Ich habe mich immer gerne an Papiertausch-Aktionen beteiligt. So manches Mal kam ich auf diese Weise an ganz tolle alte oder seltene Papiere, dann wieder sandte jemand nur irgendwelche Schnipsel, die die andere selber nicht mehr haben wollte. Das allerkleinste Briefchen kam einmal von Ghislana. Es enthielt einige besonders feine Stücke und hat mich wohl mehr gefreut als manch andere fette Briefbombe.
Der Paper Swap von Franca Maria macht momentan eine längere Pause und ob es irgendwann weiter geht ist fraglich. Da passte es perfekt, dass Katrin und Sabine vom artlaboratorium kurz vor Weihnachten Wichtelpartner fürs Kreativwichteln suchten. Das Los brachte mich mit Bärbel zusammen. Sie schickte mir neben etlichen Papieren auch ein entkerntes, altes Buch, d.h. eigentlich war es nur ein Leinencover, das innen bereits mit neuem weißem Vorsatz beklebt war. Nichts Sensationelles, aber es sprach mich an. Immer wieder nahm ich es zur Hand, klappte es auf und zu und betrachtete es von allen Seiten. Ein Brevier, das ich gerne öfter in die Hand nehmen würde.
Im Zuge meiner umfassenden Corona-Einzelhaft-Aufräum-Aktion fiel eines schönen Morgens der Groschen, ohne sich vorher angekündigt zu haben. Ich holte den Stapel großer brauner Papiertausch-Umschläge auf den Tisch. Noch immer war jede Sendung schön beieinander, nichts um- oder aussortiert und nichts von all den mir zugeschickten Schätzen verbraucht. Umschlag für Umschlag sortierte ich jeweils Gedrucktes, Selbstgemachtes, Altes, Spezialpapier und Ephemera auf Häufchen und entschied, was zum Zerschnibbeln nun wirklich zu schön ist. Mein Plan stand fest. Ich machte mein erstes Musterbuch. Oft habe ich solche Bücher neidisch in Museen oder im Internet bewundert. Jetzt wollte ich auch eins.
Dem ersten Impuls folgend nähte ich Seiten mit blauer Wolle ins Buch, flocht Zöpfe und drehte Kordeln aus den am Rücken austretenden Fäden, aber der Effekt war kaum sichtbar. Als mein Cover gestaltet war, trennte ich alles noch mal auf und nähte die Seiten mit gelber Wolle ein. Vorne ins Buch klebte ich eine Tasche aus Bärbels Begleitkarte, die glücklicherweise auch gelb war.
Ich kann euch sagen, die ganze Arbeit an den Musterseiten war erheblich aufwendiger, als man angesichts der meist gleichgroßen Papierproben denken mag. Für wiederkehrende Größen schnitt ich mir zwar eine Schablone, aber trotzdem brauchte es viele Tage, bis aus Bärbels altem Roman mein Papier-Tausch-Musterbuch wurde.
Postkünstlerinnen sind übrigens auch verewigt. Wer im Frühling 2019 in meiner Briefset-Gruppe war, oder ein Jahr zuvor beim Walzendruck mitgemacht hat, wird sich hier vielleicht wiederfinden. Auch wenn es so manches Mal eine Überwindung war, eure Papiere zu „entjungfern“, so blättere ich doch immer wieder gerne in meinem Musterbuch.
PS. an Bärbel: aus den beiden gelb-blauen 15fünfzehn-Pappen von dir ist auch schon ein Album geworden. Da fehlen nur noch die Texte, dann zeig ich es hier.