Mein 15ter Workshop bei Jeromin im vergangenen September sollte eigentlich nicht der letzte des Jahres werden. Das Virus hat meine persönlichen Pläne boykottiert und bedroht nun auch durch seine Zähigkeit Existenzen von Kreativen, die keine „Strafe Gottes“ verdient haben.
Wer hier öfter schon gelesen hat, weiß, dass ich begeisterter Fan von Jeromin bin, dem Werkladen in Mannheim, unweit vom HBF und Schloss. In enger Zusammenarbeit dazu steht das Textilstudio Speyer von Brunhilde. Beide Ateliers sind mit großen Tischen, guter Beleuchtung und einer Fülle von Materialien und Handwerkszeugen ausgestattet. Das Ambiente ist voller Charme - eine lebendige Werkstatt, in der mein Herz lacht und die Augen strahlen. Überschaubare Gruppengrößen ermöglichen hier störungsfreies Arbeiten und Lernen.
Man braucht kaum etwas mitzubringen, geht aber reich an neuem Wissen, mit vollen Taschen, neuen Plänen und in bester Stimmung wieder nach Hause. Die Herzlichkeit und Freude, mit der man von den guten Seelen des Hauses empfangen wird, ist echt. Sie sorgen liebevoll für alles, was dem erfolgreichen Gelingen und dem Wohlbefinden dient.
Der Erfahrungsschatz von Brunhilde, Fritz und Sabine (in alphabetischer Reihenfolge) ist enorm. Sie gehen mit ausführlichen Antworten auf jede Frage ein. Hervorragende Gastdozenten aus dem In- und Ausland ergänzen die Programmvielfalt.
Immer wieder werden Kurse zu Themen und Techniken angeboten, von denen ich noch nie zuvor gehört habe, vor allem im Bereich der Stoffgestaltung. Da Stoff und Papier Geschwister sind, die sich ergänzen und Mixed Media ohne Stoff sowieso nicht komplett ist, lasse ich meiner Neugier auf Unbekanntes gerne freien Lauf und nehme die Gelegenheiten wahr.
Eine ganze Reihe von Stammgästinnen trifft sich immer wieder bei den Kursen. Wir lieben es, hier das kreative Umfeld zu haben, in dem die Probleme draußen bleiben, wo man zu sich selbst finden kann, sich künstlerisch ausleben und Anerkennung unter Gleichgesinnten findet.
Ich hoffe, dass Corona schnellstens dahin zurückgeht, wo es hergekommen ist. Ich brauche es nicht. Ich will wieder meine Workshops bei Jeromin, die mir so viel mehr geben als „nur“ künstlerische Weiterbildung. Ein Wochenende dort ist eine Therapie für Geist und Seele. Man kehrt mit neuer Kraft und neuen Impulsen zurück, ohne sein Innerstes nach Außen kehren zu müssen – ganz ohne tiefenpsychologische Gespräche. Hoffen wir, dass bald wieder Kurse stattfinden dürfen!
Um „Tusche – Tinte – Erdpigmente“ ging es, als ich also zum vorerst letzten Mal das Vergnügen hatte. Fritz baute ein Buffet auf mit jeder Menge Töpfchen, randvoll mit Farbpülverchen: die Erdpigmente! Bei einem Spaziergang durchs Gelände und dem Einführungsgespräch veränderte sich schnell meine Sicht aufs Umfeld. Alte Ziegelsteinhäuser wurden zu Farben, die man zerstößeln, hacken, reiben und schlämmen kann. Von Stund an hatte ich ein neues Sammelgebiet: Ziegelreste.
Spazierweg auf Sylt |
Souvenirs von Sylt |
Ich brachte von Sylt keine Muscheln mit und keinen Sand. Auf der ganzen Insel lagen alte Ziegelreste - kostenlos in allen Schattierungen! Herrlich! Im Kurs hatten wir gelernt, daraus mit verschiedenen Bindemitteln wasserfeste und wasserlösliche Farben zu machen. Ade, du schnöde Acrylfarbe, willkommen ihr wunderschönen Natur-Töne!
Wir experimentierten mit Konsistenzen, Untergründen, Mischungen, Werkzeugen, und fertigten Musterblätter und Papiere an, aus denen ich später einen ganzen Stapel Hefte und Bücher machte – viel zu viel für einen einzelnen Blogbeitrag, darum gibt es bald „Erdfarben – Folge 2“.
Der Umschlag meines Papier-ABCs besteht aus einem gefalteten A4-Bogen von bemaltem Druckerpapier, den ich auf festeren Karton geklebt habe. Was im Inhalt steht, könnt ihr bei Wikipedia nachlesen, da habe ich nämlich den Text kopiert, schön formatiert und auf 18 Seiten ausgedruckt. So habe ich das Wissen zum Thema Papiersorten, Gewichte und Inhaltsstoffe stets zur Hand.
Der grobe Stoff, den ich mit Erdtönen bemalt hatte, wurde nach dem gleichen Prinzip zu einem Heft. Eine alte Holzleiste aus der Grabbelkiste schien mir gut dazu zu passen. Der Inhalt besteht hier aus meinem immer wieder gerne genommenen Packpapier, das ich in völlig unterschiedlichen Größen grob geschnitten und eingenäht habe.
Als Brunhilde am nächsten Tag in ihrem Hexenkessel Walnusstinte kochte und eine Auswahl von Pflanzenfarben bereitstellte, war ich schon so auf Erdtöne fixiert, dass mir Rot, Blau und Violett viel zu bunt waren.
Aber eine Zauberei hat meinen Spieltrieb dann doch noch beflügelt. Granatapfelsud auf Aquarellpapier mit Eisensulfat- und Titanoxalat-Beize zu bearbeiten schafft Möglichkeiten, die allein schon wieder Potenzial für einen ganzen Workshop bieten würden. Dahinter steckt über Jahre zusammengetragenes Wissen, dass in den Kursen bei Jeromin weitergegeben wird. Ich zeige hier mein Heft, das aus einem einzigen bemalten und gefalteten Bogen besteht mit eingenähten Seiten aus Schreibpapier.
Leider dürfen Sabine, Fritz und Brunhilde momentan keine Kurse durchführen, aber sie bieten Materialpakete mit ausführlichen Beschreibungen für „Workshops zuhause“ an und sogar einen Online Workshop. Schaut doch mal in ihren Shop. Da gibt es Angebote für Kreative, die weit über das Niveau vom üblichen „Basteln“ hinaus gehen und trotzdem leicht umzusetzen sind. Ihr unterstützt mit eurem Einkauf Menschen, die es verdienen und in diesen beschissenen Zeiten hart kämpfen müssen. Herzensgute Menschen - keine Großkonzerne!
Und diese Werbung ist keine Werbung sondern ein Versuch, an Weihnachten etwas Gutes zu tun.