergleich dich nicht mit anderen.“ - Wenn es um Kreatives geht, finde ich das Vergleichen aber gar nicht verkehrt. Vielleicht gibt es ja bessere und schönere Möglichkeiten oder andere Ansätze zum gleichen Thema. Wer will nicht seine Fähigkeiten weiterentwickeln und Neues lernen? Der Austausch ist Part-Of-The-Fun und Vergleichen ist in dem Zusammenhang völlig berechtigt. So kann aus Kindergartenniveau Kunst werden.

Ein andermal hieß es: „Durch deinen Blog kommt Action auf deine Webseite. Wenn du dir diese Action wünschst, ist boom-boom-blog genau das Richtige für dich.“ - Klingt ja erst einmal lukrativ, ist aber mit einer Menge Arbeit und Zeit verbunden, die ich nicht einfach aus dem Ärmel schütteln kann. Zeit, die mir fehlt, um meine Ideen mit Papier, Farben, Stoffen und Pflanzen zu verwirklichen. Mein Körper dankt es mir, wenn ich nicht ständig am PC sitze, um schnell mal etwas rauszuballern. Ihr Leitspruch: „Blog like nobody’s reading“ … Quantität statt Qualität ist nicht mein Anspruch und Rechtschreibfehler finde ich immer noch peinlich, liebe Judith.






Nein, ich möchte den Sommer nicht nutzen, um eine Blog-Routine zu entwickeln. Ich bleibe gerne ein „Technischer Blogger, der selten Blogartikel veröffentlicht, die dann sehr lang und sehr nützlich für die Leserinnen sind. In so einen Blogartikel fließen viele Stunden Arbeit, Recherche und Optimierung. Und: Blogger mit dem technischen Ansatz haben ein sehr enges Themenspektrum und schreiben über ein spezifisches Nischenthema.“ Ich bin also keine dynamische Bloggerin, soviel habe ich von Judith gelernt und mich dann ganz bewusst aus der Sache ausgeklinkt.

Den Wettlauf mit immer wieder neuen digitalen Möglichkeiten mache ich eher selten mit. Ja, es gibt Kniffs und Tricks, um mit weniger Zeitaufwand Inhalt in den Blog zu stellen. Kristina hat kürzlich einiges verraten. Bei mir läuft es mit dem Bloggen eher so wie vor 10 Jahren. Helmut Kohl sagte einst: „Entscheidend ist, was hinten rauskommt.“

Ich freue mich, wenn ihr gerne hier lest und es mich durch eure Kommentare wissen lasst. Danke dafür!


Dienstag, 7. Juni 2022

Papiermuseum Düren

Düren ist nicht gerade der Nabel der Welt, jedoch war mir ein kurzer Zeitungsartikel in die Finger gekommen, in dem das magische Wort „Papiermuseum“ stand. Meine Neugier gepaart mit der neuen Reisefreiheit des 9-Euro-Monatstickets spornte mich gleich am zweiten Tag  (also am 2. Juni) an, mit dem Regionalzug gut 2 Stunden Richtung Nordwesten zu fahren.
 
Düren, auf dem Weg vom Bahnhof zum Papiermuseum
Einmal zu Fuß quer durch die Stadt erkannte ich das papierweiße Gebäude nur an der supermodernen Architektur, die so ganz anders war als die der umstehenden Gebäude. Die Beschriftung weiß auf weiß war im gleißenden Sonnenlicht kaum erkennbar.


Die Geschichte der Papierherstellung wird in Schaukästen erläutert. 

Auch im Innern herrscht die Farbe Weiß vor. Interaktive Stationen machen die Dauerausstellung digital, haptisch und auditiv erfahrbar. Muster zum „Begreifen“ von Pergament, Papyrus und anderen Papiersorten liegen offen da. Stationen zum Wiegen, Messen, Mikroskopieren und Vergleichen von Papierproben laden zum Mitmachen ein.

Ich erfuhr, dass Heinrich August Schoeller (Papierfabrik Schoellershammer, Düren) und Alfred Hoesch zu den Gründern des Museums zählen. Ah! Die Namen waren mir nicht unbekannt.

Etwa 3000 unterschiedliche Papiersorten gibt es, eingeteilt in grafische Papiere (die über Jahrtausende als Träger von Bild und Schrift den weitaus größten Teil ausmachten), Verpackungspapiere (heute durch Online-Versandhandel der Hauptanteil in der Produktion), Hygienepapier und Spezialpapier.

Altpapier ist für die deutsche Papierindustrie mittlerweile die wichtigste Grundstoffquelle. Es kann 5 – 7 mal recycelt werden, bis die Faser zerschlissen ist. Neben Zellstoff und Holzstoff liegt es als Griffmuster in kleinen Schälchen bereit. Auch eine große Rolle Mulchpapier, das in der Landwirtschaft statt Mulchfolie die Felder vor Unkraut, Schädlingen, Feuchtigkeits- und Wärmeverlust schützt, darf angefasst und untersucht werden. Papier aus Steinmehl, Gras, Milchfasern und Agrarabfällen fand ich in einer Schublade.

Holzpapier, Zellulose, Altpapier in Schälchen als Griffmuster

Graspapier, Steinpapier, Papier aus Milchfasern und Agrarabfällen





Anders ist es mit Klangpapier. Dieses kostbare Spezialpapier ist hinter Glas geschützt, kann aber mittels Tastendruck zum Sprechen gebracht werden. Vom Bundesministerium für Bildung und Forschung mit 1,4 Millionen Euro gefördert, wurde es an der TU Chemnitz entwickelt. Es könnte beispielsweise Verpackungen oder Büchern beigelegt werden und so als Bedienungsanleitung oder tönerner Beipackzettel sehbehinderten Menschen hilfreich sein.

Neu ist auch, Papier als Träger gedruckter Elektronik zu verwenden. Mehrere hauchdünne Schichten von leitfähigen, elektrolumineszenten Materialien bringen es zum Leuchten. Tapeten, Verpackungen und Etiketten könnten uns bald schon völlig neuartige Seherlebnisse bereiten.

Papier als Baustoff, Duftpapier, Textil-Ersatzstoff … Wer hätte gedacht, das selbst das Dach der Elbphilharmonie unter Verwendung von Papier gestaltet wurde?

Unbegrenzt wieder verwendbare Notizbücher, im technischen Sinne kaum noch als Papier zu bezeichnen, stellt eine Firma in USA bereits her. Ich habe mich mit dem bereitliegenden Frixion Pen zwar in einer dieser Kladden „verewigen“ können, aber es wird nicht lange dauern, bis ein Mitarbeiter des Museums das Heft zusammen mit einer Tasse Wasser in die Mikrowelle stellt und sämtliches Geschreibsel verschwinden lässt, nachdem es mit ein paar Klicks digital erfasst und gespeichert wurde.

Klopapier mit Logo aus echtem 24 Karat Gold



Klopapier, 6-lagig, in Handarbeit mittels Heißprägeverfahren Blatt für Blatt mit Goldprägedruck aus 24 Karat Blattgold veredelt, kann heute schon bestellt werden. Wer Interesse und das nötige Geld hat, darf die Farbe des Papiers und das Prägemotiv individuell bestimmen. Auch in Silber lieferbar!

Bei all den fulminanten Zukunftsaussichten ist es kaum zu glauben: Trauerränder auf Briefkarten und Umschlägen werden in Düren bis heute in Handarbeit aufgebracht. Die Mitarbeiter lernen das Handwerk bis zu 3 Jahre, bevor ihre Arbeiten präzise genug für den Verkauf sind.

Papiermuseum Dueren, Innenraum

Papiermuseum Düren, Sonderausstellung
Wechselausstellung bis 9. Oktober 2022: Bauen mit Papier

Klasse statt Masse ist wohl ein Prinzip des Papiermuseums Düren. Ich war etwas irritiert, dass sich die ständige Ausstellung zusammen mit der Wechselausstellung auf nur einen großen Raum beschränkt. Der große Vorteil: man beschäftigt sich intensiv mit den sinnvoll ausgewählten Exponaten - wird nicht überfordert oder erschlagen.

Auf der Internetseite des Museums gibt es nähere Informationen und eine aufschlussreiche 3D-Tour durch die Ausstellung.

Im ersten Stock fand ich hinter der Papierwerkstatt etwas versteckt auf engem Raum einige verglaste Regale voller begehrenswerter Preziosen und Altertümchen, von denen ich gerne mehr gesehen hätte: Musterbücher, Kataloge, Materialsammlungen, Fachliteratur, uralte Bücher, Papierkleidung der 70er Jahre, Ausschneidebögen, Papiergarn, Indikatorpapier, Filterpapier, Spitzenbilder, Scherenschnitte, Genrekarten, Taufbriefchen, Papierfächer, Sargbeschläge aus Papier … mein Sammlerherz stahl mit den Augen und etwas mühevoll auch mit der Kamera.




Kunstobjekte: beidseitig gebundenes Buch und Würfel aus geernteter Litfaßsäule


Wikipedia schreibt: „Das Papiermuseum Düren ist eines von sieben Museen in Deutschland, die Papier zum Thema haben oder eine Abteilung zum Thema Papier besitzen.“

Na, dann gibt es ja noch viel zu tun!! Mein Plan steht bereits! Das 9-€-Ticket wird mich in den nächsten drei Monaten gut beschäftigen. Alles, was ich mir seit Coronabeginn verkneifen musste, wird jetzt systematisch abgearbeitet. Ob das Bloggen dabei etwas zu kurz kommt oder erst recht angefeuert wird, entscheidet sich nach und nach. Erst kommt das Leben dran, bevor mir das Ende der staatlichen Reise-Gratifikation und/oder der nächste Lockdown wieder die Freude versauen.

Yippieee!!! Auf ins Getümmel!


Mittwoch, 26. Mai 2021

Mittwochsmix Schnipsel+Nachhaltigkeit = Ein Knopfkartenbuch

Wiedermal sind es Äußerlichkeiten, die verhindern, dass ich ein altes, zerschundenes Buch in den Müll werfe. Entkernt und runderneuert ist ein Knopfkartenbuch daraus geworden und das ging so:



Ich habe den Buchblock mit einem Cuttermesser am Vor- und Nachsatz aus dem Umschlag geschnitten. Die alten Seiten können später bei anderen Projekten Verwendung finden.

Von innen wurde der Lederrücken zur Stabilisierung mit Gaze beklebt und dann mit schwarzem Gesso überpinselt. Im Anschluss habe ich die inneren Umschlagseiten mit Spiegeln aus CitroSolv-Papier beklebt. Auf alt gemachte Metallecken und ein Metallrahmen gefielen mir gut dazu.

Alte Knöpfe mit Erinnerungswert habe ich auf hübsche Postkarten genäht. Beides hatte sich über die Jahre in viel zu großen Mengen in den Schränken angesammelt und würde wohl kaum noch jemals seiner ursprünglichen Bestimmung zukommen. Ich sage nur: eMails und Kartenbasteln. Und für den Fall, dass mal ein Knopf an einem Kleidungsstück fehlt, ist immer noch reichlich Nachschub vorhanden. 

Oben ein Loch in die Karten stanzen und hinten ein Loch mit Öse in den Buchrücken machen. Buchring durch, auffädeln und freuen.






Wenn das mal nicht nachhaltig ist, liebe Susanne und Michaela, dann weiß ich auch nicht weiter. Ach ja, der Schnipsel, der in diesem Monat als zweites Schlüsselwort beim MittwochsMix Verwendung finden sollte, der steckt vorne im Rahmen. Ich habe in Kurrent das Wort „Knöpfe“ draufgeschrieben. Hoffentlich zählt das  ;-)





Montag, 17. August 2020

Lesezeichen aus alten Buchrücken

Manch eine alte Schwarte aus Opas Bücherregal will keiner mehr lesen, zum Wegwerfen ist sie aber doch zu schade. Mag der Deckel auch abgestoßen sein und das Papier zu muffig und brüchig zum Weiterverarbeiten, es gibt da ja noch etwas mehr: Werft mal einen Blick auf den Buchrücken, bevor ihr das Schätzchen dem Müll übergebt. 

Ein schöner Rücken kann auch entzücken! 
(weiser Spruch aus der Bücherverbastelungsszene)


Der Umschlag ist das Aushängeschild eines jeden Buches. Er trägt zusammen mit einem gut gewählten Titel in besonderer Weise dazu bei, Begehrlichkeit und Kaufentscheid zu wecken. Generationen von Lithographen gaben sich mit der Gestaltung von Bucheinbänden unendliche Mühe, denn Schönheit, Ästhetik und auch Umsatzzahlen sind keine Erfindung von heute. Ein ansprechendes Äußeres gibt dem Buch ein Gesicht und damit den Rahmen, der ihm zusteht. Romane müssen sich schmücken, um schon im Laden unter Tausenden aufzufallen.


Der Buchrücken ist besonders wichtig. Er ist fast das einzige, was man sieht, wenn der Schmöker zwischen Seinesgleichen im Regal steht. 

Ob Kinderbuch, Kochbuch, Roman oder Sachbuch, einen Rücken haben sie alle. Die meisten sind im Stil der jeweiligen Zeit und passend zum Rest des Einbands gestaltet. Selbst schlichte Typografien können ein Hingucker sein. Mal fett, mal mager, mal groß, mal klein, kursiv, condensed, waagerecht, senkrecht, farbig oder dezent schwarz, mit Serifen oder ohne, aufwendig verziert oder sachlich und zweckmäßig. Es gibt unendlich viele Variationen – so viele wie Bücher auf der Welt.



Der Blick auf den Buchrücken dient nicht allein zur Identifizierung sondern verrät viel mehr. Neben dem Zeitgeist kann er Erinnerungen wecken an das alte Buch, mit dem er Zeit seines Lebens fest verbunden waren. 

Gefällt euch der Buchrücken? Ist er sauber genug, um ihn für eure Bettlektüre zu verwenden? Dann bloß nicht wegwerfen. Aus schönen Buchrücken kann man schöne Lesezeichen machen (oder gleich eine ganze Sammlung davon).


Ich habe mir ein paar ältere Schinken vorgenommen und sie in ihre Bestandteile zerlegt, vorsichtig mit einem Messer die Rücken vom Buchdeckel geschnitten oder auch mal gerissen, dann die Seiten begradigt und, wo es nötig war, mit festem Karton hinterklebt. 

Durch eingestanzte Löcher, mal mit, mal ohne Ösenverstärkung, habe ich Fäden aus Geschenkband, Bast, Stickgarn oder Wolle gezogen, Glöckchen daran befestigt oder Fransen aus dem alten Leinen desselben Buches geschnitten und sie zwischen Vorderseite und Papprückseite geklebt. 

Solche Lesezeichen sind schnell gemacht. Jeder braucht sie. Jeder liebt sie. Kaum jemand hat zu viele davon. Wo ist der nächste Bücherschrank?





Dienstag, 5. Februar 2019

Polaroid - unberechenbar schön

Auch wenn ich in letzter Zeit nur wenig zum Bloggen komme, so besuche ich doch immer wieder gerne interessante Workshops rund um mein Lieblingsthema Papier (in jeder Form). Statt euch aber im Nachhinein mit einem "Ich-war-dabei"-Bericht die Nase lang zu machen, gibt es heute VOR Kursbeginn exklusiv und ganz speziell einen Gastbeitrag zu einer Veranstaltung, auf die ich schon lange gewartet habe. 

Am 30. März ist es endlich so weit. Tom Pätz gibt sein immenses Wissen über die alte Polaroid-Technik weiter. Bei der VHS Koblenz kann man sich anmelden und ich würde mich gewaltig freuen, wenn ich einige von euch dort treffe.


Tom Pätz

Polaroid - unberechenbar schön


Ich kann mich nicht daran erinnern, warum ich sie auf einmal wieder in die Hand nahm. Es muss so zu Beginn der 2000er Jahre gewesen sein, als ich meine alte, mausgraue Polaroid Kamera wiederfand. 

Zu dieser Zeit gab es bereits gute Digitalkameras und die digitale Bildbearbeitung eröffnete eine faszinierende, neue Welt; eine Welt, in der ich meine eigene Realität erschaffen konnte. In meiner ersten umfangreicheren Bildbearbeitung, setzte ich einen Trecker von einem Bauernhof auf einen Acker. Es sah ‚echt‘ aus und ich war stolz. Trotzdem fing ich an, mit meiner alten Polaroid Kamera zu experimentieren. 

Ein Polaroid Bild ist das Ergebnis eines komplexen chemischen Prozesses mit vielen Unwägbarkeiten. Viele Polaroid Kameras haben eine Kunststofflinse unterschiedlicher Qualität, die Umgebungstemperatur ebenso wie die Lichtquelle und das Alter der Chemie in den Bildern beeinflusst die Farbgebung ebenso wie die ganz geringen Einstellmöglichkeiten an den Polaroid Kameras. 

Ein Polaroid Bild ist eine kleine chemische Küche und besteht aus mehreren Schichten. Über den drei (der Grundfarben Rot, Blau, Grün) farbempfindlichen Schichten liegen wiederum mehrere durchsichtige Schichten. Nach der Belichtung schiebt eine Transporteinrichtung in der Kamera das Bild durch Walzen, sodass die im unteren weißen ‚Balken‘ des Bildes gelagerten Entwickler-Chemikalien freigeben werden. Diese verteilen sich dann beim Rausschieben des Bildes aus der Kamera gleichmäßig zwischen die unterschiedlichen Schichten. Die Oberfläche erscheint zuerst milchig-graublau und nach gut 30 Minuten ist das Bild sichtbar. 

Das Ergebnis ist immer einzigartig, wie es ein Gemälde ist.








Die erste Sofortbildkamera kam von Polaroid und wurde in den 1950er Jahren vorgestellt. Der Film dieser Kamera wurde nach der Belichtung noch in ein Positiv und ein Negativ  getrennt und hieß folglich auch ‚Trennbildfilm‘. Da nach der Belichtung kein weiterer Entwicklungsprozess in einem Labor mehr notwendig wurde, nannte man die Bilder Instant- oder Sofortbilder. Dies war zwar schon ein ungemeiner Fortschritt, aber offenbar noch nicht massentauglich. 

25 Jahre später kamen ein neuer Film und ein neuer Kameratyp von Polaroid auf den Markt. Und mit diesem, zur Ikone gewordenen typischen weißen Polaroid Bild Rahmen, in dem ein wesentlicher Teil der chemischen Paste steckt, begann die Erfolgsgeschichte von Polaroid. Neu war nämlich, dass in dem Bild jetzt alle chemischen Prozesse ‚integriert‘ abliefen. Nichts musste mehr getrennt werden. Deswegen wurde er Integralfilm getauft. Und es war ein gewaltiger Erfolg. 

Es wird geschätzt, dass für diesen neuen Filmtyp gut 250 Mio. Kameras verkauft wurden. Man vermutet, dass der große Erfolg von Polaroid auch darin lag, dass mit dieser Kameratechnik für jeden und jede möglich wurde, Erotikbilder vom Partner oder der Partnerin zu machen, ohne die Bilder von anderen Personen im Labor entwickeln lassen zu müssen. Die Kamera passte bestens in die Zeit.



30 Jahre später wurde die Produktion von Polaroid Kameras eingestellt; digitale Kameras hatten analoge Aufnahmeverfahren weit in den Hintergrund gedrängt. Aber auch kriminelle Handlungen des Managements von Polaroid waren der Grund für die Schließung. Das Management kam in Gefängnis und die meisten Kameras verschwanden in den Kellern der Leute.

Heute sind Sofortbilder wieder en vogue. 

Es ist die Party Kamera, ob Kindergeburtstage, Hochzeiten oder Erotikbilder; Instantkameras haben wieder Konjunktur. Mit ihnen werden vor allem Menschen photographiert. Dafür sind sie bestens ausgelegt. Und wenn die Kameras auch noch einen integrierten oder aufgesetzten Blitz haben, dann leuchten diese auf einer Distanz bis zu gut vier Metern die Szenerie anständig aus. So entstehen viele der typischen Polaroid Bilder. Man kann leicht gute Laune einfangen und nichts falsch machen. Der Spaß, anschließend gemeinsam die Oberfläche zu beobachten, wie langsam das Bild erscheint, ist garantiert.

Polaroid Kameras können aber mehr, mehr als nur den Portraitbereich bedienen. Und dies auch ohne Blitz und ohne großen Mehraufwand.




Sogar für Nachtaufnahmen eignen sie sich hervorragend. Hier kommt insbesondere zum Tragen, dass Polaroid Kameras keinen Weißabgleich haben. Fast alle Lichtquellen haben eine unterschiedliche Farbtemperatur und diese zeigen sich wunderbar auf Nachtaufnahmen. Aufnahmen, die nur 2 bis 3 Sekunden dauern, kann man aus der Hand machen. Polaroid Kameras liegen gut in der Hand und sie sind mühelos diese paar Sekunden ruhig zu halten. Aber auch eine leichte Verwacklung sowie die Vielfalt der Farbeffekte durch die unterschiedlichen Lichtquellen lassen wunderbare Werke entstehen. 



Sollten Sie jetzt Interesse bekommen haben, es auch einmal zu probieren, selbst unberechenbar schöne, kleine Kunstwerke zu erschaffen, dann biete ich genau dafür Workshops an. Der nächste Workshop findet in Koblenz bei der VHS am 30.3.2019 von 9.00 – 18 Uhr statt.

Ziel des Workshops ist es, Sie mit der Kameratechnik vertraut zu machen und Sie anzuregen, spielerisch selbst Kunstwerke zu erschaffen. Es wird viel Raum für das Experimentieren mit der Kamera gegeben. Dazwischen ein wenig Theorie zu Technik und der Geschichte von Polaroid. Der Ablauf des Workshops wird auch dadurch strukturiert, dass das Polaroid Bild erst nach gut 30 Minuten zu betrachten und damit zu besprechen ist. Dieser Prozess kann dann auch schon etwas an den Nerven zerren. Wir sind es ja gewohnt, Bilder unmittelbar zu sehen. Trotzdem, allein die Betrachtung des Sichtbarwerdens des Polaroid Bilds macht schlichtweg Freude.

Tom Pätz, Polaroid - unberechenbar schön, Februar 2019    https://www.polaroidart.de/
Alle Bilder Copyright Tom Pätz


Samstag, 27. Oktober 2018

Die Streichholzschachtel-Sammlung

Mit Geschenken ist das so eine Sache. Sie sollen Wünsche erfüllen, Freude machen, vielleicht nützlich sein und auch noch den Geschmack treffen. Oft zerbricht der Schenkende sich wochenlang den Kopf, was er denn diesmal wieder bringen kann. Manchmal ist er stolz, etwas ganz Besonderes gefunden zu haben ... denkt er.
 
Der Beschenkte hingegen hat sich die größten Wünsche oft schon selbst erfüllt und ansonsten die Schränke voll. Wer unnötige Ausgaben und Enttäuschungen vermeiden will, spricht sich ab. Mit zunehmendem Alter kommt es immer seltener vor, dass eine Überraschung wirklich funktioniert.
 
Kürzlich aber geschah das Unfassbare: eine Freundin brachte mir vom Flohmarkt etwas mit, was mich schier vom Hocker gehauen hat!! Ein Album, voll mit alten Streichholzbriefchen, gesammelt über Jahre, wenn nicht Jahrzehnte. Ich war/bin begeistert!! Erinnerungen aus meiner Jugend wurden wach an Produkte, die es schon lange nicht mehr gibt und an Läden, die dem Druck der Supermarktketten nicht stand halten konnten. Die all die alten Werbeslogans … toll!
 
Seht euch die Bilderflut an, bevor ich euch zutexte:
 
 


 


 


 




Über 500 Etiketten von Streichholzdöschen und Streichholzbriefchen kleben in dem Album. Was für ein Schatz!