Unter dem Titel „Ein Sommergarten blüht auf“ stand bei den
Jeromins zu Pfingsten 2018 ein Workshop im Programm, der mich durch
seine poetische Beschreibung und die Fülle an Inhalten neugierig machte. Es
ging um das Abbilden von Pflanzen auf Stoff und Papier mithilfe von
allerlei unterschiedlichen Techniken.
Sabines Musteralbum war voller Arbeitsproben quer durch ihr Repertoire,
bezaubernde Papierchen und Stoffstückchen, ergänzt durch handgeschriebene
Bezeichnungen der Pflanzen und Farben, Hinweise zu Fundort, Datum und
Entstehung der Abbildung. Ich war begeistert. Das wollte ich auch machen.
Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass ich morgens bei
strahlendem Wetter in Mannheim ankam. Gleich nach einer Begrüßungs- und
Einführungsrunde am Kaffeetisch gingen wir rüber in den kleinen Park gegenüber
der Textilwerkstatt, um unsere ersten Cyanotypien zu belichten. Fritz hatte
alles vorbereitet, wir brauchten das Gelernte nur umzusetzen.
Eco Prints kamen am Nachmittag an die Reihe. Sabine
erklärte, Fritz sorgte für den reibungslosen Ablauf und schon bald kochten
unsere zusammengerollten Stoffe und Papiere mit Blättern und Pflanzensud im
Kessel. Wunderschöne Drucke mit Schattierungen in Blauholz, Granatapfel und
Cochenille wurden daraus, die über Nacht trocknen konnten.
Am nächsten Tag fertigten wir jede Menge Drucke mit der
Gelli Plate und weitere farbige Hintergrundpapiere an. Wer einmal damit
beginnt, der hört so schnell nicht wieder auf und so hatten wir reichlich Auswahl
bei der bevorstehenden Gestaltung des Albums. Rostpapier wurde aus Eisenpulver
und alten Teebeuteln hergestellt und der Album-Rohling mit einem
SnapPap-Umschlag bemalt und gebunden.
Als besonderes Bonbon zeigte Sabine uns, wie man frische Gräser, Blüten und Pflanzen in Organza einbettet, so dass ein federleichtes, weißes Etwas daraus wird. Meine Begeisterung beflügelte mich zu Visionen von Blüten in Organza auf Glückwunschkarten oder – warum nicht – zu ganzen Büchern oder Leporellos aus kaum etwas anderem als Organza-Pflanzencollagen. Etliche Kurse später in einem anderen Jahr gestand mir Sabine, dass der Workshop „Transparenzen“ bei Jeromin tatsächlich durch meine Fantasien von Organza-Büchern entstanden ist. Wow! Mädel! (Natürlich habe ich mir diesen Kurs dann auch gegönnt.)
Allmählich wurde es ernst. Pinsel, Farben, Kleber, Stifte,
Stempel und noch viel mehr kam auf die Tische und aus der Fülle unserer Werke
sollte ein komplettes Ganzes werden. Unser Sommergarten. Ich holte mir rechts
und links bei meinen Nachbarn Inspirationen. Ich überlegte und probierte aus.
Die Möglichkeiten waren unendlich und meine eigene Vorstellung viel zu diffus,
als das ich mich auf einen konkreten Weg – auf mein persönliches Layout hätte
festlegen können. Ich wollte am liebsten von allem das Beste!
Das Wochenende ging viel zu schnell vorbei und voller
Gedanken und Pläne zog ich nach Hause. Das Album sollte natürlich bald fertig
werden, aber wie es eben so ist, tägliche Pflichten lenken ab, andere Aufgaben
und Einflüsse kommen dazu … wer kennt das nicht? Die Materialkiste stand immer
im Blickfeld. Hin und wieder hob ich den Deckel ein paar Zentimeter an und
schob ein vermeintlich passendes Etwas
hinein, das eines Tages meinen Sommergarten ergänzen sollte.
Kaum zu glauben - dieser Tag ist tatsächlich gekommen! Der
Workshop hat sich mittlerweile bei Jeromin zum Dauerbrenner entwickelt. Er ist
so beliebt, dass er bis heute mit kleinen Änderungen immer wieder angeboten
wird. Neuerdings gibt es ihn sogar als Materialpaket Nummer 14 für zu Hause
unter dem Titel „Mein Zaubergarten“. Mit Hilfe des 34-seitigen Skripts habe ich
nun mein damals begonnenes Album fertiggestellt.
Sabine ist ja eine ganz liebe, kleine, ruhige Person,
fertigt aber erstaunlich wilde Mixed Media Kreationen an. Wie sie es hinkriegt,
Seiten voller Spuren, Strukturen und Texturen, Freihand-Striche und
Stick-Stiche zusammenzustellen, die äußerst spannend sind und trotzdem Ruhe und
Ausgewogenheit ausstrahlen, finde ich faszinierend. Da ist kein einziger
gerader Schnitt, keine Geometrie und keine Symmetrie, aber alles in Harmonie.
Viel Erfahrung, Gefühl und Leichtigkeit prägen diese Handschrift. (Wenn sie das
liest, kriegt sie wieder Gänsehaut, weil sie ein bisschen schüchtern ist …
grins … )
Ich habe anfangs versucht, in die Nähe dieses wilden,
einzigartigen Stils zu kommen, aber es gelang mir nicht.
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„Wilde Blüten“ ist deutlich an eine Seite aus Sabines Musteralbum angelehnt. |
Im Laufe der Arbeit veränderte sich mein Layout immer wieder
und ging in eine völlig andere Richtung. Mittlerweile sieht es ein bisschen zu aufgeräumt
und clean aus. Statt in einem Meer von Sommerblumen zu schwelgen, habe ich ein
Technik-Allerlei daraus gemacht. Sabines Musterbuch hatte mich dazu inspiriert,
ohne dass das ihre Absicht war. Die Grundidee, einen realen oder imaginären
Park oder Garten entstehen zu lassen, habe ich damit verfehlt. Egal. Hauptsache
das Kind ist glücklich ;-) Das Skript gibt jedem die Freiheit zu individueller
Umsetzung. Auch bei Kursen vor Ort sieht ja jedes Buch anders aus. Wie weit
mögen dann erst die Interpretationen auseinanderliegen, wenn man seine
Kreativität zu Hause ganz ohne Gruppendynamik auslebt?
Bei Instagram hat der Zaubergarten derweil eine kleine Fangemeinde und einen eigenen Hashtag mit wunderschönen
Beiträgen von Teilnehmerinnen, die sich das Paket bei Jeromin bestellt
haben. Über die Vielfalt kann man wirklich staunen.
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Beim Bügeltransfer vom bedruckten Papier wurden meine Runen nicht weiß sondern grau. Auch schön! |
Die Anleitung ist so umfangreich, dass man sich monatelang
mit den beschriebenen Techniken beschäftigen kann. Nicht alles, was in meinem
Sommergartenbuch zu sehen ist, stammt allerdings aus dem gleichnamigen Kurs,
denn ich war inzwischen schon öfter in Mannheim und Speyer, als ich Finger an
den Händen habe und da lernt man eine ganze Menge.
So war das also mit dem Zaubergarten, der mir einst als
Sommergarten begegnete: am Anfang wurde das Buch nicht voll und am Ende
wollte ich gar nicht aufhören. Zuletzt wagte ich mich an immer ausgefallenere
Handletterings, die als Blickfang mit dem Rest der Seite konkurrieren.
Vielleicht mache ich doch eines Tages noch mal ein richtiges
immergrünes Gartenbuch (ohne Technik-Schwerpunkt) mit dem Thema „Von der Wiese
ins Buch“, wie Sabine so schön geschrieben hat.
Von Jeromin zum Evergreen – erst inspiriert, dann fabriziert
…
… Nun aber Schluss! … Ich glaube, die kleinen Kribbelperlen
im Federweißen sind auf dem Weg in mein Gehirn
...