Eingefleischte Fans von
Michaela und
Tabea haben in der Nacht zum 7. September wohl kaum geschlafen. Gleich am ersten Erscheinungstag haben sie sich auf das neue Buch der beiden gestürzt, haben es studiert und waren voll des Lobes.
Nun wird es Zeit, diejenigen unter euch zu erinnern, die bisher noch gezögert haben. Weihnachten winkt. Hier ist mein Buchtipp.
„Schöne Post“ aus dem
Haupt Verlag handelt von der Wiedererweckung der Lust aufs Briefe schreiben. Es geht darum, anderen mit etwas selbst Gestaltetem Freude zu machen. Post, die sich aus der Masse der uniformen Nachrichten heraushebt. Post, die nicht mit einem Klick gelöscht und vergessen wird.
Erstaunlich ist, was die beiden Autorinnen wechselweise zusammengetragen haben. Da gibt es mal von der einen und mal von der anderen Ideen für Hobby-Buchbinder und Kalligrafen, da wird gedruckt, geschnippelt, gemalt, schabloniert und gemustert, Stempel werden geschnitzt und Umschläge hergestellt. Fast jede neue Seite zeigt auch eine neue Fassette des Themas.
|
Michaelas Schnittblumen sind immer wieder schön. |
|
Tabeas Glasscheiben-Druck musste ich gleich ausprobieren. |
Tabea und Michaela bleiben ihrer Linie treu. Wer die beiden aus Workshops, Blogs und Instagram kennt, findet hier viele ihrer altbewährten Techniken in einem neuen Kontext, ganz so wie ihre Fans sie lieben. Der besondere Reiz liegt in der scheinbaren Unbekümmertheit ihrer langjährig erprobten Arbeitsweisen und ihres unverwechselbaren Stils. Eine Unkompliziertheit, die Frohsinn und Leichtigkeit ausstrahlt und Mut macht zu eigenem Tun. Ihre Inspirationen haben Pfiff und sind für jedermann leicht nachzuarbeiten.
Beim ersten Durchblättern hat mich der heftig durcheinander gekegelte Satzspiegel erschreckt. Als Mediengestalter fällt mir so etwas gleich auf – eine „Berufskrankheit“ sozusagen. Es zuckte mir in den Fingern, das Buch mit einem durchgehenden Seitenraster zu versehen, um mehr Ruhe ins Layout zu bringen. Der weitgehend einheitliche Blauton für die Projekte macht das ein Stück weit wieder wett und wenn man sich dann wie ich von vorne bis hinten durchgearbeitet hat, wird der Inhalt zum Chef. („Der Text ist der Chef“ ist ein alter Schriftsetzer-Spruch.) Gehört das wilde Layout vielleicht zum Konzept?
Mein Lieblingskapitel ist das mit den Schriftbildern - ein schwarz-blaues Gewusel, das ohne Frage einen ganz besonderen Charme besitzt. Denkt daran, den Umschlag des Briefes nicht allzu wild zu gestalten. Bei der letzten Post-Kunst-Aktion sind wiedermal rund 12 % meiner Sendungen verschwunden, wohl weil die Deutsche Bundespost sterile Eintönigkeit bevorzugt. Vielleicht gibt es aber auch unter den Zustellern Sammler, die angesichts manch eines Post-Kunst-Umschlags zum Langfinger werden und liebevoll gestaltetes Transportgut einkassieren statt auszuliefern.
Apropos: weiß jemand, ob die witzige Safttüten-Versandtasche von Seite 77 noch im Umlauf ist oder hat die Deutsche Postnorm auch da keinen Spaß verstanden?
Habt ein Herz für den Empfänger, der sich innen auf dem Briefbogen durch all die lustigen Schachtelsätze kämpfen muss, wie Tabea sie zeigt. Nicht jeder Empfänger möchte kryptische Inhalte entschlüsseln und sich auf der Suche nach dem nächsten Absatz lange durch ein verwirrendes Puzzle arbeiten. Die Ideen sind toll, mir ziehen da nur gerade so ein paar frühkindliche Erlebnisse durchs Hirn ...
Nach dem Kapitel mit den schönen Buchstaben holt uns Michaela zurück auf den Boden der Tatsachen mit Regeln zum Postversand und praktischen Anleitungen fürs Falten schöner Umschläge. Diese und andere Vorlagen stehen sogar zum Ausdrucken online bereit.
|
Mein Advents-Post-Buch von 2016 in Waisenbindung. |
|
Den Umschlag für ein Notizbuch aus Fimo Leather Effect habe ich auch nachgearbeitet, werde aber in Zukunft wieder bei Papier und Co. bleiben. |
Mein Gesamteindruck des Buches ähnelt dem von einer Sahnetorte, die man genüsslich konsumieren und sich unbekümmert einverleiben darf ohne an Kalorien zu denken. Ein tolles Buch voller grafischer Leckerbissen mit schönen Fotos, Einblicken, Anregungen und Anleitungen. Ein Augenschmaus! Ein sprudelnder Ideen-Quell. Das Buch zum
Post-Kunst-Werk. Keine Wiederholung eines alten Themas. Kein Regelwerk. Kein Briefgeheimnis. Jedermann darf schnüffeln. Jeder kann schwelgen in den Designwelten von Tabea und Michaela. Jeder kann mitmachen.
„Schöne Post“ ist im
Haupt Verlag erschienen und wurde mir freundlicherweise für diese Rezension zur Verfügung gestellt. Ich mache deshalb rein rechtlich zwar Werbung, aber die kommt aus Überzeugung. Kauft dieses Buch! Und schreibt mir doch dann einen schönen, langen, verrückten, bösen Brief. Rückantwort kommt! Versprochen.