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Sonntag, 27. Dezember 2020

Erdfarben – Folge 1 - Das Glück liegt auf der Straße!

Mein 15ter Workshop bei Jeromin im vergangenen September sollte eigentlich nicht der letzte des Jahres werden. Das Virus hat meine persönlichen Pläne boykottiert und bedroht nun auch durch seine Zähigkeit Existenzen von Kreativen, die keine „Strafe Gottes“ verdient haben. 

Wer hier öfter schon gelesen hat, weiß, dass ich begeisterter Fan von Jeromin bin, dem Werkladen in Mannheim, unweit vom HBF und Schloss. In enger Zusammenarbeit dazu steht das Textilstudio Speyer von Brunhilde. Beide Ateliers sind mit großen Tischen, guter Beleuchtung und einer Fülle von Materialien und Handwerkszeugen ausgestattet. Das Ambiente ist voller Charme - eine lebendige Werkstatt, in der mein Herz lacht und die Augen strahlen. Überschaubare Gruppengrößen ermöglichen hier störungsfreies Arbeiten und Lernen. 

Man braucht kaum etwas mitzubringen, geht aber reich an neuem Wissen, mit vollen Taschen, neuen Plänen und in bester Stimmung wieder nach Hause. Die Herzlichkeit und Freude, mit der man von den guten Seelen des Hauses empfangen wird, ist echt. Sie sorgen liebevoll für alles, was dem erfolgreichen Gelingen und dem Wohlbefinden dient.

Der Erfahrungsschatz von Brunhilde, Fritz und Sabine (in alphabetischer Reihenfolge) ist enorm. Sie gehen mit ausführlichen Antworten auf jede Frage ein. Hervorragende Gastdozenten aus dem In- und Ausland ergänzen die Programmvielfalt. 

Immer wieder werden Kurse zu Themen und Techniken angeboten, von denen ich noch nie zuvor gehört habe, vor allem im Bereich der Stoffgestaltung. Da Stoff und Papier Geschwister sind, die sich ergänzen und Mixed Media ohne Stoff sowieso nicht komplett ist, lasse ich meiner Neugier auf Unbekanntes gerne freien Lauf und nehme die Gelegenheiten wahr. 

Eine ganze Reihe von Stammgästinnen trifft sich immer wieder bei den Kursen. Wir lieben es, hier das kreative Umfeld zu haben, in dem die Probleme draußen bleiben, wo man zu sich selbst finden kann, sich künstlerisch ausleben und Anerkennung unter Gleichgesinnten findet.

Ich hoffe, dass Corona schnellstens dahin zurückgeht, wo es hergekommen ist. Ich brauche es nicht. Ich will wieder meine Workshops bei Jeromin, die mir so viel mehr geben als „nur“ künstlerische Weiterbildung. Ein Wochenende dort ist eine Therapie für Geist und Seele. Man kehrt mit neuer Kraft und neuen Impulsen zurück, ohne sein Innerstes nach Außen kehren zu müssen – ganz ohne tiefenpsychologische Gespräche. Hoffen wir, dass bald wieder Kurse stattfinden dürfen!




Um „Tusche – Tinte – Erdpigmente“ ging es, als ich also zum vorerst letzten Mal das Vergnügen hatte. Fritz baute ein Buffet auf mit jeder Menge Töpfchen, randvoll mit Farbpülverchen: die Erdpigmente! Bei einem Spaziergang durchs Gelände und dem Einführungsgespräch veränderte sich schnell meine Sicht aufs Umfeld. Alte Ziegelsteinhäuser wurden zu Farben, die man zerstößeln, hacken, reiben und schlämmen kann. Von Stund an hatte ich ein neues Sammelgebiet: Ziegelreste. 


Spazierweg auf Sylt

Souvenirs von Sylt



Ich brachte von Sylt keine Muscheln mit und keinen Sand. Auf der ganzen Insel lagen alte Ziegelreste - kostenlos in allen Schattierungen! Herrlich! Im Kurs hatten wir gelernt, daraus mit verschiedenen Bindemitteln wasserfeste und wasserlösliche Farben zu machen. Ade, du schnöde Acrylfarbe, willkommen ihr wunderschönen Natur-Töne! 




Wir experimentierten mit Konsistenzen, Untergründen, Mischungen, Werkzeugen, und fertigten Musterblätter und Papiere an, aus denen ich später einen ganzen Stapel Hefte und Bücher machte – viel zu viel für einen einzelnen Blogbeitrag, darum gibt es bald „Erdfarben – Folge 2“.












Der Umschlag meines Papier-ABCs besteht aus einem gefalteten A4-Bogen von bemaltem Druckerpapier, den ich auf festeren Karton geklebt habe. Was im Inhalt steht, könnt ihr bei Wikipedia nachlesen, da habe ich nämlich den Text kopiert, schön formatiert und auf 18 Seiten ausgedruckt. So habe ich das Wissen zum Thema Papiersorten, Gewichte und Inhaltsstoffe stets zur Hand.





Der grobe Stoff, den ich mit Erdtönen bemalt hatte, wurde nach dem gleichen Prinzip zu einem Heft. Eine alte Holzleiste aus der Grabbelkiste schien mir gut dazu zu passen. Der Inhalt besteht hier aus meinem immer wieder gerne genommenen Packpapier, das ich in völlig unterschiedlichen Größen grob geschnitten und eingenäht habe.



Als Brunhilde am nächsten Tag in ihrem Hexenkessel Walnusstinte kochte und eine Auswahl von Pflanzenfarben bereitstellte, war ich schon so auf Erdtöne fixiert, dass mir Rot, Blau und Violett viel zu bunt waren.



Aber eine Zauberei hat meinen Spieltrieb dann doch noch beflügelt. Granatapfelsud auf Aquarellpapier mit Eisensulfat- und Titanoxalat-Beize zu bearbeiten schafft Möglichkeiten, die allein schon wieder Potenzial für einen ganzen Workshop bieten würden. Dahinter steckt über Jahre zusammengetragenes Wissen, dass in den Kursen bei Jeromin weitergegeben wird. Ich zeige hier mein Heft, das aus einem einzigen bemalten und gefalteten Bogen besteht mit eingenähten Seiten aus Schreibpapier. 






Leider dürfen Sabine, Fritz und Brunhilde momentan keine Kurse durchführen, aber sie bieten Materialpakete mit ausführlichen Beschreibungen für „Workshops zuhause“ an und sogar einen Online Workshop. Schaut doch mal in ihren Shop. Da gibt es Angebote für Kreative, die weit über das Niveau vom üblichen „Basteln“ hinaus gehen und trotzdem leicht umzusetzen sind. Ihr unterstützt mit eurem Einkauf Menschen, die es verdienen und in diesen beschissenen Zeiten hart kämpfen müssen. Herzensgute Menschen - keine Großkonzerne!

Und diese Werbung ist keine Werbung sondern ein Versuch, an Weihnachten etwas Gutes zu tun.



Donnerstag, 24. Dezember 2020

Frohe Weihnachten .... jetzt erst recht!

 



Ist sie nicht süß, die Hexe mit dem Hypnoseblick?


Montag, 21. Dezember 2020

Advent-Post-Kunst im Glasscheibendruck

264 Anmeldungen zur Postkartenaktion von Tabea und Michaela – das ist ein neuer Rekord. In 11 Gruppen aufgeteilt ist die Aufgabe für die Teilnehmer, Impressionen eines Winterspazierganges mittels Glasscheibendruck festzuhalten. Ich bin dem 21. Dezember in Gruppe 5 zugeteilt, um den Frauen auf meiner Liste mit meiner Interpretation eine Freude zu machen. Zwei Teilnehmerinnen aus der Schweiz und sogar eine aus den USA sind dabei, deren Karten ich natürlich schon einige Tage früher verschickt habe.

Im neuen Buch aus dem Haupt Verlag, „Schöne Post“, wird der Glasscheibendruck genauer erklärt. Für meine Rezension habe ich ihn sofort ausprobiert. Es ist eine schöne, einfache Technik, die leicht von der Hand geht und für die man kaum spezielles Werkzeug benötigt. 



Man trägt mit einer Walze eine dünne Schicht Linoldruckfarbe auf eine Glasplatte auf, legt ein Papier darüber und zeichnet etwas mit einem Stift oder Hölzchen auf die Rückseite. Nimmt man das Papier von der Glasscheibe, so hat sich die Farbe an den Druckstellen übertragen. Experimente mit unterschiedlichen Werkzeugen ergeben unterschiedlich breite Linien oder Strukturen. 





Andere Möglichkeiten sind z.B., direkt in die Farbe hinein zu kratzen, eine Schablone zu verwenden oder Drucke vom Negativ zu ziehen, welches nach dem ersten Abzug auf der Glasscheibe zurück bleibt. Weil die Wege zur Gestaltung so vielfältig sind, böte sich die Arbeit in der Gruppe an, also mit echten, kreativen Menschen gleichzeitig in einem Raum an einem Tisch. Wie wunderbar wir uns da doch gegenseitig inspirieren könnten. Nun, die Linkparty beim Post-Kunst-Werk läuft, aber jemandem direkt auf die sich bewegenden Hände zu schauen, zu hören, was gesagt wird, und den Werdegang live zu beobachten, dass lässt sich nicht so leicht ersetzen. Hoffen wir, dass der Mist da draußen bald ein Ende hat.




Ich schweife ab. Dieses ewige Grau vor dem Fenster war und bin ich total leid. Wochenlang nur Dunst, Nebel, Nieselregen. Ich wollte von meinem Spaziergang nicht nur meine Lieblings-Blattform mitbringen, das Eichenblatt, sondern auch mein Lieblingswetter, den Sonnenschein. So ist es mir mit meinem Gelb wohl diesmal tatsächlich gelungen, einer der wenigen Quertreiber unter den Teilnehmern zu sein. Wer hätte auch gedacht, dass sich endlich einmal alle an die Vorgaben halten – außer ich? Winterfarben sollten es sein, diese Töne, die ich seit Wochen vor dem Fenster hatte. Meine Stimmung war ähnlich der auf meiner 36 Stunden Fahrt durch Südchina, bei der hinter jedem Tunnel immer wieder nur Reisfelder auftauchten, obwohl ich mir so sehr gewünscht hatte, endlich Häuser zu sehen und am Reiseziel anzukommen. Eine Qual! - Aber schon wieder schweife ich ab. 





Nachdem meine Drucke fertig waren, schnitt ich sie auf die vorgegebene Größe, klebte sie auf Karton und umnähte das Ganze mit der Maschine. Die Rückseiten brauchten noch Briefmarken, Texte und Adressen ohne Schnörkel, damit die Post diesmal nicht wieder schreddert, was die Maschine nicht lesen kann. Einziges Risiko: die Karten sind von zu nassem Kleber leicht wellig geworden. Ich hoffe, das Transportband kommt damit zurecht.





Mein Briefkasten hatte sich schon gut gefüllt, als ich nach 2,5 Wochen zurück nach Hause kam. Bei der Sichtung der Eingänge fehlte leider Karte 14 aus Würselen und der Beitrag zum 24. Dezember, der wohl noch kommt. Einen ganz lieben Dank in die Runde. 

Hier seht ihr alle Karten, die den Weg zu mir gefunden haben. Gerade die Gesamtansicht gefällt mir so gut, dass ich wohl ein Leporello daraus binden werde, um sie immer wieder als Galerie aufstellen zu können. 





Mittwoch, 16. Dezember 2020

Beutelbuch in Leder nach Art des Hauses

Aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Coronabedingt fand ein paar Monate nach dem ursprünglich gebuchten Termin endlich im Spätsommer mein 3-Tages-Kurs bei einem Buchbinder in Mainz statt. Nach vielen freien, kreativen Arbeiten wollte ich einmal ganz fachgerecht ein Buch auf traditionelle Art binden. Es sollte ein Beutelbuch werden.

Ich war die einzige Teilnehmerin. Mir fehlte die Geselligkeit, Ideenvielfalt und Impulse anderer, so dass der übliche Spaß etwas auf der Strecke blieb. Von Tag zu Tag verstärkte sich das Gefühl, wieder ein Lehrling zu sein.




Mit einer selbstgebauten Anschlaghilfe wurde das Papier für die Innenseiten am Reißlineal entlang auf Format gebracht, damit es einem Büttenrand ähnlich sieht. Mein Buchblock sollte 9 x 11 cm groß werden.



Die einzelnen Lagen wurden auf Leinenband geheftet, der Rücken mehrfach geleimt, gepresst und in eine runde Form gebracht. Ich lernte „Falsche Bünde“, Pappen zum Ausgleich der Lederdicke und Aussparungen für die Metall-Schließe anzubringen. Jede Menge Ticks, mir bereits bekannte und viele völlig neue, kamen bei jedem Schritt hinzu. Leider fehlte die Zeit, alles schriftlich festzuhalten.





Das Stechen des Kapitalbandes hatte ich mir schwieriger vorgestellt, zumal meine Unregelmäßigkeiten hinter der Verkleidung verschwanden. 



Ich hatte in den 80er Jahren schon mal in einem VHS-Kurs ein Beutelbuch aus kunststoffbeschichtetem Stoff angefertigt. Das Material klebt mittlerweile ganz ekelig, weil sich während des Alterungsprozesses Weichmacher gelöst haben. Die Machart ist simpel, der Buchblock ein Fertigprodukt. Ich war damals schon nicht besonders glücklich mit dem Ergebnis. Wenn ich euch die beiden Exemplare mal zum Vergleich in die Hand geben könnte, würdet ihr den krassen Unterschied erkennen. Es liegen Welten dazwischen und knapp 40 Jahre.



Zu Hause habe ich den Umschlag meines neuen Beutelbuches mit dem Brennpeter (lötkolbenartiges Gerät für Bandmalerei) bearbeitet. Der heiße Stift schmort Leder, Kork und Holz dunkelbraun. So lassen sich auf einfache Weise mit Hilfe einer Metallschiene Linien, aber auch Ornamente brennen. Ein paar Schmuckelemente aus Metall und Polsternägel geben dem Ledereinband den letzten Schliff.







Mein neues Beutelbuch hat eine Größe von 10 x 13 cm und eine Gesamthöhe von  35,5 cm. Es ist leer - jede Menge unbeschriebene Seiten - und etwas sperrig. Ob ich jemals etwas hineinschreibe? Jetzt hängt es erst einmal mangels Wohnraum neben dem Besen hinter der Tür. Egal.