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Dienstag, 24. August 2021

Wie aus dem Sommergarten ein Zaubergarten wurde

Unter dem Titel „Ein Sommergarten blüht auf“ stand bei den Jeromins zu Pfingsten 2018 ein Workshop im Programm, der mich durch seine poetische Beschreibung und die Fülle an Inhalten neugierig machte. Es ging um das Abbilden von Pflanzen auf Stoff und Papier mithilfe von allerlei  unterschiedlichen Techniken. Sabines Musteralbum war voller Arbeitsproben quer durch ihr Repertoire, bezaubernde Papierchen und Stoffstückchen, ergänzt durch handgeschriebene Bezeichnungen der Pflanzen und Farben, Hinweise zu Fundort, Datum und Entstehung der Abbildung. Ich war begeistert. Das wollte ich auch machen.



Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass ich morgens bei strahlendem Wetter in Mannheim ankam. Gleich nach einer Begrüßungs- und Einführungsrunde am Kaffeetisch gingen wir rüber in den kleinen Park gegenüber der Textilwerkstatt, um unsere ersten Cyanotypien zu belichten. Fritz hatte alles vorbereitet, wir brauchten das Gelernte nur umzusetzen.

Eco Prints kamen am Nachmittag an die Reihe. Sabine erklärte, Fritz sorgte für den reibungslosen Ablauf und schon bald kochten unsere zusammengerollten Stoffe und Papiere mit Blättern und Pflanzensud im Kessel. Wunderschöne Drucke mit Schattierungen in Blauholz, Granatapfel und Cochenille wurden daraus, die über Nacht trocknen konnten.







Am nächsten Tag fertigten wir jede Menge Drucke mit der Gelli Plate und weitere farbige Hintergrundpapiere an. Wer einmal damit beginnt, der hört so schnell nicht wieder auf und so hatten wir reichlich Auswahl bei der bevorstehenden Gestaltung des Albums. Rostpapier wurde aus Eisenpulver und alten Teebeuteln hergestellt und der Album-Rohling mit einem SnapPap-Umschlag bemalt und gebunden.


Als besonderes Bonbon zeigte Sabine uns, wie man frische Gräser, Blüten und Pflanzen in Organza einbettet, so dass ein federleichtes, weißes Etwas daraus wird. Meine Begeisterung beflügelte mich zu Visionen von Blüten in Organza auf Glückwunschkarten oder – warum nicht – zu ganzen Büchern oder Leporellos aus kaum etwas anderem als Organza-Pflanzencollagen. Etliche Kurse später in einem anderen Jahr gestand mir Sabine, dass der Workshop „Transparenzen“ bei Jeromin tatsächlich durch meine Fantasien von Organza-Büchern entstanden ist. Wow! Mädel! (Natürlich habe ich mir diesen Kurs dann auch gegönnt.)



Allmählich wurde es ernst. Pinsel, Farben, Kleber, Stifte, Stempel und noch viel mehr kam auf die Tische und aus der Fülle unserer Werke sollte ein komplettes Ganzes werden. Unser Sommergarten. Ich holte mir rechts und links bei meinen Nachbarn Inspirationen. Ich überlegte und probierte aus. Die Möglichkeiten waren unendlich und meine eigene Vorstellung viel zu diffus, als das ich mich auf einen konkreten Weg – auf mein persönliches Layout hätte festlegen können. Ich wollte am liebsten von allem das Beste!




Das Wochenende ging viel zu schnell vorbei und voller Gedanken und Pläne zog ich nach Hause. Das Album sollte natürlich bald fertig werden, aber wie es eben so ist, tägliche Pflichten lenken ab, andere Aufgaben und Einflüsse kommen dazu … wer kennt das nicht? Die Materialkiste stand immer im Blickfeld. Hin und wieder hob ich den Deckel ein paar Zentimeter an und schob ein vermeintlich passendes Etwas  hinein, das eines Tages meinen Sommergarten ergänzen sollte.

Kaum zu glauben - dieser Tag ist tatsächlich gekommen! Der Workshop hat sich mittlerweile bei Jeromin zum Dauerbrenner entwickelt. Er ist so beliebt, dass er bis heute mit kleinen Änderungen immer wieder angeboten wird. Neuerdings gibt es ihn sogar als Materialpaket Nummer 14 für zu Hause unter dem Titel „Mein Zaubergarten“. Mit Hilfe des 34-seitigen Skripts habe ich nun mein damals begonnenes Album fertiggestellt.






Sabine ist ja eine ganz liebe, kleine, ruhige Person, fertigt aber erstaunlich wilde Mixed Media Kreationen an. Wie sie es hinkriegt, Seiten voller Spuren, Strukturen und Texturen, Freihand-Striche und Stick-Stiche zusammenzustellen, die äußerst spannend sind und trotzdem Ruhe und Ausgewogenheit ausstrahlen, finde ich faszinierend. Da ist kein einziger gerader Schnitt, keine Geometrie und keine Symmetrie, aber alles in Harmonie. Viel Erfahrung, Gefühl und Leichtigkeit prägen diese Handschrift. (Wenn sie das liest, kriegt sie wieder Gänsehaut, weil sie ein bisschen schüchtern ist … grins … )

Ich habe anfangs versucht, in die Nähe dieses wilden, einzigartigen Stils zu kommen, aber es gelang mir nicht.

„Wilde Blüten“ ist deutlich an eine Seite aus Sabines Musteralbum angelehnt.











Im Laufe der Arbeit veränderte sich mein Layout immer wieder und ging in eine völlig andere Richtung. Mittlerweile sieht es ein bisschen zu aufgeräumt und clean aus. Statt in einem Meer von Sommerblumen zu schwelgen, habe ich ein Technik-Allerlei daraus gemacht. Sabines Musterbuch hatte mich dazu inspiriert, ohne dass das ihre Absicht war. Die Grundidee, einen realen oder imaginären Park oder Garten entstehen zu lassen, habe ich damit verfehlt. Egal. Hauptsache das Kind ist glücklich ;-) Das Skript gibt jedem die Freiheit zu individueller Umsetzung. Auch bei Kursen vor Ort sieht ja jedes Buch anders aus. Wie weit mögen dann erst die Interpretationen auseinanderliegen, wenn man seine Kreativität zu Hause ganz ohne Gruppendynamik auslebt?

Bei Instagram hat der Zaubergarten derweil eine kleine Fangemeinde und einen eigenen Hashtag mit wunderschönen Beiträgen von Teilnehmerinnen, die sich das Paket bei Jeromin bestellt haben. Über die Vielfalt kann man wirklich staunen.


Beim Bügeltransfer vom bedruckten Papier wurden meine Runen nicht weiß sondern grau. Auch schön!



Die Anleitung ist so umfangreich, dass man sich monatelang mit den beschriebenen Techniken beschäftigen kann. Nicht alles, was in meinem Sommergartenbuch zu sehen ist, stammt allerdings aus dem gleichnamigen Kurs, denn ich war inzwischen schon öfter in Mannheim und Speyer, als ich Finger an den Händen habe und da lernt man eine ganze Menge.





So war das also mit dem Zaubergarten, der mir einst als Sommergarten begegnete: am Anfang wurde das Buch nicht voll und am Ende wollte ich gar nicht aufhören. Zuletzt wagte ich mich an immer ausgefallenere Handletterings, die als Blickfang mit dem Rest der Seite konkurrieren.



Vielleicht mache ich doch eines Tages noch mal ein richtiges immergrünes Gartenbuch (ohne Technik-Schwerpunkt) mit dem Thema „Von der Wiese ins Buch“, wie Sabine so schön geschrieben hat.

Von Jeromin zum Evergreen – erst inspiriert, dann fabriziert …

… Nun aber Schluss! … Ich glaube, die kleinen Kribbelperlen im Federweißen sind auf dem Weg in mein Gehirn  ...




Dienstag, 9. Februar 2021

Eco Print Album Nummer 2 – The wild one

Als ich euch im September 2018 mein erstes Eco Print Album gezeigt habe, waren die Innenseiten von Album 2 schon fertig. Lange hat es gedauert, bis nun endlich aus dem Ganzen das geplante Buch geworden ist. Ladies and Gentlemen, here it is: Eco Print Album Number Two!




Zu den gefärbten Innenseiten hatte mich damals ein Video eines Amerikaners inspiriert, der ganz anders an die Sache heranging, als ich es bisher bei achtsamen Pflanzenfärberinnen gesehen hatte. Typisch Mann, wie ein Holzfäller nach Feierabend schichtete er unbekümmert statt einzelner, sorgfältig ausgewählter Blättchen mehr oder weniger wahllos gesammeltes Gestrüpp grob zwischen Papierlagen (mit 25% Baumwoll-Anteil) und klemmte alles mit Schraubzwingen zwischen 2 Betonplatten ein, wobei das üppige Gestrüpp wild zu allen Seiten überstand. Schwupp, eine Tasse Essig ins Wasser und rassel-rassel-plopp, noch eine schwere rostige Eisenkette dazu. 7 Minuten später kippte er Textilfarbe mit in den Hexenkessel und lies das ganze 1,5 Stunden alleine vor sich hin köcheln. 

Diese Heimwerkermethode lies mich schmunzeln und kopfschütteln, jedoch das Endergebnis war überzeugend. 





Ich sammelte, was ich gerade an brauchbaren Pflanzen bei einem Rundgang im Ort finden konnte: Hibiskus, Götterbaum, Heckenrose, Walnuss, Löwenzahn, Hartriegel, Eiche, Brombeerblätter, Ahorn und noch mehr. Von allem einen ordentlichen Büschel. Ich schichtete wie im Video gesehen statt ein paar sparsamen Blättchen gleich ganze Zweige zwischen mein teures Aquarellpapier, so dass es zu allen Seiten überquoll. An Stelle von Zementplatten fanden sich zwei dicke MDF-Hölzer im Keller, die dem Sandwich als Deckel oben und unten Stabilität gaben. Zwei Schraubzwingen machten aus allem ein kompaktes Paket.

Nach Zugabe von Essig, Eisenteilen und jeansblauer Textilfarbe überlies ich den Bräter seiner Bestimmung und wandte mich anderen Dingen zu. 

Ich staunte nicht schlecht, als ich zurück kam, die Herdplatte ausschaltete und den Deckel abnahm. Die MDF-Platte hatte sich aufgelöst und war zu einem ekelig-schwammigen Etwas geworden, das wie nasses Knäckebrot im Topf schwamm. Jesses! Das wäre einem klugen Handwerker nicht passiert. Aber egal!

Nach dem Auspacken des Paketes und Entfernen der ausgekochten Pflanzenstrünke spülte ich die Papiere ab und hängte sie über Nacht zum Trocknen auf. Ich war mit dem Ergebnis sehr zufrieden.






Das Album für die Eco Print Papiere entstand aus alten Buchdeckeln, beklebt mit Holzschnörkeln, die ehemals als Zierde einem ausrangierten Kleiderschrank dienten. Das Ganze ist übermalt mit einer Schicht schwarzem Gesso. Mit Patinafarbe, die teilweise wieder abgewischt wurde, bis sie nur noch in den Rillen hing, habe ich den leicht morbiden Touch erzeugt. Goldwachs setzt ein paar edle Highlights auf die Konturen.





Für die Bindung habe ich helles Baumwollgarn mit schwarzer Textilfarbe eingefärbt. Damit ich nicht ewig warten musste, bis der Faden getrocknet ist, habe ich ihn zwischen alten Buchseiten ausgequetscht. Auf diese Weise entstand völlig unverhofft ein interessanter Materialdruck, den ihr auf meiner Instagramseite sehen könnt.









Ein glücklicher Zufall ist, dass der Farbton der Patina fürs Cover genau mit dem der Textilfarbe (Innenseiten) überein stimmt. So wird aus Buchblock und Umschlag eine harmonische Einheit.

Und noch ein Tipp aus Erfahrung, Überzeugung und zur Unterstützung in diesen schwierigen Zeiten: Eco Print Workshops vom Fachmann (Fachfrau!) gibt es jetzt auch online und für zu Hause bei Jeromin, dazu Material-Pakete und hoffentlich bald auch wieder live-Kurse am Wochenende mit echten (ganz lieben!) Menschen.


Montag, 4. Januar 2021

Erdfarben – Folge 2 – Bücher in raffinierter Bindung

Mein Bericht über Erdfarben sollte ursprünglich heißen: 1 Workshop, 5 Bücher und eine bahnbrechende Entdeckung! Ja, für mich war es eine bahnbrechende Entdeckung, zu erfahren, wie man mit einfachsten Mitteln die schönsten natürlichen Farben zu Hause herstellen kann, ohne sich vorher auf umständliche Weise mit chemischen Zusätzen oder gar Apparaturen auseinandersetzen zu müssen. Ich war euphorisch und bin immer noch voll begeistert von der Idee, Ziegelreste zu zerstößeln und immer feiner zu sieben und zu schlämmen, bis ein Pulver entsteht, das zusammen mit Bindemitteln vermalbare, licht- und wasserfeste oder auch wasserlösliche Farben ergibt.

Ich habe den Artikel aufgrund seiner Länge geteilt. Folge 1 erzählt von Jeromin in Mannheim und Speyer, wo ich das Wissen zur Herstellung der Farben erlangte. Ohne Sabine, Fritz und Brunhilde (diesmal in umgekehrter alphabetischer Reihenfolge) wäre das Leben nur halb so schön.

Meine mit wenigen Stichen im Rücken vernähten Hefte habe ich euch bereits gezeigt. Heute folgen die etwas aufwendiger gebundenen Bücher, die ich außen mit den erdfarben-bemalten Papieren bezogen habe.



Das Buch mit dem eingeschobenem Buchblock hat eine Größe von 16 x 16 x 2,5 cm, der Buchblock aus Packpapier misst 15 x 15 cm. Beim Vernähen der Lagen habe ich drei schmale Streifen bemaltes Aquarellpapier mitgefasst, die ich zuvor hinten an die starke Rückenpappe geklebt hatte. Diese festere Rückseite des Buchblocks ist wiederum nötig, um dem Innenteil einen guten Halt in der Stecktasche des Umschlags zu geben. Die zwischengenähten und angeklebten Streifen geben zusätzliche Stabilität.





Der Buchrücken ist mit schwarzem Leinen bezogen. Das ganze Buch ist ziemlich ungeplant „passiert“. Es hat sich wie von selbst entwickelt aus etwas, was unkonkret aber völlig anders in meinem Kopf war. 



Von der Abbildung her ähnelt das zweite Buch (oben) dem ersten sehr, nimmt man die beiden allerdings zur Hand, so werden die Unterschiede gleich deutlich. Buch Nummer 2 ist ein Minibuch in schnuckeligen 7,5 x 7,8 cm Größe. Es hat eine Layflat-Bindung, auch unter anderen Namen bekannt. Irgendwo in den Weiten des Internets sah ich eine Nahaufnahme, die das Prinzip verriet. Der Buchrücken aus schwarzem Karton wird gefalzt und nicht mit seiner vollen Breite auf den Deckel geklebt, so dass er beim Öffnen des Buches im Winkel absteht. Das sieht nicht nur gut aus, es ist auch sehr praktisch, weil die Innenseiten bei dieser Bindung völlig plan liegen. So kann man z.B. ein Panoramafoto fast nahtlos über die Doppelseite laufen lassen oder hat beim Schreiben und Malen keine störende Wölbung zwischen den Blättern.







Ich habe das Minibuch mit Erdfarb-Seiten bestückt - Farbmuster, die ich im Workshop bei Jeromin aus den vielen Töpfchen und Tiegelchen angefertigt hatte. Gerne hätte ich euch noch mehr Fotos vom Herstellen der Farben aus Ziegelresten gezeigt oder vom Büchermachen, bin aber mal wieder nicht da, wo die Bilder gespeichert sind. 

Nein, ich plane auch 2021 nicht, alles in die Cloud zu schicken. Passt das zu Einer, die ihre Farben selber reibt, siebt und anrührt?   ;-)

Tschüssi und ein aktives, kreatives neues Jahr wünsche ich allen!