Freitag, 18. Oktober 2019

Buchbinden im japanischen Stil

Vor einiger Zeit habe ich euch drei kleine japanische Alben gezeigt. Ich wollte damals gestempelte Fischmusterpapiere auf den Umschlagseiten verarbeiten. Die Bücher selber hatte ich „frei nach Schnauze“ hergestellt, ohne mir weitere Gedanken über die Technik zu machen.

Wie wenig Japanisches tatsächlich in der Arbeit steckt, habe ich nun erst begriffen, nachdem ich das neu erschienene Buch von Petra Paffenholz „Buchbinden im japanischen Stil“ gelesen habe. Mit traditionellem japanischem Kunsthandwerk hatte ich mich bisher kaum jemals beschäftigt, aber ein Hauch von Ahnung und vor allem Hochachtung hat nun mein Hirn durchstreift und neue Einflüsse wollen praktisch umgesetzt werden.


Nach dem Studieren der ersten 50 Seiten zu Material und Technik kam die Qual der Wahl. Welche der neuen Erkenntnisse soll ich denn nun eigentlich anwenden? Soll mein neues Album ein Halbleinenband aus Graupappe werden oder ein traditionelles Buch mit Kartondeckeln und innerer Bindung? Soll ich der Anleitung für Lumbeck-Verklebung mit Distanzstreifen folgen oder einen farbigen Buchschnitt, Außenfalz, geklebte Eckenschoner und Lesebändchen anbringen? Alles ist in Petras Buch leicht verständlich und fundiert erklärt, man muss sich nur entscheiden.


Vier weitere Kapitel folgen mit einer Vielzahl von Inspirationen zur Gestaltung der Buchdeckel, thematisch aufgeteilt in frühlingshafte Boro Collagen, sommerliche Stickmuster, Shibori in Herbstfarben und winterlich anmutendes Suminagashi. Dazu wird jeweils eine klassische und eine von Petras wunderschönen neu entwickelten Bindungen im japanischen Stil gezeigt, zu der die nötige Lochschablone als Kopiervorlage und auch als Download gleich mitgeliefert wird. Auf das eigene Buchformat skaliert, erspart solch ein Papierausdruck lästiges Messen, Berechnen und Handtieren mit Winkelmesser und Lineal.

Um bei all dem Gelernten nicht völlig den Faden zu verlieren gibt es auf Seite 42 den gleichermaßen beunruhigenden wie auch erlösenden Hinweis:


So hob ich mir die Kapitel Boro, Sticken und Suminagashi erstmal für die ihnen zugewiesenen Jahreszeiten auf und widmete mich dem Herbstkapitel. Shibori hat mich seitdem voll im Griff. So einfach die Technik – so vielseitig und immer wieder überraschend sind die Ergebnisse!
 


Meine Schmuckpapiere habe ich aus dem leichten, dünnen und trotzdem weitgehend reiß- und wasserfesten Wenzhou-Papier mit Seidenmalfarben angefertigt, was die schöne Leuchtkraft der Farben erklärt. Für die Bindung fand ich einen Rest Bast in der Schublade.






Fasziniert und infiziert hat mich auch der dritte Teil des Buches, in dem uns Petra die wohl bekanntesten Produktionsstätten, Fachgeschäfte und Museen in Japan vorstellt, die für Buchbinder interessant sind. Meinem spontanen Impuls, eine Einkaufsreise nach Japan zu unternehmen, werde ich zwar doch nicht folgen, wohl aber noch vor Weihnachten der drittgrößten japanischen Gemeinde Europas einen Besuch abstatten, um nach Papierenem zu fahnden: Düsseldorf!


Der HAUPT Verlag stellte mir freundlicherweise das neue Buch von Petra Paffenholz „Buchbinden im japanischen Stil“ zur Verfügung, weshalb dieser Beitrag mit WERBUNG zu kennzeichnen ist.

PS.: Ich liebe Bücher, besonders solche besonderen! „Buchbinden im japanischen Stil“ ist meines Wissens nach der erste und einzige Band auf dem deutschen Markt, der sich ausschließlich diesem Thema widmet.

Das Lesen der Danksagung auf der letzten Seite lässt erahnen, wie viel Aufwand und Recherche hinter der Herstellung dieses Buches steckt. DANKE Petra! DANKE Haupt Verlag! Das habt ihr gut gemacht!



Mittwoch, 16. Oktober 2019

Papiermühle Bergisch Gladbach und Michaelas Buchparty

Letzte Woche, am Tag von Michaelas Buchpräsentation, fuhr ich trotz Regenwetters mittags schon nach Bergisch Gladbach, um mir vor der Veranstaltung erst einmal die Papiermühle „Alte Dombach“ anzusehen. Kaum jemand begegnete mir, aber die Tür zur Maschinenhalle war offen und ich ging hinein. Die riesige von 1889 stammende Papiermaschine ist dort ausgestellt, die noch bis 1991 in Betrieb war.





Ein paar Schritte weiter in idyllischer Lage befinden sich die alten Fachwerkhäuser der ehemaligen Fabrik. Hier ist der Eingang zum Museum, ein Laden, Stallgebäude, ein Schrebergarten und ein Café. Die Ausstellung zeigt auf der obersten Etage (ja, ich starte meine Rundgänge meist oben) wunderschöne alte Luxuspapiere, liebevoll gestaltete Freundschaftsbriefchen, uralte Räuber- und Liebesromane, ein Papiertheater, historische Verpackungen, Heiligenbilder, Zierrat aus Pappmaché, Spielwaren, Masken, Laternen, alte Musterbücher und vieles mehr. Meine Begeisterung war groß.




Auf der 1. Etage befinden sich Ausstellungsstücke zur Firmengeschichte, Mitmachstationen, Papiere zum Anfassen, mit Feder und Tinte beschreiben, vergleichen und mitnehmen. Wer will kann sich einen Bogen Wasserzeichen-Papier selber schöpfen und an vielen Monitoren erklärende Filme anschauen.

Im Erdgeschoss werden Themen aus der Gegenwart behandelt: Wie wird Papier hergestellt und wozu wird es heute benötigt? Welche riesigen Mengen werden täglich verbraucht? Wie wird recycelt?




Das Museum bietet eine gute Rundum-Versorgung zum Thema Papierherstellung, wachsende Bedeutung und Nutzen des Mediums. Es ist auf jeden Fall eine Reise wert, das könnt ihr mir glauben.

Um 18 Uhr trafen sich dann die näh- und bastelbegeisterten Frauen, um Michaelas neuestes Buch „Stoff trifft Papier“ zu begutachten und um an den Tischen kräftig mitzumachen beim Verarbeiten von bereitliegenden kleinen Schätzen. Michaela bot an, mit Papier zu flechten, Collagen aus Stoff und Papier anzufertigen und mit Spitze und Gestricktem zu drucken. Meine Ausbeute seht ihr hier:




Schon nach einer Viertelstunde wurden weitere Hocker benötigt, nach 1 Stunde war die anfängliche Ordnung auf den Tischen einem kreativen Chaos gewichen und am Ende waren alle Bücher verkauft und keiner wollte nach Hause gehen.

vorher - alles sehr ordentlich


nachher - Wühltisch-Ambiente mit begeistertem Gewusel








Am 23. Oktober findet die Buchparty noch einmal statt, dann aber in der Textilwerkstatt Jeromin in Mannheim. (Begrenzte Plätze, bitte anmelden)

Ach, gäbe es doch öfter solche Aktionen!

Mittwoch, 25. September 2019

Zwei Fauxdoris aus Leder und ein lange gehütetes Geheimnis

Seit gut 3 Jahren nehme ich teil an den Workshops von Leslie Marsh, meiner ungekrönten Königin der Buchbinder und einer Künstlerin zu 100%. Lange rätselte ich zuvor herum, wie und woraus sie ihre atemberaubenden Bücher herstellt, und ich machte Luftsprünge, als irgendwann der erste online Kurs im Internet angekündigt wurde. Das ersparte mir eine aufwendige und teure Reise in die USA, mit der ich mich bereits gedanklich befasst hatte.


In diesem Jahr ging es um die Herstellung eines Fauxdori, also einer Notizbuch-Hülle mit Gummiband-Bindung für circa 4 einzuhängende Hefte, die man als Kalender, Art Journal, Reisetagebuch oder was auch immer nutzen kann. Das fügte sich nahtlos zur Aktion der Sommer-Post vom Post-Kunst-Werk, dessen Thema diesmal die Herstellung ebensolcher Hefte für Sammelkladden war. 

Leslies Arbeiten sind anspruchsvoll und die Techniken gehen weit über Papierbasteleien hinaus. Von ihr habe ich schon vieles gelernt, auf das ich alleine gar nicht gekommen wäre. 






Für das Cover der Lederhülle hieß es nun, ein Schmuckelement aus Metall zu prägen und mit Harz auszugießen. Mein altes Stück Kupferblech trug Spuren von Eichenblättern der letzten Eco-Print-Session, die sich leider im Laufe der Bearbeitung verflüchtigten. Prägefolie aus Aluminium besaß ich glücklicherweise auch. Ich suchte meine Prägenadeln zusammen, Patina, Leder, Wollfilz für das Futter, Gummikordel, Perlen, Leinenfaden und eine Zick-Zack-Schere. Etikettenrahmen zu besorgen war nicht ganz so einfach, weil das Angebot der hiesigen Baumärkte nicht meinen Wünschen entsprach. Letztlich habe ich einen Satz in China bestellt. Die Lieferung kam früher an als erwartet.




Mit Blättern vom letzten Spaziergang, Gummirolle und Linoldruck-Farbe sind raffinierte Naturdrucke entstanden.  Sie zieren die Umschläge der Hefte, mit denen das Fauxdori bestückt ist. 




Stiftehalter, Lesezeichen und ein Reißverschluss-Täschchen aus in Schwarznuss-Tinte gefärbtem Stoff für Schreibzeug, lose Zettel und Visitenkarten machen das Buch komplett.



Die kleinere Buchhülle im Format für DIN A5-Hefte habe ich aus neuem Glattleder mit Wollfilzfutter angefertigt. Die große Hülle fasst Hefte im US-Format. Ich habe sie aus einer alten Wildlederweste geschnitten, die ich vor Jahrzehnten einem Jäger abgekauft hatte. Das ehemalige Futter der Weste, ein kräftiger Wollstoff, passt farblich und vom Material her so gut zum Leder, dass ich damit nun auch das Fauxdori gefüttert habe.

Wer von Leslies Arbeiten genau so fasziniert ist wie ich, kann DVDs der drei bisherigen Workshops bei Artful Gathering erwerben. – (Nein, ich profitiere nicht davon.)


Dienstag, 13. August 2019

Ein Heft für die Sommerpost-Kunst 2019

3 x im Jahr melde ich mich an zu den Post-Kunst-Aktionen von Tabea und Michaela. Es werden dort Teilnehmer-Gruppen zusammengestellt, die sich untereinander in einem festgelegten Zeitrahmen mit vorher verabredeten Papiergeschenken verwöhnen.

Diesmal galt es, ein einlagiges Heft zum Thema „Vögel“ im Format DIN A5 mit 20 Seiten und einem Umschlag anzufertigen, wobei trotz durchgehender Gestaltung dem Beschenkten genug Freiraum für eigene Eintragungen bleiben soll. Am Ende der Post-Tausch-Runde besitzt jede Teilnehmerin 7 Hefte, die sie in ihr Fauxdori oder Travellers Notebook einhängen kann. Diese Buchhülle mit eingearbeiteten Gummibändern stellt man sich selber her (oder kauft sich eine für viel Geld). Meine Mappe ist im Kopf schon fertig, mit der Umsetzung habe ich jedoch noch nicht einmal angefangen. Egal - mein Beitrag für die Gruppenmitglieder ist verschickt und hoffentlich auch wohlbehalten angekommen. Nun kann ich mich auf weitere Hefte von Mitstreiterinnen freuen, die nach mir auf der „Lieferliste“ stehen.

Ich habe diesmal auf meinen Fundus von meist sehr stabilen Kleisterpapieren in grau-pink zurückgegriffen, deren Herstellung ich euch schon gezeigt hatte. Ein paar dünnere Exemplare des Kleisterwerks habe ich doppelseitig mit Seidenpapier kaschiert. Das knistert interessant und fühlt sich gut an.


Auch bei der Motivgestaltung habe ich auf eine Technik zurückgegriffen, mit der ich erste Erfahrungen schon gesammelt habe und die sich hervorragend bewährt hat: erst Papiere bemalen, dann die benötigten Teile ausschneiden und zusammensetzen.


Das Erscheinungsbild vom Cover war schnell gescribbelt. Ein winziges Dummy half beim Abzählen der nötigen Motive und beim Layouten der Seiten. Mein Comic-Stil lässt sich auch diesmal nicht leugnen. Jeder Vogel guckt anders.



Die Innenseiten beflügeln die Empfänger meiner Hefte hoffentlich zu reichlich eigenen Notizen. Viel Spaß mit meinem Beitrag zur Sommer-Post-Kunst. 



Und drückt mir die Daumen, dass ich es schaffe, euch zum Ende der Aktion meine fertige  Lederkladde zeigen zu können.




Dienstag, 30. Juli 2019

Mitmachaktionen bei Heindesign

Alljährlich veranstaltet die Firma Heindesign verschiedene Mitmachaktionen und winkt zur Belohnung z.B. mit Einkaufsgutscheinen, Eintrittskarten fürs Stempel-Mekka in Hagen oder mit limitierten Sonderstempeln. Ich beteilige mich mittlerweile regelmäßig und habe auch schon ein paar nette Gewinne eingestrichen.

Zum Zitat „Man sieht nur mit dem Herzen gut“ aus dem Buch „Der kleine Prinz“ von Antoine de Saint-Exupéry sollte diesmal eine Postkarte angefertigt werden. Alle Teilnehmer erhalten zum Dank dafür einen eigens für dieses Projekt gestalteten Stempel. Im Anschluss werden die eingesandten Karten beim Fabrikfest der Firma ausgestellt. 

Meist fertige ich für solche Aktionen gleich 2 – 3 Postkarten im selben Stil an. Das mildert den Trennungsschmerz, denn man erhält seine Einsendung nicht zurück. So sieht mein Beitrag in diesem Jahr aus:


Ich bin mal wieder erst auf den letzten Drücker fertig geworden. Der Einsendeschluss ist gerade vorbei, aber eine andere Aktion läuft noch bis zum 31. Juli 2019. Wer schnell ist, kann zum Thema „Street Art“ draußen auf der Straße ein paar hübsche Stempelabdrücke hinterlassen, dann Fotos davon einsenden und auf einen fetten Gewinn hoffen.

Viel Glück!!


Montag, 22. Juli 2019

Japanisch gebundene Bücher - eindeutig nachgemacht!

Eigentlich wollte ich zu diesem Beitrag einen langen Bericht schreiben. Ich wollte von meinem Besuch bei Michaelas „Muster-Mittwoch live“ im Februar berichten, auf den ich mich gut vorbereitet hatte, aber dann kam alles anders. Ich wollte euch von meinen selbst entworfenen Fischstempeln erzählen, die mir nicht gefallen, weil sie mich an Zigarren, Zeppeline, Raketen oder Kinderkritzeleien erinnern. Ich wollte das Nachmachen verteidigen, auch wenn es in letzter Zeit geradezu verpönt ist, einen fremden Stil zu kopieren. Ich wollte euch deutlich machen, dass immer in der eigenen Soße zu dümpeln auch irgendwann keine Herausforderung mehr ist, und behaupte kühn, dass in manch nachgemachtem Projekt mehr Grips steckt, als in etwas selbst Erdachtem, das sich an momentaner Lust und vorhandenem Können orientiert.

Michaelas Studio in Bergisch Gladbach




Das Kopieren von Meisterwerken mit dem Ziel, die jeweiligen Maltechniken zu erlernen, war schon in der frühen Renaissance gängige Praxis unter den Schülern der großen Maler, allerdings erforderte das Nachempfinden von Farben, Stimmung und Pinselstrich jahrelange Geduld und Geschicklichkeit.

Wenn wir als Kleinkind nicht eifrig nachgemacht hätten, was andere uns vorgelebt haben, was wäre dann aus uns geworden? Erwachsenen ist es kaum bewusst, wie sehr sie von Eltern und Umfeld geprägt sind. 

Entwicklung baut auf bestehenden Grundlagen auf. Wir lernten schreiben, ohne selbst die Schrift erfunden zu haben. Wir bedienen Geräte, ohne sie selbst gebaut zu haben. Und wir wenden Techniken an, die aus fremden Köpfen stammen. 


„Man muss das Rad nicht neu erfinden“ sagte mein Chef in der Werbeabteilung und gab mir damit die Erlaubnis, nachzumachen was gerade im Trend lag. Auf Teufel komm raus innovativ sein zu wollen kann gründlich daneben gehen und für Experimente und Niederlagen ist in meinem Leben kaum Platz.

Japanische Buchbindung ist keine Erfindung von mir, die Fischstempel sind es auch nicht und blau ist sowieso nicht meine Lieblingsfarbe. Aber diese kleinen Alben in Michaelas Buch gefielen mir sehr und weil sie so brav daherkommen und jeder sie mag, wollte ich mich auch einmal daran versuchen. 




Ich besorgte blaues Umschlagpapier und passendes Buchbinderleinen, berechnete die bestmögliche Albumgröße in Bezug auf Verschnitt der Einlagepapiere und googelte nach Mustern für die Bindung. Ich berechnete die Endgrößen der Fischstempel, um einen harmonischen Rapport auf jeden Deckel meiner drei Journale drucken zu können und fertigte ein paar Probemuster an. Ich testete meine Lochwerkzeuge und entschied mich für die Zange von 1950, denn die Löcher der Crop-a-dile waren mir nicht fein genug. Als ich das Lochen der sechs Deckel mit Hilfe von vorbereiteten Schablonen, reichlich Muskelkraft und kleinen Tricks hinter mir hatte, war der Rest schnell erledigt und ich sehr zufrieden mit meinen nachgemachten Alben.






Warum es dann so lange gedauert hat, bis ich hier wieder etwas zeige? Nun, zeitweise wurde ich abgehalten von Dingen, die kein Mensch braucht, und dann wieder wollte ich Raumklima-Erwärmung mittels Inbetriebnahme meiner elektrischen Schreib- und Veröffentlichungs-Maschine vermeiden. Schon seit Susannes Asien-Monat lagen diese Fischbücher mit der japanischen Bindung bei mir auf Halde. Was für ein Glück, dass es bei der Papierliebe nun ums „Ozeaneum“ geht und ich meine Werke trotzdem noch bei ihr verlinken kann.