Instagram entwickelt sich immer mehr zur Werbeplattform – das hat gute und schlechte Seiten. Viel kostbare Zeit vergeht mit der Suche nach abonnierten Inhalten, wobei man in starrer Körperhaltung stundenlang auf ein kleines Display schaut. Von Augenproblemen und steifem Nacken, Kopf-, Schulter- und Rückenschmerzen kann ich ein Liedchen singen.
Das Gute ist: man erfährt, was es in der Kreativwelt sonst noch an Neuem gibt. Jeromin zum Beispiel, mein heiß geliebter und oft besuchter Werkladen in Mannheim, kündigt anstehende Workshops, Neuheiten und Sonderangebote aus dem Sortiment seit Kurzem auch bei Instagram an und verrät jede Menge Tricks und Tipps. Das ist total klasse. So werde ich gleich beim täglichen Durchblättern meines Accounts aufmerksam und kann gegebenenfalls schnell reagieren.
Meine persönliche Instagram-Neuentdeckung des Jahres ist Anna Yevtukh, eine diplomierte Buchbinderin mit Kunststudium aus der Ukraine, die seit Jahren mit ihrer Familie in England lebt. Ihre qualitativ hochwertigen Bücher sind nicht alleine gemacht, um daraus zu lesen oder hineinzuschreiben, sondern in erster Linie um zu gefallen.
Unter ihren Händen entsteht immer wieder neue, ungewöhnliche Buchkunst. Oft verwendet Anna Leder, das sie aus mehreren Farben zusammensetzt, bemalt, prägt oder modelliert. Wahres Kunsthandwerk eben.
Annas Arbeiten findet man regelmäßig auf Ausstellungen und in Sammlungen weltweit. Sie ist Buchbinderin aus Leidenschaft und eine nette, unaufdringliche, sympathische Frau.
Ihre Online-Kurse kündigt Anna stets bei Instagram an. Live und in Echtzeit zeigt sie den Teilnehmenden dann ein paar Wochen später über Zoom Schritt für Schritt, was zu tun ist und beantwortet Fragen. Das erste, was ich unter Annas Anleitung fertiggestellt habe, ist diese Katze hier mit ihrem Begleiter. Ich sah das Modell und war gleich verliebt. Anna lieferte eine Materialliste, Kurzanleitung, Skizzen für die Rückenbindung und Umrisszeichnungen. Den Hund und später noch einen Osterhasen gab es gratis obendrauf. Nach dem gleichen Schema sind unendlich viele Tierformen denkbar.
Dem Arbeitsaufwand entsprechend gab es diesmal zwei Termine im Abstand von einer Woche. So konnte der Umschlag in Ruhe durchtrocken, bis es an die Feinarbeiten ging.
Für mein Katzenfell grundierte ich weißes Papier mit schwarzer Acrylfarbe und einem Tupfer Grün, kringelte nach dem Trocknen wild mit einem weißen Stift darauf herum und fügte Akzente mit Knallfolie und Schriftenstempel hinzu. Das Papier für das Hundefell entstand aus einen Anstrich mit Moorlauge, schwarzen Marker-Kringeln und dicken Punkten aus Acrylfarbe.
Buchbinderleinen hatte ich keins mehr zu Hause, deshalb fertigte ich nach Annas Rezept aus einem alten schwarzen Rock, Kopierpapier und angerührtem Mehlkleister (auch Annas Rezept) selbst welches an. Hat super funktioniert!!
Die Bindung für das Katzenbuch sollte zweifarbig über 6 Lagen gehen, wobei mit einem Faden zick-zack-weise immer gleich zwei Lagen erfasst werden müssen. Diese Vorgehensweise ergibt zum Schluss ein asymmetrisches Muster. Da mein Garn etwas zu dick für die vorgestochenen Löcher war, musste ich eine Zange zu Hilfe nehmen, was mir die Nadel ziemlich krumm nahm.
Beim Hund wollte ich die Rückenbindung leicht abwandeln - vielleicht sogar verbessern. Ich verwendete dünneres Garn in nur einer Farbe und eine ungerade Anzahl von Lagen, um ein symmetrisches Bild zu erhalten.
Kristinas aktuelles Atelier-Thema „Spiralen“ manipulierte mein Unterbewusstsein wohl dahingehend, das eigentlich wesentliche Foto hier in der Montage vergleichsweise klein darzustellen. |
Glücklich, wer ein breit gefächertes, chaotisch zusammengewürfeltes Sortiment verschiedener Unterteller im Küchenschrank hat. Irgend eines dieser Porzellane passte sich hervorragend der Rückenkurve an, die Annas Haustieren eigen war. Mit dem Skalpell entlang der Untertasse ließen sich die Innenseiten des Buches gut in Form bringen.
Hund und Katze sind nicht gemacht, um sie sinnvoll zu verwenden. (Zum Vollschreiben benutze ich Fabrikware.) Wie die meisten meiner selbst gefertigten Bücher, Alben, Hefte und Journale besteht ihr einziger Sinn und Zweck darin, die Technik zu lernen und am Ende schön zu sein und mich und andere zu erfreuen. Im Laufe der Zeit werden sie im Regal genau wie ihre Vorgänger weiter nach hinten rutschen, wenn andere, neue Bücher dazukommen. Das ist ihr Schicksal. Manchmal geschieht es, dass ich die dicht gedrängte, allmählich gewachsene Ansammlung nach irgendetwas durchforste und dann fallen mir fast vergessene Exemplare wieder in die Hände. Was für ein Moment!! Dann werden Erinnerungen wach, ich staune und freue mich, dass in der Realität noch vorhanden ist, was im Kopf schon (fast) verloren ging.
... und wie gefallen sie euch - meine beiden Neuen?