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Mittwoch, 29. Juni 2022

MittwochsMix des Monats Juni - Thema: Poesie / löchrig

Der MittwochsMix ist eine regelmäßig stattfindende Gemeinschaftsaktion von Susanne und Michaela. Vor einiger Zeit wurden Begriffe gesammelt für die kommenden Monate. Unter meinen eingesandten Vorschlägen war „löchrig“, also konnte ich nicht kneifen und habe Woche für Woche bei Instagram gezeigt, wie ich mich an das Thema heranarbeite.


Als Gesamtkunstwerk (räusper) seht ihr hier nun mein vollständig durchlöchertes Poesiealbum. Für die perfekten Kreise und die Ringbindung gibt es in meinem Bastelmaschinenpark entsprechend geeignete Geräte.










Wie aber fülle ich die Seiten des Albums themengerecht? Poesie im üblichen Sinne ist nicht mein Ding. Trick 17 brachte mich durch die Hintertür dazu, auf meinen gehüteten Schatz ausländischer Zeitungen mit meist nicht-lateinischen Buchstaben zurückzugreifen. Keine Ahnung, was da nun in arabisch, russisch, chinesisch, türkisch, burmesisch, thailändisch, griechisch oder japanisch steht und wer wo hinter Gittern gesteckt oder zur Maikönigin gekrönt wurde. Hauptsache es sieht gut aus.

Richtig Spaß machte es dann, mein Papier so lange zu malträtieren, bis es löchrig wurde. Immer mehr Möglichkeiten fielen mir ein, gewöhnliche und ungewöhnliche.

Das Lasern lies sich in meiner Bastelküche leider nicht umsetzen und obwohl steter Tropfen den Stein höhlt, verließ mich die Geduld alsbald, es auch mit dem Papier zu versuchen. Einfacher war es beim Schneiden, Reiben, Beißen, Brennen, Stanzen, Stechen, Stampfen, Treten, Knüllen, Knautschen, Falten, Feilen, Hämmern, Mörsern, Malmen, Pieksen, Prägen und all diesen Foltermethoden, die zum schnellen Erfolg führen.

Besonders lustig war es, zu beobachten, wie beim Knüllen kleine Staubwölkchen zwischen meinen Fingern hindurch pafften - bei jedem Zudrücken der Hand, immer und immer wieder, als sich die Beschichtung des Papiers allmählich ablöste.

Weniger brutal wäre wohl das Prickeln zu beschreiben. Da gibt es seit Langem eine eigene Fangemeinde, die mit speziellen Prickelnadeln wunderschöne filigrane Spitzenbilder gestaltet, sofern man gute Augen, eine starke Brille und eine Menge Geduld mitbringt.

Auf rauem Asphalt Papier löchrig treten – das kann ja wohl jeder. Aber bleibt es dabei auch schön weiß? Eher nicht. Da muss man sich schon etwas einfallen lassen.

Angesichts vorhandener Noppenlatschen und dem notwendigen Körpergewicht war das Zertreten für mich wohl die einfachste Übung.




Was aussieht wie ein Schwarm Kaulquappen ist einfach mit dem Skalpell gestochen.



Die meisten gequälten Papiere machen sich optisch richtig gut, wenn Licht und Schatten ihre Narben deutlich hervor bringen.




All meine fremdländischen Schriften und gegeißelten Papiere sollten nun die Seiten des Poesiealbums füllen, aber ein Loch mit in die Collagen einzubeziehen gelang mir nicht immer zufriedenstellend.








Nun, mein Abreißkalender meint, die Aktion müsse jetzt mal ein Ende haben. Ist ja alles nur Papier und auch wenn man rein beißt, sollte man sich nicht daran festbeißen. Ich bin dann mal wieder weg – mit dem 9-EUR-Ticket.

Liebe Grüße. Feiert den Sommer, so gut ihr könnt und so lange es noch geht.




Dienstag, 24. August 2021

Wie aus dem Sommergarten ein Zaubergarten wurde

Unter dem Titel „Ein Sommergarten blüht auf“ stand bei den Jeromins zu Pfingsten 2018 ein Workshop im Programm, der mich durch seine poetische Beschreibung und die Fülle an Inhalten neugierig machte. Es ging um das Abbilden von Pflanzen auf Stoff und Papier mithilfe von allerlei  unterschiedlichen Techniken. Sabines Musteralbum war voller Arbeitsproben quer durch ihr Repertoire, bezaubernde Papierchen und Stoffstückchen, ergänzt durch handgeschriebene Bezeichnungen der Pflanzen und Farben, Hinweise zu Fundort, Datum und Entstehung der Abbildung. Ich war begeistert. Das wollte ich auch machen.



Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass ich morgens bei strahlendem Wetter in Mannheim ankam. Gleich nach einer Begrüßungs- und Einführungsrunde am Kaffeetisch gingen wir rüber in den kleinen Park gegenüber der Textilwerkstatt, um unsere ersten Cyanotypien zu belichten. Fritz hatte alles vorbereitet, wir brauchten das Gelernte nur umzusetzen.

Eco Prints kamen am Nachmittag an die Reihe. Sabine erklärte, Fritz sorgte für den reibungslosen Ablauf und schon bald kochten unsere zusammengerollten Stoffe und Papiere mit Blättern und Pflanzensud im Kessel. Wunderschöne Drucke mit Schattierungen in Blauholz, Granatapfel und Cochenille wurden daraus, die über Nacht trocknen konnten.







Am nächsten Tag fertigten wir jede Menge Drucke mit der Gelli Plate und weitere farbige Hintergrundpapiere an. Wer einmal damit beginnt, der hört so schnell nicht wieder auf und so hatten wir reichlich Auswahl bei der bevorstehenden Gestaltung des Albums. Rostpapier wurde aus Eisenpulver und alten Teebeuteln hergestellt und der Album-Rohling mit einem SnapPap-Umschlag bemalt und gebunden.


Als besonderes Bonbon zeigte Sabine uns, wie man frische Gräser, Blüten und Pflanzen in Organza einbettet, so dass ein federleichtes, weißes Etwas daraus wird. Meine Begeisterung beflügelte mich zu Visionen von Blüten in Organza auf Glückwunschkarten oder – warum nicht – zu ganzen Büchern oder Leporellos aus kaum etwas anderem als Organza-Pflanzencollagen. Etliche Kurse später in einem anderen Jahr gestand mir Sabine, dass der Workshop „Transparenzen“ bei Jeromin tatsächlich durch meine Fantasien von Organza-Büchern entstanden ist. Wow! Mädel! (Natürlich habe ich mir diesen Kurs dann auch gegönnt.)



Allmählich wurde es ernst. Pinsel, Farben, Kleber, Stifte, Stempel und noch viel mehr kam auf die Tische und aus der Fülle unserer Werke sollte ein komplettes Ganzes werden. Unser Sommergarten. Ich holte mir rechts und links bei meinen Nachbarn Inspirationen. Ich überlegte und probierte aus. Die Möglichkeiten waren unendlich und meine eigene Vorstellung viel zu diffus, als das ich mich auf einen konkreten Weg – auf mein persönliches Layout hätte festlegen können. Ich wollte am liebsten von allem das Beste!




Das Wochenende ging viel zu schnell vorbei und voller Gedanken und Pläne zog ich nach Hause. Das Album sollte natürlich bald fertig werden, aber wie es eben so ist, tägliche Pflichten lenken ab, andere Aufgaben und Einflüsse kommen dazu … wer kennt das nicht? Die Materialkiste stand immer im Blickfeld. Hin und wieder hob ich den Deckel ein paar Zentimeter an und schob ein vermeintlich passendes Etwas  hinein, das eines Tages meinen Sommergarten ergänzen sollte.

Kaum zu glauben - dieser Tag ist tatsächlich gekommen! Der Workshop hat sich mittlerweile bei Jeromin zum Dauerbrenner entwickelt. Er ist so beliebt, dass er bis heute mit kleinen Änderungen immer wieder angeboten wird. Neuerdings gibt es ihn sogar als Materialpaket Nummer 14 für zu Hause unter dem Titel „Mein Zaubergarten“. Mit Hilfe des 34-seitigen Skripts habe ich nun mein damals begonnenes Album fertiggestellt.






Sabine ist ja eine ganz liebe, kleine, ruhige Person, fertigt aber erstaunlich wilde Mixed Media Kreationen an. Wie sie es hinkriegt, Seiten voller Spuren, Strukturen und Texturen, Freihand-Striche und Stick-Stiche zusammenzustellen, die äußerst spannend sind und trotzdem Ruhe und Ausgewogenheit ausstrahlen, finde ich faszinierend. Da ist kein einziger gerader Schnitt, keine Geometrie und keine Symmetrie, aber alles in Harmonie. Viel Erfahrung, Gefühl und Leichtigkeit prägen diese Handschrift. (Wenn sie das liest, kriegt sie wieder Gänsehaut, weil sie ein bisschen schüchtern ist … grins … )

Ich habe anfangs versucht, in die Nähe dieses wilden, einzigartigen Stils zu kommen, aber es gelang mir nicht.

„Wilde Blüten“ ist deutlich an eine Seite aus Sabines Musteralbum angelehnt.











Im Laufe der Arbeit veränderte sich mein Layout immer wieder und ging in eine völlig andere Richtung. Mittlerweile sieht es ein bisschen zu aufgeräumt und clean aus. Statt in einem Meer von Sommerblumen zu schwelgen, habe ich ein Technik-Allerlei daraus gemacht. Sabines Musterbuch hatte mich dazu inspiriert, ohne dass das ihre Absicht war. Die Grundidee, einen realen oder imaginären Park oder Garten entstehen zu lassen, habe ich damit verfehlt. Egal. Hauptsache das Kind ist glücklich ;-) Das Skript gibt jedem die Freiheit zu individueller Umsetzung. Auch bei Kursen vor Ort sieht ja jedes Buch anders aus. Wie weit mögen dann erst die Interpretationen auseinanderliegen, wenn man seine Kreativität zu Hause ganz ohne Gruppendynamik auslebt?

Bei Instagram hat der Zaubergarten derweil eine kleine Fangemeinde und einen eigenen Hashtag mit wunderschönen Beiträgen von Teilnehmerinnen, die sich das Paket bei Jeromin bestellt haben. Über die Vielfalt kann man wirklich staunen.


Beim Bügeltransfer vom bedruckten Papier wurden meine Runen nicht weiß sondern grau. Auch schön!



Die Anleitung ist so umfangreich, dass man sich monatelang mit den beschriebenen Techniken beschäftigen kann. Nicht alles, was in meinem Sommergartenbuch zu sehen ist, stammt allerdings aus dem gleichnamigen Kurs, denn ich war inzwischen schon öfter in Mannheim und Speyer, als ich Finger an den Händen habe und da lernt man eine ganze Menge.





So war das also mit dem Zaubergarten, der mir einst als Sommergarten begegnete: am Anfang wurde das Buch nicht voll und am Ende wollte ich gar nicht aufhören. Zuletzt wagte ich mich an immer ausgefallenere Handletterings, die als Blickfang mit dem Rest der Seite konkurrieren.



Vielleicht mache ich doch eines Tages noch mal ein richtiges immergrünes Gartenbuch (ohne Technik-Schwerpunkt) mit dem Thema „Von der Wiese ins Buch“, wie Sabine so schön geschrieben hat.

Von Jeromin zum Evergreen – erst inspiriert, dann fabriziert …

… Nun aber Schluss! … Ich glaube, die kleinen Kribbelperlen im Federweißen sind auf dem Weg in mein Gehirn  ...




Freitag, 21. Mai 2021

Extrapost 2021 - Das Insektenalbum mit Raupenbindung

Wisst ihr noch? Anlässlich der Frühlingsaktion vom Post-Kunst-Werk hatte ich Tauschpartner für meine überzähligen Collagrafien gesucht. Für diese Extrapost sind auch Extra-Begleitkarten entstanden. Um das Trio zu vervollständigen, gesellte sich so zu dem vorhandenen Buchdrucker und der Bücherlaus nun auch eine Blattlaus.

Von der Abbildung im Lexikon über Durchzeichnung, Collagrafie aus Karton und Schnur, Versiegelung mit Firnis, bis zur lädierten Druckform.

Nicht immer sind die Drucke so schön wie die Druckform verspricht. Meine zarte Blattlaus gleicht eher einer fetten Motte.


Weil die Druckform mangels feuchtigkeitsresistenter Beschichtung schon nach wenigen Drucken Schäden an den filigranen Flügeln davon trug, kam noch eine Schaumzikade hinzu, sinnigerweise angefertigt aus Moosgummi – auch eine Art Schaum ;-)  

Ich weiß nicht, warum mich die Drucke an DDR-Design erinnern. Vielleicht liegt es an den Farben oder der fehlenden Modulation? Vielleicht sind es verschüttete Kindheitserinnerungen? Mir gefällt das jedenfalls.




Rund 4 Wochen brauchten meine mit Tiefdruckfarben gedruckten Doppelbogen der Insektenpost zum Trocknen. Ich hatte damals ja kurzfristig für meine Gruppe eine Serie in Acryl nachgedruckt, weil die Zeit drängte. (Wer die Geschichte nicht kennt, kann sie gerne mal lesen.) Man erkennt deutlich, wie unterschiedlich dick und deckend die Farben sind.


Drucke der Bücherlaus mit Tiefdruckfarbe (links) und Acrylfarbe (rechts) zum Vergleich nebeneinander.

Da auch meine Buchdruckerform aufgrund der Auflagenhöhe (44 Druckvorgänge) mehr und mehr litt, war noch einiges an Arbeit nötig, bevor die Extrapost verschickt werden konnte. So spendierte ich dem Käfer zum Beispiel einen Satz neuer Beine aus Moosgummi (im Bild unten rot). Damit gefiel mir das Tier sogar besser als ursprünglich. Ich aquarellierte einige Hintergründe sandfarbig oder malte die Körper aus. Das Insekt hat auf diese Weise von der ersten bis zur letzten Auflage eine regelrechte Verpuppung durchgemacht.





Nach und nach trudelten nun die Briefe meiner Tauschpartnerinnen ein. Teilweise passten sie wegen ihres Formates nicht durch den Briefschlitz, sondern standen eine Weile zur Freude der restlichen Hausbewohner oben auf dem Postkasten. Dicke Käfer, kleine Käfer, Wildblumenwiesen, Schmetterlinge und ein wunderschöner, genähter Briefumschlag mit Glasscheibendruck. Jede Überraschungstüte war es wert, aufbewahrt zu werden.

Eine wahre Pracht!


Ich wollte auf jeden Fall alles zusammenlassen, was da geschickt kam, und baute deshalb die Umschläge zu Mappen um. Ich schnitt die Kuverts an 3 Seiten auf, trimmte hier und da auf passendes Maß und klebte Begleitpost, Tütchen, Schnipsel und Bänder in die Innenseiten der Briefumschläge, so dass auch die Grußworte noch lesbar blieben.




Das Cover meines Albums sollte eine Raupenbindung bekommen. Wenn nicht jetzt, wann dann? Raupen und Wildblumen, so war der Plan.


Die Acrylmalerei hielt auf dem kaschierten Karton nicht gut, deshalb habe ich alles mit Packpapier überklebt und die Blumenwiese aus bemalten Papieren geschnitten. Am nächsten Tag gefiel mir auch das Packpapier nicht mehr, also habe ich wieder alles mit Acrylfarbe überstrichen.


Wenn ich im Bastelfieber bin, ist essen zweitrangig. Höchste Konzentration ist vonnöten, um Pinselwasser und Grapefruitsaft nicht zu verwechseln.


Die Anleitung zur Raupenbindung findet man unter Caterpillar Binding in englischsprachigen Internetseiten. Natürlich habe ich mich ein paar mal verwickelt, aber wenn der Anfangsknoten sitzt, ist der Rest ganz einfach.






Danke an meine Tauschpartnerinnen für all die Mühe, besonders für kalligrafische Genüsse, Extra-, Doppel- und Ausklappseiten, Transparente, Tütchen, Lesebändchen, wunderschöne Umschläge, Begleitkärtchen, Genähtes, Angeheftetes, Versiegeltes, Geprägtes, Vergoldetes, Gestempeltes und Gemaltes. Jedes Stück ist nun eingebunden und wird für immer eine schöne Erinnerung bleiben. DANKE EUCH!