Mittwoch, 13. August 2025

Das Schwarzbuch der Farben in Theorie und Praxis

Wenn Kristina im Atelierhaus nicht damit angefangen hätte, dann wäre das alles nicht passiert. Ich hätte nicht tagelang Papiere bunt gemalt und auch nicht ewig daran gesessen, kleine Schnipselchen aus den entstandenen Bögen auszuschneiden, sie plangemäß aufzukleben und zu beschriften. Dann würde es aber auch dieses Album nicht geben und diesen Blogbeitrag und das wäre schade.


Ein Stück weit über den Tellerrand hinaus zu schauen ist immer gut. Einmal für das Thema sensibilisiert, fielen mir die Beiträge zur Farbtheorie regelrecht in den Schoß. Überall ploppten Abbildungen von Farbmischübungen und Proben auf – mal in Aquarell, mal in Acryl und auch in Form von Stift-Schraffuren. Plötzlich schien es, als hole jede, die einen Pinsel halten kann, ihren Malkasten hervor und tupfe die Farben der Reihe nach auf das Papier. Auch wenn ich vom Mal- und Zeichenvirus bislang noch nicht erfasst wurde, muss ich zugeben: für solcherart harmonische Musterblätter habe ich eine große Schwäche.







Ich merkte beim stumpfen Tun, dass ich die Genauigkeit hinten anstellen musste. Leicht könnte ich in ein Magnetfeld geraten und tröpfchenweise recherchieren was passiert, wenn ich Phthaloblau mal von der einen und mal von der anderen Firma verwende, denn die haben ja alle ihre eigene Rezeptur. Oder was kommt dabei raus, wenn ich stattdessen zu Azurblau oder Manganblau greife?? Und überhaupt: wie viel von der einen und der anderen Primärfarbe ergibt die exakte Sekundärfarbe? Schrecklich!! Ich dachte an Newton, Goethe, Itten und Küppers, die Jahre ihres Lebens damit verbracht haben, die Geheimnisse der Farbwelt zu ergründen. Nein, ich musste Toleranz üben, um zu überleben.






Zum Einstieg in die Farbtheorie beschäftigt man sich sinnvollerweise mit dem Farbkreis, basierend auf den drei Grundfarben Rot, Gelb, Blau – den Primärfarben, die sich nicht aus anderen Farben anmischen lassen. Es gibt nicht nur eine warme, sondern auch eine kalte Version - dann heißen die Farben Magenta, Yellow und Cyan. In der Druckindustrie kommt noch Schwarz/Key hinzu. Man arbeitet im Vierfarbendruck mit standardisierten CMYK-Farben nach einer Euroskala, in der alle Farbtöne prozentgenau festgehalten sind.

Mischt man jeweils zwei Primärfarben, so erhält man die Sekundärfarben Orange, Violett (Lila) und Grün. Wiederum gemischt kommt man zu den Tertiärfarben Gelborange, Rotorange, Rotviolett, Blauviolett, Blaugrün und Gelbgrün.

Viele kennen das Spiel aus Schulzeiten. Man lernt die Grundlagen, legt die Arbeiten in den Schrank und wird mit dem nächsten Thema konfrontiert. Ende. Nur wer gerne malt, wird automatisch wissen (wollen), was die einzelnen Farben alles können. Alsdann erweist sich, ob es wirklich nötig ist, das komplette Sortiment von Firma XY anzuschaffen, oder ob man sich die Zwischentöne nicht auch nach Wunsch selber mischen kann. Übung macht den Meister!








  

Noch ein bisschen Theorie, bevor ich wieder von der Praxis erzähle


Farbharmonien sind Farbklänge, die unabhängig vom jeweiligen Farbempfinden für das Auge des Betrachters besonders angenehm sind. Hilfestellung zum Finden solcher Kombinationen bieten Farbsysteme, die nicht nur für die Malerei, sondern auch in Raumgestaltung, Mode und Design gelten.

Einfach ist es mit der monochromen Harmonie, bei der man sich innerhalb ein und derselben Farbe bewegt, also z.B. Nuancen durch Aufhellen mit Weiß oder Brechen mit Schwarz erzeugt.

Von analoger Farbharmonie spricht man bei Kombinationen von Farben, die im Farbenkreis in unmittelbarer Nachbarschaft liegen und höchstens zwei Grundfarben beinhalten. Denkt an die Palette von Gelb - Orange - Rot - Lila oder an Gelb - Grün - Blau.

Gern und häufig kombiniert werden Komplementärfarben, die sich im Farbkreis gegenüberliegen und so den größtmöglichen Kontrast bilden. Entsprechende Bereiche stechen dabei besonders hervor, wie rote Blüten auf einer grünen Wiese.

Weil im Farbkreis einer Primärfarbe jeweils eine Sekundärfarbe gegenüberliegt, enthält die Mischung daraus alle 3 Grundfarben (jede Sekundärfarbe besteht ja aus 2 Grundfarben) und wird zu einem Grau- oder Braunton.

Harmonische Farbklänge entstehen auch, wenn du ein Dreieck in deinen Farbkreis zeichnest. Die Farben an den Spitzen des Dreiecks bilden die Triadische Harmonie.

Legst du ein imaginäres Quadrat in deinen Farbenkreis, erhältst du eine Tetradische Harmonie. Die Farben, die sich an Ecken der Figur befinden, sorgen zusammen für ein ausgewogenes Farbenspiel. Es sind im Grunde zwei Paare von Komplementärfarben.

Meine schwarzen Drehscheiben über den 18teiligen Farbkreisen haben darauf abgestimmte Aussparungen, damit ich auf einen Blick sehe, was zusammen passt.












Geht es um kühle oder warme Farben, so spricht man von Farbtemperatur. Unsere körperliche Reaktion und abgespeicherte Erfahrungen, das Licht und die Umgebungsfarben sind verantwortlich, wenn wir beispielsweise ein Blau als warm empfinden, das eigentlich im Farbkreis auf der kühlen Seite liegt. Wir denken bei Rot an Feuer, bei Grün an Gras, bei Gelb an Sonne und bei Blau an Wasser.

Schluss mit der Theorie! Jetzt geht es wieder um meine eigene Farbstudien


Es waren wohl weit über 300 Blätter in A5, die ich mit guten und schlechten Acrylfarben verschiedenster Markenhersteller und Billigfirmen bepinselt habe. Die Unterschiede sind gravierend. Pigmentreiche Farben von Amsterdam, boesner und Søstrene Grene kann ich guten Gewissens weiterempfehlen, die Farben von Tedi jedoch sind mittlerweile dermaßen grottenschlecht geworden, dass sie für gar nichts mehr taugen. Finger weg davon!! Jede Mark ist rausgeschmissenes Geld!! Vor Corona hatte ich gerne zu diesen Tuben gegriffen, aber die allgemeine Teuerung unter Beibehaltung von Preis und Menge ließ dem Hersteller wohl keine andere Wahl, als an der Qualität zu sparen. Die Pigmente wurden drastisch reduziert und mehr nutzloser Füllstoff unter die Farben gemischt. Mit so etwas kann man weder malen noch anmalen. Katastrophe!!

Hübscher Nebeneffekt: aus „nach-Corona-Tedi-billig-Orange“ und Schwarz wurde aufgrund miserabler Deckkraft ein streifiges Muster, das wunderbar an Holzmaserung erinnert.







Wie viel von jeder einzelnen Farbe nötig ist, um einen bestimmten Mischton anzurühren, ist abhängig von den Komponenten und deren Pigmentgehalt, deshalb lassen sich die Anteile pro Farbe nicht allgemeingültig festhalten - schon gar nicht, wenn man wie ich mal zu diesem und mal zu jenem Fabrikat greift. An dieser Stelle ist für mich wieder eine kleine Übung in Sachen Toleranz fällig.

Etliches aus der Farbtheorie war mir aus Schule und Berufsleben bereits bekannt. Mit der Lektion über Mutterfarben hat Kristina mir dann allerdings etwas völlig Neues beigebracht. Die Aufzeichnung des entsprechenden Zoom-Workshops findet ihr in der Farbküche des Atelierhauses, geöffnet 24/7.







Und noch was: Ich hasse Klebestifte.

  • Sie trocknen entweder ein oder sind irgendwie matschig.

  • Sie eignen sich nur für großflächige Bereiche – kleine Stellen gezielt mit Kleber zu versehen ist kaum möglich.

  • Bei einem Markenfabrikat befindet sich eine produktionsbedingte harte Kappe, die bei neuen Stiften erst einmal entfernt werden muss, um an den brauchbaren Bereich zu gelangen. (Warum schützt man die Oberfläche nicht stattdessen mit einer zusätzlichen Folie unter dem Deckel wie bei Margarine?)

  • Der nicht benutzbare Rest zum Wegwerfen, der in der Kapsel steckt, ist sehr groß.

Ich kam jedenfalls auf die Idee, alle meine miesen Klebestift-Kerne mit etwas Wasser in eine Weithalsdose (Ha-ha … ja … so heißt dieser Behälter wirklich … musste ich auch erst mal googeln.) zu geben. 30 Minuten aufweichen lassen, schütteln, fertig! Nun ist der Kleber ideal. Mit Pinsel aufgetragen auf mein Papierchen, mithilfe einer Pinzette verklebt, mit Küchentuch angedrückt …. sauber und frei von jeglicher Kleber-Glanzspur. Besser und einfacher geht es kaum.

Das war wieder mal ein langer Artikel. Unten kommen noch Bilder vom fertig gebundenen Album. Die Bindung ist eine Abwandlung aus Maikes Zierstich-Kurs in der Buch-Werkstatt vom Atelierhaus. Das Leinen für den Buchrücken war ursprünglich ein alter Rock von mir und in den Taschen, die vorne und hinten am Cover befestigt sind, stecken Schablonen, Vorlagen und Notizen.

Ich sage schon mal tschüs und verspreche, dass der nächste Blogbeitrag kürzer wird. Lasst gerne Kommentare da und genießt das Leben, solange es noch ohne Lampen und Heizung möglich ist.

ela













Sonntag, 2. Februar 2025

Das Rosenschlösschen – ein Miniatur Pop Up Buch

Es ist rund anderthalb Jahre her, da hatte ich in Japan drei verdammt teure Bausätze für Mini Pop Up Häuser bestellt. Zwei der daraus zusammengebauten Miniaturen wurden schon im letzten Jahr zu Weihnachten verschenkt und die Fotos davon bei Instagram hier und hier gezeigt.

Das dritte und aufwendigste Haus wollte ich für mich behalten. Es war kurz darauf schon nicht mehr im Programm des Herstellers, vielleicht, weil sich ein paar kleine Fehler in die Anleitung geschlichen hatten.







Mein Bastel-Kit enthielt mehrere sauber und präzise gelaserte Bogen voller winzigkleiner Stanzteile, die sich ganz leicht herauslösen ließen. Das stabile, schwarze Papier trug zusätzlich noch eine Prägung aus Rosenranken.

Neben reichlich doppelseitiger Klebefolie mit super Klebekraft beinhaltete das Set außerdem auch Schaumstoff-Klebeband als 3D-Abstandshalter, auf Format geschnittene Pappe, zwei Magnete für den Verschluss und bedruckten Karton mit erhabener, partieller UV-Lackierung für den Schuber - alles sehr akkurat. Eine mehrseitige, farbige Anleitung auf Japanisch und Englisch lag bei, allerdings war der Zusammenbau nach dieser Vorlage nicht ohne abstraktes Denkvermögen zu bewerkstelligen.

Bei all diesem Fisselkram war eine Lupenbrille und gutes Licht unentbehrlich sowie ein gewisses Maß an Fingerfertigkeit und Geduld.








Der Hersteller hat Videos vom Rosenschlösschen bei youtube eingestellt, die ich blöderweise erst nachträglich entdeckte. Auf seiner Übersichtsseite sieht man jede Menge der (damals) erhältlichen Modelle.









Auch bei Etsy findet man mittlerweile eine große Auswahl solcher Miniatur-Häuser, mal als Bastelset, mal fertig zusammengebaut und sogar sehr preiswert zum sofortigen Download und selber Ausdrucken. Ob der Versand nach Deutschland bei jedem Anbieter reibungslos funktioniert, müsst ihr bei Interesse recherchieren. Für meine Sendung aus Japan, die ich per Briefpost erhielt, wurde damals noch eine saftige Einfuhrumsatzsteuer fällig. Um Zollgebühren kam ich, soweit ich mich erinnere, gerade noch herum.










Schön, dass endlich wieder eins meiner Ufos geschafft ist, wenn auch nur ein ganz kleines. Parallel wurschtel ich ja immer wieder an Dingen herum, die ich jetzt noch nicht zeigen darf: ATCs und Osterkarten, Vorbereitungen für einen Workshop „9 Techniken Collagepapier zu machen“. Zwei verschiedene Bücher sind auch bereits halb fertig. Bis ich die Ergebnisse veröffentlichen kann, werden noch einige Wochen vergehen. Aber: »Langsam Patt kommt auch zur Stadt« hat die Oma immer gesagt. Rom wurde ja auch nicht an einem Tag gebaut. Gut Ding will Weile haben, also eile mit Weile, denn in der Ruhe liegt die Kraft und Gras wächst ja bekanntlich auch nicht schneller, wenn man daran zieht.  :-)

Macht es gut
ela



Sonntag, 22. Dezember 2024

Frohe Weihnachten 2024




Immobilien liegen voll im Trend. Die Postkunst bediente sich jüngst des Themas, der Einzelhandel hat sie zum Umsatzbringer der Saison erkoren, beleuchtet oder unbeleuchtet - schon immer sind sie für mich die Lustobjekte der Weihnachtszeit.

Lebkuchenhäuser liebe ich sehr. Sie bringen einen nostalgischen, gemütlichen Flair in die Wohnstube, riechen gut und schmecken lecker. Meist wage ich mich erst Monate nach dem Erwerb, an ihnen zu knuspern und zu knabbern. Mein Tipp: auch im Sommer schmecken sie noch hervorragend und sind eine willkommene Abwechslung auf dem Speiseplan, obgleich sie in der Nahrungskette weit unten angesiedelt sind. Kalorien hat Lebkuchen reichlich, er gilt aber als gesund.

Glücklicherweise werden Anwesen dieser Art vermehrt dem preisbewussten Heimwerker angeboten, der sich mit etwas Fleiß daran beweisen kann. Obschon solch ein Gewerk in Fertigbauweise gern krumm und schief daher kommt, entbehrt es doch nicht des Charmes, der ihm üblicherweise eigen ist.

Hier zeige ich euch voll Stolz mein jüngstes Bauwerk. Ja, ja … man könnte noch etwas üben, aber fällt euer Urteil mit Milde. Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen und früher war alles besser. Die prächtigen Villen der vergangenen Jahre kann sich heute doch keiner mehr leisten.





Ein schönes Weihnachtsfest und ein gutes neues Jahr wünscht

ela 

Mein Vorsatz: 2025 will ich versuchen, weniger Zeit vor dem Fernseher zu verbringen und stattdessen mehr von meinen UFOs abzubauen – eine Maßnahme, um meiner umständehalber drastisch verkürzten Kreativzeit entgegen zu wirken. Kleinkram hatte ich zwar immer wieder auf Instagram gezeigt, aber umfangreichere Themen, die einen größeren Aufwand lohnen, möchte ich nicht vernachlässigen.


Samstag, 19. Oktober 2024

Buchrezension: PAPIERE schöpfen & gestalten

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Plötzlich lag es im Briefkasten – ich hatte kaum noch daran gedacht. Jubel!! „PAPIERE schöpfen & gestalten“ aus dem Haupt Verlag ist da!! Obwohl ich die Grundlagen der Technik kenne, kam der Impuls gerade zur rechten Zeit und ich war neugierig, was Eva Hauck und Dorina Tessmann in ihrem Buch alles zeigen.




Gelesen war das Werk recht schnell (mit Heißhunger und Wissensdurst), die Umsetzung meiner zahlreichen Ideen lief dann aber nicht ganz so flott und um es gleich vorweg zu sagen: das letzte Foto muss ich euch schuldig bleiben. Meine Schale aus Papiermaché trocknet noch immer verträumt vor sich hin. Dazu aber später mehr.

Den Beitrag zum neu erschienenen Buch könnte ich mir diesmal einfach machen. Es gibt echt nichts zu meckern, obwohl ich ansonsten immer sehr kritisch bin in meinen Rezensionen.

Das Thema ist wunderbar übersichtlich gegliedert, sachlich und umfassend beschrieben und schnell verständlich für Anfänger und Ungeduldige wie mich. Es finden sich jede Menge Anregungen auch für Fortgeschrittene (Pulpe aus Pflanzenfasern ... ooooh, muss ich unbedingt noch machen!!!). Das Layout ist klar mit zahlreichen Abbildungen zum Arbeitsablauf.

Das viel diskutierte kleinere Format beim Haupt Verlag finde ich sehr handlich. Zum Blättern und Nachschlagen während der Arbeit ist es genial. Die Fadenheftung gibt dem Buch genügend Halt, auch wenn man den Rücken flach drückt, damit die Seiten offen liegen bleiben. Der Buchumschlag ist schmutzabweisend und weitgehend resistent gegen Wasserspritzer.

Sämtliche Arbeitsgeräte und sogar Fertigpulpe ist für die ganz Bequemen im Bastelladen um die Ecke oder per Onlinebestellung erhältlich. Viel mehr Spaß und Erfolgserlebnis bringt es jedoch, wenn man sich an die Anleitung im Buch hält. Eva Hauck und Dorina Tessmann beschreiben genau, wie auf einfache Art ein Schöpfrahmen und eine Presse gebaut werden, wie man kostenlosen Faserstoff gewinnt und was ansonsten noch fürs Papierschöpfen benötigt wird.

Schritt für Schritt wird das Schöpfen, Gautschen, Pressen und Trocknen vermittelt. Auch auf verschiedenste Ausgangsmaterialien, Färben und Imprägnieren sowie Verändern durch Einschlüsse und Prägen wird eingegangen.


Mein Album mit selbstgeschöpften Papieren von 1984


Für den Stern (Reihe 4, ganz rechts) habe ich damals beim Schöpfen 2 verschiedene Pulpen mithilfe eines Backförmchens getrennt.




 
Meine Erfahrungen im Papierschöpfen reichen zurück bis ins Jahr 1984, als ich die ersten Versuche in der hiesigen Volkshochschule unternahm. Wir bauten uns damals unsere eigenen Schöpfrahmen mit Gummiprofil und verwendeten „pürierte“ Eierkartons und eingeweichte, alte Zeitungen.

Seitdem hat sich in der großen, weiten Kreativwelt sehr viel getan, das Schöpfen von Papier aus selbst gemachter Pulpe läuft aber immer noch so ab, wie ich es von damals kenne.

Faserbrei aus kleingerissenen Kartons von Eiern aus Freilandhaltung (grün), Bio-Eiern (weißgrau) und Bodenhaltung (grüngelb)






Schon seit Monaten hatte ich verschiedenfarbige Eierkartons gesammelt. Nun hätte das Wetter nicht besser sein können, um mich auf der Terrasse auszubreiten. Ich legte einfach los, ohne mir Gedanken über Wasserpfützen und Pulpenspritzer machen zu müssen. Mit dem Buch in der Hand hatte ich eine gute Richtschnur für mein Vorgehen. Einschlüsse, Strukturen, Prägen … alles kein Problem.







Merkwürdig wurde es, als ich versuchte, die grüne Eierkarton-Pulpe mit Lebensmittelfarben einzufärben. Erst vorsichtig mit ein paar Tropfen, dann mit einem guten Schwups und zuletzt mit dem ganzen Inhalt des Fläschchens. Nichts ging. Hm … seltsam. Lag es am Gelb, das zu wenig Pigmente enthielt, um sich gegen das Grün zu behaupten? Lag es an den Fasern, die möglicherweise vorbehandelt waren, um resistent gegen Schmutz und Eiweiß zu sein? Ich versuchte es mit Rot. Wieder keine Veränderung sichtbar. Zum Schluss kippte ich gleichermaßen frustriert und beherzt die volle Pulle Grün in die Pulpe, aber auch das ergab keine Reaktion. Die Pulpe sah aus wie zuvor. Selbst nach dem Trocknen war kein Unterschied zu den vom Hersteller gefärbten Kartons erkennbar. Mist. – Fazit: Lebensmittelfarbe ist für das Färben von (farbigen?) Eierkartons völlig ungeeignet!!! Zumindest diese Sorte, die ich bei Penny gekauft hatte.

Lebensmittelfarbe, die Eierkartons nicht färbt

Weiße Fertigpulpe gibt es in Flocken und zu Platten gepresst. (Meine ist von Søstrene Grene.)

Ich musste mir etwas anderes einfallen lassen. Da war ja noch der gelbe Eierkarton und das gekaufte Fasermaterial. Um eine kleine Palette farblich abgestufter Papiere schöpfen zu können, mischte ich händchenweise Portionen vom grünen Faserbrei unter die weiße bzw. gelbe Pulpe und schöpfte auf diese Weise Blätter nach meinen Vorstellungen. Das funktionierte sehr gut.

Abmischungen weiß zu grün


Abmischungen gelb zu grün


Eine alte JEANS in Fetzen zerschnitten, zu Brei gehäckselt und geschöpft (z.T. mit Zwiebelschalen)



Pulpengemisch mit Jeansfasern





Was macht man jetzt mit all diesen wunderbaren Papieren? Das Buch bietet interessante Vorschläge, z.B. für Tüten, Dekorationsobjekte, Buchdeckel und Collagen. Über die Gestaltung schöner Grußkarten könnte man nachdenken. (Die im Buch sind mir zu simpel. – Ätsch!! Doch noch was zu meckern gefunden!) Objekte aus Pulpe und Papiermaché schließen sich an: Kerzenhalter, Schachfiguren und eine Schale.

Schriftproben auf Eierkarton. Tusche und Tinte bluten nicht aus. Imprägnieren ist hier unnötig.



Stichwort Schale … da wollte ich schlauer sein als Eva und Dorina und dachte, ich lasse die Vaseline weg, damit mein Endprodukt so sauber bleibt wie die geschöpften Blätter. Eine Woche trocknete die Schale aus den zusammengegossenen Pulperesten vor sich hin, bis sie äußerlich so aussah, als könnte ich sie leicht von der Glasschüssel abnehmen. Pustekuchen! Ich knibbelte mit spitzen Fingern vorsichtig am Rand entlang, aber die Masse haftete so fest am Untergrund, dass sie bald hier und bald dort abbrach. Nix zu machen. Mir blieb nur übrig, das komplette Teil noch einmal für ein paar Stündchen unter Wasser zu setzen, die aufgeweichte Pulpe erneut zu verquirlen, durch ein altes Tuch zu drücken und den Abdruck ein zweites Mal zu nehmen. Diesmal hielt ich mich zwar an die Anleitung im Buch, kann euch aber noch keinen Erfolg bestätigen. Oberflächlich sieht die Schale trocken aus, aber im Innern hält sich noch so viel Feuchtigkeit, dass ich befürchte, auch den nächsten Kampf gegen die Klebkraft zu verlieren, wenn ich nicht geduldig abwarte.

Versuch Nummer 1, schon ringsum abgebröckelt





Die Galerie am Schluss des Buches zeigt Sahnestückchen, für die man Erfahrung und Geduld braucht, um sie nachzuarbeiten. Wie ein Donnerschlag traf es mich plötzlich bei Anblick der aller-aller-letzten Abbildung. Tabea ist vertreten mit ihrem Regenbogenbuch. Yeah!! Das will ich auch!!




Da meine Versuche mit Lebensmittelfarben ein völliger Flopp waren (siehe oben), nahm ich meine mit den Fasern diverser Eierkartons und Fertigpulpe nach System gemischten Papiere für eine Grün-Version des Regenbogen-Meisterstücks.






Die Bindung meines Buches ist eine Abwandlung von Maikes Anleitung im Video zum gewebten Kettstich für Kristinas Atelierhaus. Statt dicker Lagen habe ich Einzelblätter mit versetzter Lochung eingebunden und dabei tschechisches (sehr dünnes) Stickgarn in Farben verwendet, die möglichst mit denen der geschöpften Papierbogen korrespondieren. Cool, oder?

Fadenbindung hält das Buch in Form




So, nun ist diese Buchrezension zu „PAPIERE schöpfen & gestalten“ von Eva Hauck und Dorina Tessmann schon fast etwas zu lang geworden. Danke, dass ihr trotzdem durchgehalten habt.

Zum Blättern gibt es hier noch einen aufschlussreichen Blick ins Buch. 

Ich bedanke mich beim Haupt Verlag sehr herzlich für die Zusendung und auch, weil er immer wieder solche tollen Titel herausbringt, über die ich schon etliche Rezensionen schreiben durfte.

Letzter Wink mit dem Zaunpfahl: Papiere kann man auch im Winter schöpfen und … Weihnachten kommt immer so plötzlich … 😉

Bleibt neugierig

ela