Dienstag, 9. Juni 2020

100% Recycling – mein Papiertausch-Musterbuch

Ich habe mich immer gerne an Papiertausch-Aktionen beteiligt. So manches Mal kam ich auf diese Weise an ganz tolle alte oder seltene Papiere, dann wieder sandte jemand nur irgendwelche Schnipsel, die die andere selber nicht mehr haben wollte. Das allerkleinste Briefchen kam einmal von Ghislana. Es enthielt einige besonders feine Stücke und hat mich wohl mehr gefreut als manch andere fette Briefbombe.




Der Paper Swap von Franca Maria macht momentan eine längere Pause und ob es irgendwann weiter geht ist fraglich. Da passte es perfekt, dass Katrin und Sabine vom artlaboratorium kurz vor Weihnachten Wichtelpartner fürs Kreativwichteln suchten. Das Los brachte mich mit Bärbel zusammen. Sie schickte mir neben etlichen Papieren auch ein entkerntes, altes Buch, d.h. eigentlich war es nur ein Leinencover, das innen bereits mit neuem weißem Vorsatz beklebt war. Nichts Sensationelles, aber es sprach mich an. Immer wieder nahm ich es zur Hand, klappte es auf und zu und betrachtete es von allen Seiten. Ein Brevier, das ich gerne öfter in die Hand nehmen würde.

Im Zuge meiner umfassenden Corona-Einzelhaft-Aufräum-Aktion fiel eines schönen Morgens der Groschen, ohne sich vorher angekündigt zu haben. Ich holte den Stapel großer brauner Papiertausch-Umschläge auf den Tisch. Noch immer war jede Sendung schön beieinander, nichts um- oder aussortiert und nichts von all den mir zugeschickten Schätzen verbraucht. Umschlag für Umschlag sortierte ich jeweils Gedrucktes, Selbstgemachtes, Altes, Spezialpapier und Ephemera auf Häufchen und entschied, was zum Zerschnibbeln nun wirklich zu schön ist. Mein Plan stand fest. Ich machte mein erstes Musterbuch. Oft habe ich solche Bücher neidisch in Museen oder im Internet bewundert. Jetzt wollte ich auch eins.





Dem ersten Impuls folgend nähte ich Seiten mit blauer Wolle ins Buch, flocht Zöpfe und drehte Kordeln aus den am Rücken austretenden Fäden, aber der Effekt war kaum sichtbar. Als mein Cover gestaltet war, trennte ich alles noch mal auf und nähte die Seiten mit gelber Wolle ein. Vorne ins Buch klebte ich eine Tasche aus Bärbels Begleitkarte, die glücklicherweise auch gelb war.





Ich kann euch sagen, die ganze Arbeit an den Musterseiten war erheblich aufwendiger, als man angesichts der meist gleichgroßen Papierproben denken mag. Für wiederkehrende Größen schnitt ich mir zwar eine Schablone, aber trotzdem brauchte es viele Tage, bis aus Bärbels altem Roman mein Papier-Tausch-Musterbuch wurde.






Postkünstlerinnen sind übrigens auch verewigt. Wer im Frühling 2019 in meiner Briefset-Gruppe war, oder ein Jahr zuvor beim Walzendruck mitgemacht hat, wird sich hier vielleicht wiederfinden. Auch wenn es so manches Mal eine Überwindung war, eure Papiere zu „entjungfern“, so blättere ich doch immer wieder gerne in meinem Musterbuch.





PS. an Bärbel: aus den beiden gelb-blauen 15fünfzehn-Pappen von dir ist auch schon ein Album geworden. Da fehlen nur noch die Texte, dann zeig ich es hier.


Dienstag, 2. Juni 2020

Von Acrylic Pouring verfolgt

Mache Dinge hängen sich einem einfach an die Fersen, ohne dass man es jemals so gewollt hätte. Vor Jahren beobachtete ich eine kleine Gruppe von Leuten, wie sie unter Anleitung ihre ersten Versuche mit Acrylic Pouring machten. Neugierig geworden googelte ich zu Hause nach den Rezepten. Ich fand einen wahren Dschungel von Möglichkeiten, der mich eher verwirrte als weiterbrachte. Ich besorgte ein sündhaft teures Pouring Medium und Silikon, packte Acrylfarben, Leinwände und Plastikbecher in den Koffer und probierte im Urlaub zusammen mit einer Freundin aus, was ich in der Theorie gehört, gelesen und gesehen hatte.



Die Ergebnisse waren vorzeigbar. Eine Leinwand und eine Malpappe setzte ich später mit Scharnieren zu einer Schatulle zusammen. Dahinein kam ein Heft, dessen Cover aus dem Karton besteht, der einst als Arbeitsunterlage die überschüssige Acrylfarbe aufgefangen hatte.









Die Sache wäre an dieser Stelle für mich erledigt gewesen, wenn ich nicht Jahre später in einem chicen neuen Laden (Soestrene Grenes) ein Pre-Mixed Pouring Set in harmonischen Farben gesehen hätte, das versprach, tolle Ergebnisse ohne Vorarbeit zu liefern. Ich sag euch gleich: mir tut jeder einzelne Cent leid, den ich für diesen Mist ausgegeben habe! Das Zeug ist völlig klumpig und fließt nicht, die mitgelieferte Gebrauchsanweisung ein schlechter Scherz! Auch der Versuch, die Farben mit Wasser und Silikonöl aufzubereiten, brachte keine brauchbaren Gießbilder zustande.



Kurz darauf wurde bei uns in der Volkshochschule ein Acrylic Pouring Kurs angeboten. Erwähnenswerte Kreativ-Workshops zählen in dieser Stadt zu den absoluten Raritäten, also versuchte ich mein Glück und meldete mich an. Ganze 3 Termine fanden dann tatsächlich statt, bevor Corona weiteren Spaß im Keim erstickte. Wir lernten die Techniken Flip Cup, Swipe, Swirl und Spatula kennen.

Flip Cup

Swipe

Swirl - links frisch gegossen und rechts nach dem Trocken

Spatula - links frisch gegossen und rechts eine Woche später






Das sich während der Trocknung die gegossenen Bilder verändern, wussten wir. Allerdings war meine Enttäuschung groß, als ich die letzten beiden Leinwände sah. Innerhalb einer Woche war aus dem runden Swirl eine weggeflossene Farbsoße geworden (hatte das Bild schief gestanden beim Trocknen?) und das knallige Rot des Spatula-Bildes hatte sich in ein mieses Braun verwandelt (möglicherweise war das Rot nicht deckend).

Mittlerweile ist die Acryl-Gieß-Technik kein Geheimtipp mehr. Sogar Aldi Süd hatte kürzlich Pouring Sets, Medium und Anleitungsbücher im Angebot. Ich werde also weitermachen. Nicht mit Leinwänden, denn mein Platz ist begrenzt, aber mit Steinpapier. Das nimmt weniger Platz weg und lässt sich prima als Schmuckpapier für weitere Projekte verwenden.


Dienstag, 26. Mai 2020

Plakatbuch mit Belgischer Bindung

Kristina Schaper brachte einen ganzen Koffer voller abgerissener Plakate aus Dänemark mit. Oh, war ich begeistert, damals im November 2019 bei Jeromin. Jetzt habe ich die Ausbeute dieses Workshops stilecht mit Tapetenkleister zu einem Gesamtwerk verklebt.






Das Cover besteht vorne und hinten, außen und innen aus vier 24 x 32 cm großen Collagen, zusammengesetzt aus diesen supercoolen Plakatfetzen. Das Papier für die Innenseiten kam als Rolle Packpapier in mein Haus.






Gelli Prints und Gelli Print Transfers von Magazinseiten, Siebdrucke, Restpapier vom Walzensäubern und Crackle Medium Proben füllen das Buch schon gut. Die wenigen noch freien Seiten sind reserviert für Versuche mit „blotted lines“ und „trace monotype“, Techniken die Kristina im Februar mitbrachte.




Die Belgische Bindung ist einfach, wenn man die richtige Anleitung im Netz findet. Ich habe meine persönliche Version aus 3 unterschiedlichen Methoden zusammengebastelt. Innen habe ich die Fäden hängen gelassen, denn das passt hervorragend zum schlampigen Gesamteindruck.

Ich liebe dieses Kleisterbuch, das beim Blättern so schön raschelt und knistert. Und die Belgische Bindung werde ich sicher noch öfter anwenden.




Dienstag, 19. Mai 2020

Traumfänger-Karten

Traumfänger hängen normalerweise an der Decke. Man sagt, sie fangen böse Träume ein und vernichten diese. Tatsächlich sammelt sich jedoch in ihnen nur Staub an und sie sind nicht in der Lage, diesen dann selbstständig zu vernichten. Der Nutzen mancher Dinge besteht eben einfach nur darin, schön auszusehen.



Hier ist eine Anleitung für hoffentlich ganz besonders schöne Mixed Media Traumfänger-Karten:

Klebt in Stücke gerissenes, bedrucktes Papier von alten Landkarten, Schnittmustern, alten Buchseiten oder Lottozetteln mit Matte Medium lückenlos auf postkartengroßen Karton. Am besten benutzt man dafür einen Pinsel und streicht auch noch eine Schicht Matte Medium über die ganze Collage, damit sich nichts ablöst. Lasst es trocknen.



Rollt weiße Acrylfarbe über die Collage, aber nur so viel, dass der bedruckte Untergrund noch leicht durchscheint.

Verteilt schwarze Stempelabdrücke lässig über die Karte und/oder stupft mit einem Schwämmchen schwarze Farbe durch Musterschablonen. Wartet bis alles getrocknet ist.


Legt ein Tortendeckchen oben links im Anschnitt auf die Karte. Stupft farbige Acrylfarbe mit einem Schwamm durch die Löcher des Tortendeckchens und außen um den Rand. Nehmt das Deckchen wieder ab und wartet, bis die Farbe trocken ist.


Nun braucht ihr hochpigmentierte Acrylfarbe. Setzt ein paar Tropfen mit einer Pipette dorthin, wo beim Traumfänger normalerweise Fäden für die Federn angeknotet werden, und haltet die Karte senkrecht, so dass die Tropfen nach unten laufen. Sprüht sie mit etwas Wasser an, damit die Farbe ins Papier zieht. Wenn die Farbe sich fluffig ausbreitet, sieht es aus wie Flaumfedern.


Nach dem Trocknen könnt ihr bunte Federn mit Matte Medium aufkleben. Sind eure Federn zu groß, dann schneidet sie einfach kleiner.

Wenn alles wirklich gut durchgetrocknet ist, kommt der letzte Schritt. Zeichnet Linien, Konturen und Strukturen, um dem Traumfänger den letzten Schliff zu geben. Doodeld nach Herzenslust. Nutzt eure vorhandenen Stifte, Brush Pens und Marker, egal ob Posca, weiße Uni-Ball Signo, schwarze Micron Liner oder Pit Pen und wie sie alle heißen. Hauptsache ist, sie decken gut auf dem Untergrund. Setzt Punkte mit 3D-Liquid wie Enamel Accents oder Crystal Drops oder klebt Glitzersteinchen auf. Alles geht, nichts muss, außer: es soll traumhaft werden.





Viel Spaß und schöne Träume wünscht

ela