Dienstag, 16. März 2021

Origata Bindung mit Technical Overflow

Das Album für die CitraSolv-Blätter und Hintergrundpapiere aus meinem letzten Blogbeitrag, für die ich tief in meinen Fundus gegriffen hatte, ist fertig. Was soll ich sagen? Der Umschlag ist genau so techniküberladen geworden wie sein Inhalt.

Ich wollte die Origata-Bindung ausprobieren und endlich auch das Mosaic Kit von Tim Holtz verwenden, das wie so viele andere Tinkturen schon ewig unbenutzt im Regal stand. Dabei heraus kam ein seltsames Konglomerat aus Unruhe, Unausgewogenheit und Stilmix, das mich am Ende selbst gleichermaßen überrascht, schockiert und belustigt hat. Was hab ich da bloß fabriziert? Spiegelt sich mein inneres Chaos darin wider, die vielen Baustellen, die unbefriedigte Reiselust? Die Hobby-Psychologin könnte wohl Romane darüber schreiben.



Aber fangen wir mal von vorne an. Ich tüftele gerne mit Hilfe von verräterischen Fotos oder Videos aus dem Netz an neuen Buchbindungen herum, bis ich heraus habe, wie sie herzustellen sind. Zur Origata-Bindung kann man eine Anleitung kaufen - oder seinen Grips benutzen. Die Sache war schnell durchdacht. Drei Papierstreifen werden durch Schlitze im Rücken gezogen und halten auf diese Weise mit Hilfe von Faltungen ganz ohne Klebstoff Umschlag, Deckblatt und Rückseite zusammen. 

Ich baute mir aus Altpapier sicherheitshalber erst einmal ein Dummy. Im Anschluss schnitt ich mein Buch aus weißem Fotokarton in der Größe passend zum Inhalt zu, falzte es und brachte die Führungsschlitze für die Papierstreifen an. Es half dabei sehr, dass ich bei meinem Dummy abgucken konnte.






Das Titelbild mit dem Mosaik ist separat angefertigt worden. Grundlage ist ein 250 g Aquarellkarton in A5, der später dann unter der vorderen Falte am Bund des Buches steckt und mithilfe der drei gelben Streifen festsitzt. Das Mosaik für den Rahmen habe ich aus meinem CitraSolv Papiervorrat und dem Tim Holtz Distress Paper Mosaic Kit gemacht und das geht so:

  1.  „Grout“ (ähnlich Gesso mit grobem Sand) auf Untergrund auftragen und trocknen lassen
  2.  Papierschnipsel mit „Glue“ bepinseln und aufkleben, mit 2. Schicht „Glue“ versiegeln
  3. „Glaze“ auf jedes einzelne Mosaik-Teilchen auftragen, um ihm den glasigen Effekt zu geben.


Im Detail erkennt man Struktur neben Struktur – etwas zuviel des Guten



Immer wieder stellte ich im Laufe der Arbeit fest, dass zwar technisch alles klappte, ich mir über die farbliche Gestaltung aber überhaupt keine Gedanken gemacht hatte. Schritt für Schritt vorzugehen hat mich in eine Sackgasse getrieben. Das CitraSolv-Papier war die Ausgangsbasis in gelb-braun-oliv; den Buchrücken strich ich also auch oliv. Was kontrastiert und passt dazu? Gelb! So pinselte ich die Papierstreifen mit gelber Acrylfarbe an und auch das Rechteck für die Mitte des Mosaikrahmens wurde gelb. Hm, nun hatte ich ein leeres Feld mit einer Umrandung, das nach einem Motiv verlangte. Die seltsame Blume wurde nach längerem Grübeln zum Notbehelf. Erst als alles komplett fertig war, sah ich, dass das Cover eigentlich ein stilistischer Griff ins Klo ist, entstanden aus Betriebsblindheit. Ich hing viel zu tief mit der Nase im Projekt, als das ich den nötigen Abstand und die Übersicht behalten hätte. Nur langsam gewöhne ich mich an zu viele Strukturen, Techniken und Elemente. Weniger wäre mehr gewesen.



Die 16 Innenseiten nähte ich jeweils zu 4 Stück mit der Nähmaschine beidseitig auf einen Streifen Sackleinen, der als Gelenk fungiert. Daraus ergaben sich 4 Lagen, die ich übereinander gelegt in der Mitte mit einem einfachen Heftstich durch Buchrücken und Papierstreifen genäht habe. Schon ist die Bindung fertig.








4 Kommentare:

  1. Wow! Du hast meinen vollen Respekt liebe Ela!!! Wie du dir diese Bindung abguckst, hinter das Geheimnis kommst und sie dann so perfekt hinbekommst! Auch dein Coverexperiment mit dem Mosaik Kit ist ja technisch perfekt! Sieh das Buch doch als Prototyp an. Da muss nicht alles perfekt sein... Ich bewundere, dass du deine Projekte immer so perfekt hinbekommst! Man (Frau) kann viel von dir lernen!
    Liebe Grüße von Andrea
    P.S: Die "sexy Waden", die du in deinem Kommentar bei mir erwähnt hast, gehören -samt den restlichen Körperteilen- übrigens nicht zu Tom... ;-)

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  2. Hierbei kann ich mich Andreas Kommentar komplett anschließen, du hast meine volle Bewunderung für deine Umsetzungen. Diese Geduld, die Bindung selbst auszutüfteln, könnte ich niemals aufbringen!
    Also, ich empfinde deinen Struktur-Stil-Material-Mix keinesfalls als Griff ins Klo und auch nicht als Zuviel des Guten, nenn es Mixed-Media-Arbeit...und schon ist es Kunst! Aber deine Gedanken dazu haben mir wieder Spaß gemacht, erfrischend zu lesen!
    Sehr klasse ist ja der Käfer auf dem Blatt, da passt das Citrasolv-Papier perfekt!
    Ach, das gute alte Diamond Glaze steht bei mir auch noch irgendwo herum, ewig nicht mehr eingesetzt, und ich glaube, es ist bestimmt schon eingetrocknet.
    Liebe Grüße - Ulrike

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  3. Schöne Farbauswahl passend zum Frühling, uns gefällt der Materialmix und die Blume am besten, Käfer aber auch toll, L. g. vom Hundepack

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  4. Ha, mal wieder ein typischer Ela-Bericht! Herrlich, wie du dein Experiment beschreibst! Ich bin sehr beeindruckt, wie du dir diese Bindung angeeignet hast, unvorstellbar bei mir.... Sei froh, dass du dein "inneres Chaos" auf solche Weise ausdrücken kannst! Meine unbefriedigte Reiselust äußert sich nicht in Collagen sondern unter anderem in Surfen auf Google Maps.
    Ich freue mich auf den nächsten Bericht; hoffentlich tüftelst du schon wieder an der nächsten Technik.
    Liebe Grüße
    Christine

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Ich freue mich sehr über jeden netten, ehrlich gemeinten Kommentar. Applaus ist das Brot des Künstlers ;-)

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