Ist sie nicht süß, die Hexe mit dem Hypnoseblick? |
264 Anmeldungen zur Postkartenaktion von Tabea und Michaela – das ist ein neuer Rekord. In 11 Gruppen aufgeteilt ist die Aufgabe für die Teilnehmer, Impressionen eines Winterspazierganges mittels Glasscheibendruck festzuhalten. Ich bin dem 21. Dezember in Gruppe 5 zugeteilt, um den Frauen auf meiner Liste mit meiner Interpretation eine Freude zu machen. Zwei Teilnehmerinnen aus der Schweiz und sogar eine aus den USA sind dabei, deren Karten ich natürlich schon einige Tage früher verschickt habe.
Im neuen Buch aus dem Haupt Verlag, „Schöne Post“, wird der Glasscheibendruck genauer erklärt. Für meine Rezension habe ich ihn sofort ausprobiert. Es ist eine schöne, einfache Technik, die leicht von der Hand geht und für die man kaum spezielles Werkzeug benötigt.
Man trägt mit einer Walze eine dünne Schicht Linoldruckfarbe auf eine Glasplatte auf, legt ein Papier darüber und zeichnet etwas mit einem Stift oder Hölzchen auf die Rückseite. Nimmt man das Papier von der Glasscheibe, so hat sich die Farbe an den Druckstellen übertragen. Experimente mit unterschiedlichen Werkzeugen ergeben unterschiedlich breite Linien oder Strukturen.
Andere Möglichkeiten sind z.B., direkt in die Farbe hinein zu kratzen, eine Schablone zu verwenden oder Drucke vom Negativ zu ziehen, welches nach dem ersten Abzug auf der Glasscheibe zurück bleibt. Weil die Wege zur Gestaltung so vielfältig sind, böte sich die Arbeit in der Gruppe an, also mit echten, kreativen Menschen gleichzeitig in einem Raum an einem Tisch. Wie wunderbar wir uns da doch gegenseitig inspirieren könnten. Nun, die Linkparty beim Post-Kunst-Werk läuft, aber jemandem direkt auf die sich bewegenden Hände zu schauen, zu hören, was gesagt wird, und den Werdegang live zu beobachten, dass lässt sich nicht so leicht ersetzen. Hoffen wir, dass der Mist da draußen bald ein Ende hat.
Ich schweife ab. Dieses ewige Grau vor dem Fenster war und bin ich total leid. Wochenlang nur Dunst, Nebel, Nieselregen. Ich wollte von meinem Spaziergang nicht nur meine Lieblings-Blattform mitbringen, das Eichenblatt, sondern auch mein Lieblingswetter, den Sonnenschein. So ist es mir mit meinem Gelb wohl diesmal tatsächlich gelungen, einer der wenigen Quertreiber unter den Teilnehmern zu sein. Wer hätte auch gedacht, dass sich endlich einmal alle an die Vorgaben halten – außer ich? Winterfarben sollten es sein, diese Töne, die ich seit Wochen vor dem Fenster hatte. Meine Stimmung war ähnlich der auf meiner 36 Stunden Fahrt durch Südchina, bei der hinter jedem Tunnel immer wieder nur Reisfelder auftauchten, obwohl ich mir so sehr gewünscht hatte, endlich Häuser zu sehen und am Reiseziel anzukommen. Eine Qual! - Aber schon wieder schweife ich ab.
Nachdem meine Drucke fertig waren, schnitt ich sie auf die vorgegebene Größe, klebte sie auf Karton und umnähte das Ganze mit der Maschine. Die Rückseiten brauchten noch Briefmarken, Texte und Adressen ohne Schnörkel, damit die Post diesmal nicht wieder schreddert, was die Maschine nicht lesen kann. Einziges Risiko: die Karten sind von zu nassem Kleber leicht wellig geworden. Ich hoffe, das Transportband kommt damit zurecht.
Aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Coronabedingt fand ein paar Monate nach dem ursprünglich gebuchten Termin endlich im Spätsommer mein 3-Tages-Kurs bei einem Buchbinder in Mainz statt. Nach vielen freien, kreativen Arbeiten wollte ich einmal ganz fachgerecht ein Buch auf traditionelle Art binden. Es sollte ein Beutelbuch werden.
Ich war die einzige Teilnehmerin. Mir fehlte die Geselligkeit, Ideenvielfalt und Impulse anderer, so dass der übliche Spaß etwas auf der Strecke blieb. Von Tag zu Tag verstärkte sich das Gefühl, wieder ein Lehrling zu sein.
Mit einer selbstgebauten Anschlaghilfe wurde das Papier für die Innenseiten am Reißlineal entlang auf Format gebracht, damit es einem Büttenrand ähnlich sieht. Mein Buchblock sollte 9 x 11 cm groß werden.
Die einzelnen Lagen wurden auf Leinenband geheftet, der Rücken mehrfach geleimt, gepresst und in eine runde Form gebracht. Ich lernte „Falsche Bünde“, Pappen zum Ausgleich der Lederdicke und Aussparungen für die Metall-Schließe anzubringen. Jede Menge Ticks, mir bereits bekannte und viele völlig neue, kamen bei jedem Schritt hinzu. Leider fehlte die Zeit, alles schriftlich festzuhalten.
Das Stechen des Kapitalbandes hatte ich mir schwieriger vorgestellt, zumal meine Unregelmäßigkeiten hinter der Verkleidung verschwanden.
Ich hatte in den 80er Jahren schon mal in einem VHS-Kurs ein Beutelbuch aus kunststoffbeschichtetem Stoff angefertigt. Das Material klebt mittlerweile ganz ekelig, weil sich während des Alterungsprozesses Weichmacher gelöst haben. Die Machart ist simpel, der Buchblock ein Fertigprodukt. Ich war damals schon nicht besonders glücklich mit dem Ergebnis. Wenn ich euch die beiden Exemplare mal zum Vergleich in die Hand geben könnte, würdet ihr den krassen Unterschied erkennen. Es liegen Welten dazwischen und knapp 40 Jahre.
Zu Hause habe ich den Umschlag meines neuen Beutelbuches mit dem Brennpeter (lötkolbenartiges Gerät für Bandmalerei) bearbeitet. Der heiße Stift schmort Leder, Kork und Holz dunkelbraun. So lassen sich auf einfache Weise mit Hilfe einer Metallschiene Linien, aber auch Ornamente brennen. Ein paar Schmuckelemente aus Metall und Polsternägel geben dem Ledereinband den letzten Schliff.
Mein neues Beutelbuch hat eine Größe von 10 x 13 cm und eine Gesamthöhe von 35,5 cm. Es ist leer - jede Menge unbeschriebene Seiten - und etwas sperrig. Ob ich jemals etwas hineinschreibe? Jetzt hängt es erst einmal mangels Wohnraum neben dem Besen hinter der Tür. Egal.
Michaelas Schnittblumen sind immer wieder schön. |
Tabeas Glasscheiben-Druck musste ich gleich ausprobieren. |
Mein Advents-Post-Buch von 2016 in Waisenbindung. |
Den Umschlag für ein Notizbuch aus Fimo Leather Effect habe ich auch nachgearbeitet, werde aber in Zukunft wieder bei Papier und Co. bleiben. |