Mittwoch, 26. Mai 2021

Mittwochsmix Schnipsel+Nachhaltigkeit = Ein Knopfkartenbuch

Wiedermal sind es Äußerlichkeiten, die verhindern, dass ich ein altes, zerschundenes Buch in den Müll werfe. Entkernt und runderneuert ist ein Knopfkartenbuch daraus geworden und das ging so:



Ich habe den Buchblock mit einem Cuttermesser am Vor- und Nachsatz aus dem Umschlag geschnitten. Die alten Seiten können später bei anderen Projekten Verwendung finden.

Von innen wurde der Lederrücken zur Stabilisierung mit Gaze beklebt und dann mit schwarzem Gesso überpinselt. Im Anschluss habe ich die inneren Umschlagseiten mit Spiegeln aus CitroSolv-Papier beklebt. Auf alt gemachte Metallecken und ein Metallrahmen gefielen mir gut dazu.

Alte Knöpfe mit Erinnerungswert habe ich auf hübsche Postkarten genäht. Beides hatte sich über die Jahre in viel zu großen Mengen in den Schränken angesammelt und würde wohl kaum noch jemals seiner ursprünglichen Bestimmung zukommen. Ich sage nur: eMails und Kartenbasteln. Und für den Fall, dass mal ein Knopf an einem Kleidungsstück fehlt, ist immer noch reichlich Nachschub vorhanden. 

Oben ein Loch in die Karten stanzen und hinten ein Loch mit Öse in den Buchrücken machen. Buchring durch, auffädeln und freuen.






Wenn das mal nicht nachhaltig ist, liebe Susanne und Michaela, dann weiß ich auch nicht weiter. Ach ja, der Schnipsel, der in diesem Monat als zweites Schlüsselwort beim MittwochsMix Verwendung finden sollte, der steckt vorne im Rahmen. Ich habe in Kurrent das Wort „Knöpfe“ draufgeschrieben. Hoffentlich zählt das  ;-)





Freitag, 21. Mai 2021

Extrapost 2021 - Das Insektenalbum mit Raupenbindung

Wisst ihr noch? Anlässlich der Frühlingsaktion vom Post-Kunst-Werk hatte ich Tauschpartner für meine überzähligen Collagrafien gesucht. Für diese Extrapost sind auch Extra-Begleitkarten entstanden. Um das Trio zu vervollständigen, gesellte sich so zu dem vorhandenen Buchdrucker und der Bücherlaus nun auch eine Blattlaus.

Von der Abbildung im Lexikon über Durchzeichnung, Collagrafie aus Karton und Schnur, Versiegelung mit Firnis, bis zur lädierten Druckform.

Nicht immer sind die Drucke so schön wie die Druckform verspricht. Meine zarte Blattlaus gleicht eher einer fetten Motte.


Weil die Druckform mangels feuchtigkeitsresistenter Beschichtung schon nach wenigen Drucken Schäden an den filigranen Flügeln davon trug, kam noch eine Schaumzikade hinzu, sinnigerweise angefertigt aus Moosgummi – auch eine Art Schaum ;-)  

Ich weiß nicht, warum mich die Drucke an DDR-Design erinnern. Vielleicht liegt es an den Farben oder der fehlenden Modulation? Vielleicht sind es verschüttete Kindheitserinnerungen? Mir gefällt das jedenfalls.




Rund 4 Wochen brauchten meine mit Tiefdruckfarben gedruckten Doppelbogen der Insektenpost zum Trocknen. Ich hatte damals ja kurzfristig für meine Gruppe eine Serie in Acryl nachgedruckt, weil die Zeit drängte. (Wer die Geschichte nicht kennt, kann sie gerne mal lesen.) Man erkennt deutlich, wie unterschiedlich dick und deckend die Farben sind.


Drucke der Bücherlaus mit Tiefdruckfarbe (links) und Acrylfarbe (rechts) zum Vergleich nebeneinander.

Da auch meine Buchdruckerform aufgrund der Auflagenhöhe (44 Druckvorgänge) mehr und mehr litt, war noch einiges an Arbeit nötig, bevor die Extrapost verschickt werden konnte. So spendierte ich dem Käfer zum Beispiel einen Satz neuer Beine aus Moosgummi (im Bild unten rot). Damit gefiel mir das Tier sogar besser als ursprünglich. Ich aquarellierte einige Hintergründe sandfarbig oder malte die Körper aus. Das Insekt hat auf diese Weise von der ersten bis zur letzten Auflage eine regelrechte Verpuppung durchgemacht.





Nach und nach trudelten nun die Briefe meiner Tauschpartnerinnen ein. Teilweise passten sie wegen ihres Formates nicht durch den Briefschlitz, sondern standen eine Weile zur Freude der restlichen Hausbewohner oben auf dem Postkasten. Dicke Käfer, kleine Käfer, Wildblumenwiesen, Schmetterlinge und ein wunderschöner, genähter Briefumschlag mit Glasscheibendruck. Jede Überraschungstüte war es wert, aufbewahrt zu werden.

Eine wahre Pracht!


Ich wollte auf jeden Fall alles zusammenlassen, was da geschickt kam, und baute deshalb die Umschläge zu Mappen um. Ich schnitt die Kuverts an 3 Seiten auf, trimmte hier und da auf passendes Maß und klebte Begleitpost, Tütchen, Schnipsel und Bänder in die Innenseiten der Briefumschläge, so dass auch die Grußworte noch lesbar blieben.




Das Cover meines Albums sollte eine Raupenbindung bekommen. Wenn nicht jetzt, wann dann? Raupen und Wildblumen, so war der Plan.


Die Acrylmalerei hielt auf dem kaschierten Karton nicht gut, deshalb habe ich alles mit Packpapier überklebt und die Blumenwiese aus bemalten Papieren geschnitten. Am nächsten Tag gefiel mir auch das Packpapier nicht mehr, also habe ich wieder alles mit Acrylfarbe überstrichen.


Wenn ich im Bastelfieber bin, ist essen zweitrangig. Höchste Konzentration ist vonnöten, um Pinselwasser und Grapefruitsaft nicht zu verwechseln.


Die Anleitung zur Raupenbindung findet man unter Caterpillar Binding in englischsprachigen Internetseiten. Natürlich habe ich mich ein paar mal verwickelt, aber wenn der Anfangsknoten sitzt, ist der Rest ganz einfach.






Danke an meine Tauschpartnerinnen für all die Mühe, besonders für kalligrafische Genüsse, Extra-, Doppel- und Ausklappseiten, Transparente, Tütchen, Lesebändchen, wunderschöne Umschläge, Begleitkärtchen, Genähtes, Angeheftetes, Versiegeltes, Geprägtes, Vergoldetes, Gestempeltes und Gemaltes. Jedes Stück ist nun eingebunden und wird für immer eine schöne Erinnerung bleiben. DANKE EUCH!






Samstag, 1. Mai 2021

Papier marmorieren – eine Buchrezension und die Odyssee der ersten Erfahrungen

Alte Bücher faszinieren mich nicht wegen ihres Inhalts – nein, ich gebe offen zu, ich fahre voll auf Äußerlichkeiten ab. Ein schöner Einband, dicke Bünde, Vorsatz aus Marmorpapier und verzierter Buchschnitt – da schlägt mein Sammlerherz Alarm.



Gibt es jemanden, der kein Marmorpapier mag? Ich liebe es und fürchte, mein Bericht wird lang, also nehmt euch Zeit zum Lesen. Ich habe intensiv recherchiert und ausprobiert, manche Hürden genommen, Fehlschläge erlebt und Erfahrungen gemacht. Ich werde einen neuen Anlauf nehmen. Es muss besser gehen! Bald. - Aber fangen wir erst einmal ganz vorne an.

Zur Vorbereitung las ich mich quer durch meine vorhandene Lektüre zum Thema Marmorieren – Anzahl: 3. In einem kleinen Bastelheft stand, das Verfahren stamme aus dem 17./18. Jahrhundert, war äußerst kompliziert und wurde nur von eingeweihten Spezialisten beherrscht. Man empfiehlt, als Basis Tapetenkleister zu nehmen. Huch! Ohne mich. Kleisterpapier ist wunderschön, zum Marmorieren ist dieser Trägergrund aber allerhöchstens ein Notbehelf.

Mein Taschenbuch hielt schon deutlich aussagekräftigere Informationen bereit. Hier war allerdings von in Alkohol gelöster venezianischer Seife, Formalin, Knorpeltang, Borax, Gallewasser, Seifenspiritus und sogar von Salzsäure die Rede. Dieser Griff in die Tiefen der Alchemie erstickte meinen Tatendrang schon damals in den 80ern abrupt im Keim, so dass mir nichts anderes übrig blieb, als eins der Komplettsets zum Marmorieren zu kaufen, in dem alle Materialien einschließlich Papier und Farben enthalten waren. Zwar funktionierte das wohl (ich weiß nicht mehr wie gut), stillte aber nicht gänzlich meinen ursprünglichen Wunsch, Marmorpapiere auf unkomplizierte Art mit klar definierten Bestandteilen anzufertigen, also ohne „Fertigmischung im Bastelpack“.

Das dritte Buch in meinem Bestand erschien vor genau 30 Jahren, also 1991 bei Haupt und heißt „Die Kunst des Marmorierens“. Der Japaner Einen Miura zeigt eine Auswahl seiner Sammlung, die aus rund 10.000 Blatt teils uralter Marmorpapiere mit etwa 400 verschiedenen Musterungen besteht. Er vermittelt Hintergrundwissen zur Geschichte und Herstellung. Demnach entwickelte sich das Marmorieren von Papier aus dem Suminagashi. Auch in diesem Buch ist die Rezeptur erschreckend, weil viel zu aufwendig und kompliziert für jemanden wie mich, der nur einfach ein paar Mal einen Stapel richtig schönes Marmorpapier machen will und sich dann wieder anderen Fassetten des Hobbys zuwendet.

Kürzlich erschien nun „Papier marmorieren“ von LucyMcGrath im Haupt Verlag, dass ich freundlicherweise zur Rezension erhalten habe. Großformatige Abbildungen zeigen wunderschöne Marmorpapiere in klaren, frischen Farben. Ein Augenschmaus! Alle Arbeitsgänge werden detailliert, übersichtlich und leicht nachvollziehbar beschrieben. Die Anleitung für Anfänger und Fortgeschrittene schließt Farbenlehre, Moodboard und raffinierte Techniken auf Werkstoffen wie Stoff, Kork, Leder, Holz und Keramik mit ein. Am Schluss finden sich nützliche Hilfen zur Fehlerbehebung.






Die Autorin will das vom Aussterben bedrohte Handwerk wiederbeleben und in einem modernen Licht zeigen. Das gelingt ihr hervorragend. Schlichte Objekte, überzogen mit fließenden Schlieren und Wirbeln als Beispiele von Nützlichem und Schönem, das durch die Musterung erst aufgewertet wird. Klares Layout mit luftigen Freiräumen und übersichtlicher Gliederung, so vermittelt schon das äußere Erscheinungsbild des Buches die Ruhe und Unkompliziertheit, mit der man sich gerne der Arbeit widmet.

Ich schöpfte Hoffnung. Finde ich hier, was ich suche? Eine einfache Anleitung zum perfekten Marmorpapier, das genauso wunderschön ist wie die Vorbilder im Buch?

Etliche Vorarbeiten waren nötig, bevor es losgehen konnte. Ich besorgte destilliertes Wasser, Alaun und Carrageen, fertigte aus Wellpappe und Zahnstochern Kämme zum Mustern an und suchte einen ordentlichen Schwung verschiedener Papiersorten zum Ausprobieren zusammen. Diese Papiere mussten alle mit Alaun gebeizt werden. Aus den Resten meines uralten Marmoriergrundes setzte ich eine Schlichte an und lies sie über Nacht ruhen. Anderntags verwendete ich für den Einstieg zur Sicherheit erst einmal meine bewährten Marmorierfarben aus dem Komplettset von 1985 in einer kleinen Schale für DIN A5 Papiere. Trotz ihres Alters ließen sich die meisten Farben problemlos steuern und hatten eine gute Deckkraft.








Alle Einzelheiten kann ich hier nun leider nicht aufschreiben; die Erfahrungen, die ich am Ende des Tages gesammelt hatte, mussten jedenfalls erst mal verdaut werden. Manche Farbmusterungen zerrissenen beim Abspülen. Sie flossen in großen Fetzen vom Papier und ich wusste nicht warum. Ich traute mich in Folge dessen kaum noch, das Papier nach dem Bad vernünftig abzuspülen mit dem Ergebnis, dass die ganze Pracht beim Trocknen Risse bekam und aufplatzte wie getrockneter Wüstensand nach einem Regen. Übrig gebliebene Anzahl brauchbarer Papiere: 4 von 50 Stück. Wahrscheinlich war die Schlichte deutlich zu dick.




Am 2. Versuchstag setzte ich meine Schlichte aus frisch gekauftem Carrageen penibel genau nach Rezept im Buch an. Hier gibt es ein dickes Problem. Lucy McGrath empfiehlt eine von drei möglichen Sorten Carrageen. Bei meinen Recherchen in den gängigen Onlineshops fand ich aber nur Carrageen OHNE jegliche darüber hinausgehende Spezifizierung durch griechische Buchstaben. Angebote von Mindestbestellmengen ab 1 Kilo mit utopischen Versandkosten aus Übersee und drohenden Zollgebühren habe ich dabei erst einmal außer Acht gelassen. Notgedrungen experimentierte ich mit dem unten abgebildeten Produkt herum, welches sich als wenig geeignet erwies.

Dieses Carrageen (Kappa) erwies sich für das Marmorieren als ungeeignet.




Zum Papier gibt es im Buch etwas verwirrende Angaben. Da steht zwar einerseits, marmorieren funktioniert mit allen möglichen Papiersorten vom Kopierpapier bis zum Büttenkarton. Einen Absatz weiter liest man dann aber: „Hüten Sie sich vor geleimtem Papier“ … „Auf solchen Flächen haften die Farben gar nicht gut.“ Hm. Das allermeiste Papier ist in irgend einer Art geleimt, Löschpapier und handgeschöpfte (China-/Japan-) Papiere mal ausgenommen. Ungeleimtes, dünnes, glattes Papier habe ich im Museum der Papiermühle Bergisch Gladbach mit Tinte beschreiben dürfen, die völlig unkontrolliert darauf ausblutete. Einen Block ungeleimtes Papier (glatt, fest, strukturlos) fand ich im Internethandel nicht.

Bei den Farben sind die Angaben sehr allgemein gehalten. Man kann laut Buch mit Aquarellfarben, Gouache, Acrylfarben und Ölfarben arbeiten. Lucy bevorzugt Acrylfarben. Die habe ich am 2. Versuchstag auch verwendet, aber so wunderbar klare, kräftige Muster wie im Buch sind mir bei Weitem nicht gelungen.

Seltsame Äderung meiner billigen Acrylfarbe in der Schlichte.



Die Ausbeute meines 2. Marmoriertages war wieder sehr mager. Ich habe ausnahmslos alle Fehler gemacht, die im Buch beschrieben sind, und vielleicht noch mehr. Trotzdem möchte ich bald einen 3. Versuch starten und zwar mit Heavy Body Acrylics und nur den Papiersorten, die sich bisher bewährt haben. Aber erst einmal muss das richtige Carrageen her.

Alte Schnittmusterbogen, Telefonbuchseiten und Formulare erwiesen sich übrigens bei meinen Versuchen als völlig unbrauchbar. Überraschend gut funktionierte ein Abzug auf grobfasrigem handgeschöpftem Papier aus Nepal.


Links ein Notenblatt von 1916, rechts handgeschöpftes Nepalpapier.


Zu der Arbeit mit Musterkämmen findet man im Buch ausführliche Beschreibungen.





Wer das Marmorieren zu Hause ausprobieren will, der hat mit „Papier marmorieren“ von Lucy McGrath ein wunderschönes Buch in der Hand mit klar beschriebener Anleitung und zahlreichen Musterbeispielen. Den überwiegenden Teil dessen, was man benötigt, hat jede schon im Haushalt. „Ein Leimbad für den Einstieg“ (so eine der Überschriften) ist leicht anzusetzen und welche Farben ihr dann benutzt, entscheidet ihr selbst.

Mein Tipp: versucht nicht wie ich, gleich die perfekten Marmorpapiere herzustellen. Schaut was ihr erreicht und experimentiert ein bisschen weiter. Wahrscheinlich kann das Wissen um die uralte Technik, die einmal ein Handwerksberuf war und heute nur noch von einer Handvoll Profis ausgeführt wird, gar nicht so einfach vermittelt werden, ohne mit teils giftigen Komponenten zu erschrecken. Mir hat das Buch Mut gemacht. Ich bin nach all den Jahren doch noch einen Schritt weiter gekommen und gebe mich (noch) nicht geschlagen.

„Papier marmorieren“ von Lucy McGrath ist bei Haupt Gestalten erschienen und wurde mir freundlicherweise für diese Rezension zur Verfügung gestellt. Rein rechtlich enthält dieser Bericht zwar Werbung, aber wie könnte ich sonst euch Lesern von meinen Erfahrungen berichten?

Einen ganz herzlichen Dank an den Haupt Verlag!