Bevor ich vor circa 1 ½ Jahren zum ersten Mal von einem Bullet Journal erfuhr, konnte ich mir unter dem Begriff genau so wenig vorstellen wie wohl etliche von euch. Das wollen wir jetzt mal ändern.
Der US-amerikanische Produkt Designer Ryder Carroll aus Brooklyn, NY. hat – so heißt es – 20 Jahre lang an einem Kalendersystem gefeilt, das hilft, Ordnung und Struktur ins Leben zu bringen. Es funktioniert nach ein paar festen Regeln, lässt sich darüber hinaus aber flexibel anpassen an die persönlichen Wünsche, Vorstellungen und Bedürfnisse seines Besitzers. Es soll ein ständiger Begleiter sein, der ohne Strom, Apps und WLAN jederzeit und überall einsatzbereit ist.
Ursprünglich war das Bullet Journal – kurz „Bujo“ genannt – ein eher funktional-nüchterner Artikel, aber im Zuge vom Spaß an Scrapbooking, Handlettering und Sketchnotes änderte sich sein Erscheinungsbild, es wurde bemalt, gestylt und auf eine Art gestaltet, dass es einfach Freude macht, solch einen Kalender in die Hand zu nehmen. Kreative Leute nutzen es, um täglich ein paar Minuten zu scribbeln, stempeln oder layouten. Fast unbemerkt als Nebeneffekt wächst dabei die Lust, anstehende Aufgaben zu erledigen und seine Zeit strukturierter und sinnvoller zu verbringen.
Kürzlich erschien ein TOPP Kreativratgeber zum Thema Bullet Journal im
frechverlag: „Mein Bullet Diary selbstgemacht“ von Nathalie Güllü. Ich bekam freundlicherweise vom Verlag ein Rezensionsexemplar zugeschickt, offiziell ist dieser Beitrag deshalb *Werbung, allerdings stand das Thema schon seit langem auf meinem Blogplan und es trifft sich gut, damit den nötigen Input erhalten zu haben. Herzlichen Dank an den Verlag!
Wenn es um das Kennenlernen von neuen Techniken geht, lasse ich mich gerne an die Hand nehmen. Nathalie Güllü hat auf unkomplizierte, aufgeräumte und übersichtliche Art Schritt für Schritt erklärt, wie ein Bujo aufgebaut wird. Zahlreiche Abbildungen machen es leicht verständlich. Viele Gestaltungsbeispiele, Schriftmuster und Vorlagen ermöglichen es dem Einsteiger, gleich am selben Tag schon loszulegen und ein eigenes Bullet Diary anzufertigen. Das Buch selbst ist so schön gestaltet, dass man es immer wieder gerne in die Hand nimmt.
Jetzt mal ein bisschen konkreter. Was steckt denn hinter dem Ganzen?
Besorge dir ein Heft mit punktierten Linien. Darin lassen sich schnell und einfach vertikale und horizontale Linien für Kalender und Tabellen ziehen, ohne dass Rechenkästchen oder Schreiblinien das Bild stören. Mit Stift und Lineal gestaltest du dir nach deinem Geschmack den kompletten Inhalt.
Jedes Bujo beginnt mit einem Inhaltsverzeichnis, das mit jeder Seite, die du gestaltest, erweitert wird. Es schließt sich eine Jahresübersicht an, in die Urlaub, Geburtstage und andere langfristig feststehende Termine eingetragen werden. Danach folgen die Monatsübersichten mit Eintragungen von Terminen und Aufgaben, die jeweils in die sich anschließenden Wochenübersichten übernommen werden. Wer will hängt für einzelne Wochentage noch Seiten an, die eine Feinplanung nach Stunden ermöglichen.
Ergänze das Kalendarium durch Listen, Tabellen und Notizen entsprechend deiner eigenen Bedürfnisse, Pflichten, Routinen, Pläne, Ideen und Interessen. Schreibe, wenn du möchtest, deine persönlichen Ziele für das anstehende Jahr auf. Welchen Projekten willst du dich widmen, was willst du erreichen? Erstelle Listen über deine persönlichen Leistungen, über Geldausgaben, Schlafdauer, Geschenkideen, Lieblingsbücher, Putzpläne, Kinofilme, Wunschzettel, Urlaubspläne, Rezepte und ... und ... und ... Die Stundenpläne der Kinder, die Wechselschichten des Mannes, Nummer des Fahrradschlosses und Anekdoten des Tages. Schluss mit der Zettelwirtschaft und rein damit ins Buch!
Du könntest einen Wochenrückblick festhalten. Was war gut, was war schlecht? Hast du eine wichtige Erkenntnis gewonnen? Vielleicht blätterst du in ein paar Jahren wieder in deinem alten Journal. Woran möchtest du dich gerne zurück erinnern? Hier kannst du alles aufschreiben.
Im Laufe der Zeit wirst du das Bullet Diary immer mehr auf deine Bedürfnissen zuschneiden. Sicher wird es dich motivieren, deine Aufgaben zu erledigen, eine Routine zu entwickeln oder einfach helfen einen Überblick zu behalten. Einmal begonnen unterstützt es dich bei allem, was du dir vornimmst.
Das Bullet Journal hat seinen Namen von den Symbolen mit denen darin gearbeitet wird. Alle Termine, Aufgaben und Notizen werden mit Pfeilen, Kreuzen, Sternchen o.ä., also mit >Bullets< markiert. Am Ende eines jeden Tages kreuzt du die Aufgaben aus, die erledigt sind oder verschiebst sie (im Idealfall nicht öfter als drei Mal) auf einen anderen Termin. Wer sich täglich vor Augen führt, welche Dinge noch zu tun sind, dem wird es leichter fallen, sein Leben strukturiert und produktiv zu gestalten. Durch die Freude am Gestalten und Führen solch eines Journals kommt quasi spielerisch Disziplin und zielgerichtetes Handeln auf. Das ist wohl auch das Geheimnis für den Erfolg des Bullet Journals.
„Mein Bullet Diary selbstgemacht“ ist ein Leitfaden zum Herstellen eines persönlichen Kalender-Tagebuchs, der alles Nötige in knapper Form erklärt ohne zu langweilen. Für Anfänger ist dieses Buch sehr empfehlenswert. Wer Feuer gefangen hat wird Wege finden, seinen Hunger auf Mehr zu stillen. Ich hätte persönlich gerne mehr über die Arbeit mit dem Ordnungsprinzip erfahren und könnte stattdessen auf die Wiederholung von einfachen Strichvorlagen im Anhang verzichten, wenn sie in der Schritt für Schritt Anleitung bereits gut erkennbar sind.
Ob ich meinen ersten Organizer-Selbstversuch ab Januar 2019 oder schon ab nächsten Monat starte, wird sich bald zeigen. Auf jeden Fall will ich mein Organisationswunder jetzt schon vorbereiten, denn im Kopf liegt nach dieser Buchrezension etliches abrufbereit. Es kribbelt mir in den Fingern (wie so oft), mein Wissen umzusetzen. Nathalie Güllü verrät im Buch den Trick mit der falschen Pinselschrift. Der gefällt mir ganz besonders gut, denn mit meinen Lettering-Künsten kann ich nicht imponieren. Auch mit der doppelt übereinanderliegenden Schrift, die sie zeigt, will ich experimentieren. Juiiii … was halte ich mich hier noch lange auf? Heft, Stift und Lineal auf den Tisch und los gehts!