Dienstag, 5. Februar 2019

Polaroid - unberechenbar schön

Auch wenn ich in letzter Zeit nur wenig zum Bloggen komme, so besuche ich doch immer wieder gerne interessante Workshops rund um mein Lieblingsthema Papier (in jeder Form). Statt euch aber im Nachhinein mit einem "Ich-war-dabei"-Bericht die Nase lang zu machen, gibt es heute VOR Kursbeginn exklusiv und ganz speziell einen Gastbeitrag zu einer Veranstaltung, auf die ich schon lange gewartet habe. 

Am 30. März ist es endlich so weit. Tom Pätz gibt sein immenses Wissen über die alte Polaroid-Technik weiter. Bei der VHS Koblenz kann man sich anmelden und ich würde mich gewaltig freuen, wenn ich einige von euch dort treffe.


Tom Pätz

Polaroid - unberechenbar schön


Ich kann mich nicht daran erinnern, warum ich sie auf einmal wieder in die Hand nahm. Es muss so zu Beginn der 2000er Jahre gewesen sein, als ich meine alte, mausgraue Polaroid Kamera wiederfand. 

Zu dieser Zeit gab es bereits gute Digitalkameras und die digitale Bildbearbeitung eröffnete eine faszinierende, neue Welt; eine Welt, in der ich meine eigene Realität erschaffen konnte. In meiner ersten umfangreicheren Bildbearbeitung, setzte ich einen Trecker von einem Bauernhof auf einen Acker. Es sah ‚echt‘ aus und ich war stolz. Trotzdem fing ich an, mit meiner alten Polaroid Kamera zu experimentieren. 

Ein Polaroid Bild ist das Ergebnis eines komplexen chemischen Prozesses mit vielen Unwägbarkeiten. Viele Polaroid Kameras haben eine Kunststofflinse unterschiedlicher Qualität, die Umgebungstemperatur ebenso wie die Lichtquelle und das Alter der Chemie in den Bildern beeinflusst die Farbgebung ebenso wie die ganz geringen Einstellmöglichkeiten an den Polaroid Kameras. 

Ein Polaroid Bild ist eine kleine chemische Küche und besteht aus mehreren Schichten. Über den drei (der Grundfarben Rot, Blau, Grün) farbempfindlichen Schichten liegen wiederum mehrere durchsichtige Schichten. Nach der Belichtung schiebt eine Transporteinrichtung in der Kamera das Bild durch Walzen, sodass die im unteren weißen ‚Balken‘ des Bildes gelagerten Entwickler-Chemikalien freigeben werden. Diese verteilen sich dann beim Rausschieben des Bildes aus der Kamera gleichmäßig zwischen die unterschiedlichen Schichten. Die Oberfläche erscheint zuerst milchig-graublau und nach gut 30 Minuten ist das Bild sichtbar. 

Das Ergebnis ist immer einzigartig, wie es ein Gemälde ist.








Die erste Sofortbildkamera kam von Polaroid und wurde in den 1950er Jahren vorgestellt. Der Film dieser Kamera wurde nach der Belichtung noch in ein Positiv und ein Negativ  getrennt und hieß folglich auch ‚Trennbildfilm‘. Da nach der Belichtung kein weiterer Entwicklungsprozess in einem Labor mehr notwendig wurde, nannte man die Bilder Instant- oder Sofortbilder. Dies war zwar schon ein ungemeiner Fortschritt, aber offenbar noch nicht massentauglich. 

25 Jahre später kamen ein neuer Film und ein neuer Kameratyp von Polaroid auf den Markt. Und mit diesem, zur Ikone gewordenen typischen weißen Polaroid Bild Rahmen, in dem ein wesentlicher Teil der chemischen Paste steckt, begann die Erfolgsgeschichte von Polaroid. Neu war nämlich, dass in dem Bild jetzt alle chemischen Prozesse ‚integriert‘ abliefen. Nichts musste mehr getrennt werden. Deswegen wurde er Integralfilm getauft. Und es war ein gewaltiger Erfolg. 

Es wird geschätzt, dass für diesen neuen Filmtyp gut 250 Mio. Kameras verkauft wurden. Man vermutet, dass der große Erfolg von Polaroid auch darin lag, dass mit dieser Kameratechnik für jeden und jede möglich wurde, Erotikbilder vom Partner oder der Partnerin zu machen, ohne die Bilder von anderen Personen im Labor entwickeln lassen zu müssen. Die Kamera passte bestens in die Zeit.



30 Jahre später wurde die Produktion von Polaroid Kameras eingestellt; digitale Kameras hatten analoge Aufnahmeverfahren weit in den Hintergrund gedrängt. Aber auch kriminelle Handlungen des Managements von Polaroid waren der Grund für die Schließung. Das Management kam in Gefängnis und die meisten Kameras verschwanden in den Kellern der Leute.

Heute sind Sofortbilder wieder en vogue. 

Es ist die Party Kamera, ob Kindergeburtstage, Hochzeiten oder Erotikbilder; Instantkameras haben wieder Konjunktur. Mit ihnen werden vor allem Menschen photographiert. Dafür sind sie bestens ausgelegt. Und wenn die Kameras auch noch einen integrierten oder aufgesetzten Blitz haben, dann leuchten diese auf einer Distanz bis zu gut vier Metern die Szenerie anständig aus. So entstehen viele der typischen Polaroid Bilder. Man kann leicht gute Laune einfangen und nichts falsch machen. Der Spaß, anschließend gemeinsam die Oberfläche zu beobachten, wie langsam das Bild erscheint, ist garantiert.

Polaroid Kameras können aber mehr, mehr als nur den Portraitbereich bedienen. Und dies auch ohne Blitz und ohne großen Mehraufwand.




Sogar für Nachtaufnahmen eignen sie sich hervorragend. Hier kommt insbesondere zum Tragen, dass Polaroid Kameras keinen Weißabgleich haben. Fast alle Lichtquellen haben eine unterschiedliche Farbtemperatur und diese zeigen sich wunderbar auf Nachtaufnahmen. Aufnahmen, die nur 2 bis 3 Sekunden dauern, kann man aus der Hand machen. Polaroid Kameras liegen gut in der Hand und sie sind mühelos diese paar Sekunden ruhig zu halten. Aber auch eine leichte Verwacklung sowie die Vielfalt der Farbeffekte durch die unterschiedlichen Lichtquellen lassen wunderbare Werke entstehen. 



Sollten Sie jetzt Interesse bekommen haben, es auch einmal zu probieren, selbst unberechenbar schöne, kleine Kunstwerke zu erschaffen, dann biete ich genau dafür Workshops an. Der nächste Workshop findet in Koblenz bei der VHS am 30.3.2019 von 9.00 – 18 Uhr statt.

Ziel des Workshops ist es, Sie mit der Kameratechnik vertraut zu machen und Sie anzuregen, spielerisch selbst Kunstwerke zu erschaffen. Es wird viel Raum für das Experimentieren mit der Kamera gegeben. Dazwischen ein wenig Theorie zu Technik und der Geschichte von Polaroid. Der Ablauf des Workshops wird auch dadurch strukturiert, dass das Polaroid Bild erst nach gut 30 Minuten zu betrachten und damit zu besprechen ist. Dieser Prozess kann dann auch schon etwas an den Nerven zerren. Wir sind es ja gewohnt, Bilder unmittelbar zu sehen. Trotzdem, allein die Betrachtung des Sichtbarwerdens des Polaroid Bilds macht schlichtweg Freude.

Tom Pätz, Polaroid - unberechenbar schön, Februar 2019    https://www.polaroidart.de/
Alle Bilder Copyright Tom Pätz


4 Kommentare:

  1. Ach, das klingt ja spannend, liebe Ela, da wünsche ich dir ganz viel Freude dabei und hoffe, wir kommen bald in den Genuss deiner Aufnahmen! LG. Susanne

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  2. wenn du koblenz mal eben in die nähe von braunschweig beamen könntest, wäre ich sofort dabei!! leider habe ich keine polaroid, aber finde die bilder schon immer interessant. ich bin gespannt, was du dann daraus machst!
    liebe grüße
    mano

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  3. Ach, sehe schön, ein wunderbarer Post. Ich habe gerade beim Aufräumen einen kleinen Stapel Polaroids von vor 20 Jahren entdeckt und mich riesig gefreut. Mehr als über ein normales Foto, sie haben etwas Besonderes, weil sie einzigartige Momentaufnahmen sind.
    Liebe Grüße,
    Katrin

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  4. Ah, da hast du ja einen interessanten Kurs in Aussicht!
    Ich selbst hatte nie solch eine Kamera, finde aber die Bilder sehr klasse! Und du hast Recht, es gibt sie wieder; im Sommer hat eine Freundin meiner Tochter Fotos damit gemacht mit sehr tollen Resultaten.
    Liebe Grüße Ulrike

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